Analog 06
riesige Bude, durch die der ruhelose Regen Abfall und Fruchtschalen spülte. Kinder stauten Ströme mit ihren Füßen und glänzten in plötzlich auffunkelnden Sonnenstrahlen. Stimmen stiegen auf und verschlangen sich über unseren Köpfen, beharrlich wie die Wellen, während der dumpfe, knochenerschütternde Lärm von den schrillen Geräuschen der Holzblasinstrumente und dem zitternden Klang von schlaff gespannten Saiteninstrumenten unterbrochen wurde. Die Buden der Kunsthandwerker waren auf die Straßen hinausgebrochen und zeigten ihre schönsten Produkte. Einmal im Jahr, wenn sich die gesamte Insel in den regenerfüllten Straßen versammelte, kam die Möglichkeit der Bewegung, die Chance, den Ruf ansteigen oder fallen zu sehen.
Ich schob mich durch die wimmelnden Straßen zu dem Haus, das Vekkar für mich hatte bauen lassen. Es stand nun schon seit vielen Monaten leer und öde da, aber jetzt öffnete ich seine Türen und arbeitete an ihm, um es mit Leben zu erfüllen. Menschen strömten vorbei, strömten herein und heraus. Die informelle Sprache herrschte, denn die Normen wurden von dem stürmischen Regen weggewaschen, und am Rand des neuen Jahres standen alle gleich nebeneinander.
„Handelaston“, sagte Vekkar und schwankte in dem einfachen weißen Gewand herein, das alle trugen, „du bist wieder da. Haben dir die Dörfer nicht gefallen?“
„An den Dörfern habe ich nichts auszusetzen“, sagte ich zu ihm. „Aber ich habe hier angefangen, und von hier werde ich abreisen.“
„Wirst du uns bald verlassen, Handelaston, und in deinen Himmel zurückkehren?“
„Ich werde euch bald verlassen. Es war gut, aber es ist nicht mein Leben.“
„Dann …“ – er fuhr sich mit einem Finger über die Stirn – „… ist es jetzt Zeit für den Abschied, wenn die Dinge verheilt sind. Wenn der Regen uns wieder reinigt. Du wirst dich dann nur an saubere Dinge erinnern, wenn du in deinen Himmel zurückkehrst.“
Unsere Augen wichen unruhig einer Begegnung aus. „Vekkar?“
Er zögerte auf dem halben Weg zur Tür.
„Ist Karnev nach Kattar gekommen?“
Er neigte seinen Kopf und verlagerte sein Gewicht.
„Saa“, sagte er. „Dieser Mann ist noch nicht gekommen.“
Die Festwoche umspülte uns, und jeden Tag konnte man spüren, wie die Gesellschaft sich langsam zusammenzog. An einem Tag erschienen die Politiker wieder, am nächsten Tag wurde den jungen Männern die Mannbarkeit verliehen. Langsam wurde der soziale Leim, der an jenem ersten wilden Tag so vollständig aufgelöst worden war, daß man sich kaum noch daran erinnern konnte, welche Formen er verbunden hatte, wieder zu Ordnung und Dienstgraden verarbeitet. Jeden Tag kehrte ein Stückchen mehr Nüchternheit zurück und kämpfte sich mühsam und schmerzhaft gegen unsere verzweifelte Fröhlichkeit vor. Und noch immer kam Karnev nicht.
Die Gespräche, von Einschränkungen befreit, drehten sich um seine Abwesenheit. Der Regen durfte nicht ignoriert werden. Die Gesellschaft überlebte mit dem Segen des Regens und atmete in dem Bruch der Diskontinuität. Es war eine Zeit, die er nicht ignorieren sollte.
Ich versuchte, seine Abwesenheit aus meinen Gedanken zu verbannen. In Schönwetterperioden segelte ich mein Skiff und begann, mein Schiff zu beladen. Ich veränderte die Dekorationen des Hauses, trank mit Vekkar und bekräftigte meine Verbindungen mit tausend Gesichtern unter den Wolken. Und ich lief oft umher, mit einem verzweifelten Hunger für alles um mich herum, lief durch die Straßen und die Felder, die meine Heimat geworden waren.
Er kam am letzten Morgen des Festes aus dem Regen, während die Wolken am westlichen Himmel zitterten und Vorhänge von Sonnenlicht am Horizont herabfielen. Er trug zwei Bündel, die beide dick und sorgfältig eingewickelt waren.
„Hallo, Freund“, sagte er, als er hereinkam.
„Hallo, Freund“, antwortete ich.
Wir setzten uns einander gegenüber vor das Herdfeuer und beobachteten die Flammen, die an dem Holz züngelten. Er wirkte viel älter; vielleicht hatte ich ihn aber auch nur anders in Erinnerung. Sein Rücken aber war gerade und sein Gesicht stolz.
„Ich bin gekommen, um dich herauszufordern“, teilte er mir mit.
„Darauf habe ich gewartet. Soll ich Vekkar rufen?“
„Vekkar weiß es. Er wartet auf uns.“
„Dann sollten wir wohl gehen.“
Wir gingen schnell auf dem Pfad nach Norden. Die Naßfelder erstreckten sich grau und leer bis zur Küste; der Regen ließ Flecken auf ihrem matten Glanz
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