Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Analog 06

Analog 06

Titel: Analog 06 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Joachim Alpers , Hans Joachim (Hrsg.) Alpers
Vom Netzwerk:
er schließlich aus. „Es funktioniert sogar noch besser, als ich gehofft hatte. Wenn die UL-Komm.-Anlage fertig ist, dann werdet ihr nicht einmal ein Schiff brauchen, um die Konstruktionspläne auf einen anderen Planeten zu schicken. Mit einem kombinierten Sender-Empfänger können wir 3D-Bilder aussenden und empfangen, ohne daß wir am anderen Ende entsprechende Anlagen benötigen. Es sei denn, jemand baut an unserem Zielort einen Schutzschirm oder etwas Ähnliches auf …“
    Wandra starrte ihn unentwegt an. „Das ist unglaublich!“
    Er grinste breit. „Ich glaube, das könnte man sagen.“
    Sie lachte. „Das ist noch unglaublicher als eine Menschenfrau, die immer noch ißt, obwohl sie bereits erwachsen ist.“
    Er wurde plötzlich ernst. „Nein, so unglaublich ist es nicht.“
    Sie umarmten einander. Die künstlichen Kühlplättchen streiften über echte, lebendige Blütenblätter.
    Zum ersten Mal bemerkte Wandra, daß Sor Lai viel Gewicht verloren hatte, seit sie zu ihrer Höhle aufgebrochen waren. Sie sah auf die Uhr: Sechs Stunden waren verstrichen, das entsprach fast zehn rosanischen Jahren.
    Wandra riß sich los. „Sor Lai!“ Sie schrie den Namen fast.
    „Wir müssen zurück!“
    „Ja, das müssen wir wohl“, stimmte er zu.
    Sie jagten so schnell wie auf dem Hinweg durch die Tunnelgänge, doch Wandra erschien es zu langsam. Sie hatte einen riesigen Teil von Sor Lais Leben damit verbraucht, daß sie ihn mit nach Hause genommen hatte.
    Wandra versuchte, ihre Schuldgefühle mit Logik zu bekämpfen. Schließlich war die Zeit doch fruchtbar gewesen, oder etwa nicht? Es war die Sache doch wert gewesen? Dennoch litt sie sehr.
    Sie kamen in der Vorlesungshöhle an, wo Cal soeben eine neue Lektion begann. Sor Lai schloß sich seinen Kommilitonen an, doch Wandra konnte die Trennung nicht ertragen. Geistesabwesend lauschte sie Cals Worten, betrachtete die jetzt altersmüden Nachtspinner, bemerkte zum ersten Mal, wie schnell sie alterten.
    Die Vorlesung war zu Ende. Es war Pause. In der Pause wurde an den beiden Prototypen gearbeitet, die dicht vor der Vollendung standen. Wandra blieb immer in der Nähe von Sor Lais Team. Dann war die Arbeit beendet, und Wandra war mit ihren Vorlesungen an der Reihe. Sie dauerten bis zum Morgengrauen.
    Wandra wehrte sich gegen die Tränen, die ihr in die Augen stiegen. Überall an Sor Lais Körper waren jetzt verschrumpelte, grün geränderte Blütenblätter zu sehen. Er lächelte ihr traurig zu. „Du solltest jetzt gehen“, flüsterte er. „Ich muß auch fort, um meinen Kindern die Erinnerungen zu bringen.“
    „Nein, laß uns keine Minute des Lebens verschwenden“, sagte Wandra mit erstickter Stimme.
    Das Lächeln in seinen Augen erlosch. „Ich bin sehr müde“, wisperte er und ließ sich auf den Boden sinken. „Es tut mir leid.“
    Wandra kniete sich neben ihn.
    Süßlicher Nektarduft erfüllte die Luft, und das fließende Blut vermischte sich mit den Tränen der Frau.
     
    Sorrel spähte um die Ecke in Wandras Kammer. „Ist jemand zu Hause?“ fragte er, während er sie auf dem Bett liegen sah.
    Sie wandte sich ihm zu, müde und vergrämt. „Hallo.“ Sie zwang sich zu einem Lächeln. „Es tut mir leid, daß ich nicht in den Vorlesungsraum kommen konnte. Aber ich glaube, die Studenten kommen ohne mich besser zurecht.“
    Sorrel trat ganz ins Zimmer und setzte sich zu ihr auf die Bettkante. „Bist du etwa krank? Hast du endlich eine Bakterie auf diesem Planeten gefunden, die etwas mit deinen Proteinen anfangen kann?“
    Sie schüttelte den Kopf.
    Er nickte. „Ich nehme an, daß unter den letzten Nachtspinnern ein außergewöhnlicher Student war?“
    Sie nickte.
    „Ich habe übrigens gehört, daß er dir sehr gut gefallen hat.“
    Sie warf sich auf den Bauch. „Mein Gott, ja! Er war freundlich, er war schön, er war …!“
    „Er war alles Gute in einer Person, ich weiß. Das scheint bei diesen Rosanern häufig vorzukommen.“ Er zog sie behutsam an der Schulter herum, so daß sie ihn wieder ansah.
    „Warum müssen sie so schnell sterben!“ schrie sie ihn an. „Warum können sie nicht so leben wie wir und lachen und lieben und mit ihren Kindern reden und …“ Nun weinte sie.
    Sorrel ergriff sie bei den Schultern und zog sie sanft an sich. „Sie können nicht so leben wie wir, weil die Natur ihnen ein anderes Design gegeben hat. Zu der Zeit, als sich ihre Art entwickelt hat, war ihnen der Tod am Morgen sicher. Warum sollte sich die Natur so

Weitere Kostenlose Bücher