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Analog 6

Analog 6

Titel: Analog 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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zur Wilden wirst?“ forderte er sie heraus, indem er ihr affektierte magentarote Spiralmuster mit flammend gelben Ornamenten entgegenschleuderte.
    „Was könnte devoter und gesegneter sein, als das Leben damit zu verbringen, Gott zu füttern?“ gab Wink in gottesfürchtigem Purpur und Grün zurück.
    „Es zum Wohle Ös’ direkt hier in der Stadt Gottes zuzubringen!“
    Wink lachte jedoch nur und behielt ihre Meinung für sich.
     
    Doch drei Nächte später wurde Wink selbst von einem Diener Gottes aufgehalten, während sie den schlammigen Pfad zum See hinabging, um ein kleines Opfer darzubringen.
    „Bist du Grünäugige Sie?“ blitzte der Diener.
    „Ja, Ehrenwerter“, glomm Wink fast unsichtbar.
    „Folge mir. Und sei gefälligst etwas heller, ich werde alt und kann bestimmte Frequenzen, die ich einst schauen konnte, nicht mehr sehen“, befahl er brüsk und wandte sich um, um mit einer Behendigkeit, die sein hohes Alter Lügen strafte, einen von Ästen verhangenen Pfad hinaufzueilen.
    „Ja, Sir!“ sagte Wink schüchtern. „Ich meine: JA, HERR!“
    „Du mußt nicht die ganze Stadt beleuchten, Küken, so blind bin ich noch nicht … Noch nicht zu blind zum Reden, noch nicht so blind, mich selbst als Gottes Fraß ins Heilige Wasser zu werfen, nein, bei Gott, so blind noch nicht!“ Wink erkannte, daß er selbstvergessen vor sich hinglomm, und blieb weise dunkel.
    Zum ersten Mal in ihrem Leben betrat sie nun den großen Steintempel, in dem sich auch der ursprüngliche Pier befand, der in uralten Zeiten von den Begründern erbaut worden war. Die blanken, leeren Panzerhüllen längst vergessener Hof-Hierophanten säumten die Wände, die zu diesem heiligsten aller heiligen Altare führten, der die Jahre überdauert hatte. Doch der ältere Diener drängte sie in einen Seitenkorridor und durch ein Labyrinth von Fluren, die – Wink gab ein rasches, grünes Überraschungsblinken von sich, das sie jedoch hastig verbarg – direkt ins Büro des Hohenpriesters führten.
    „Das ist sie“, sagte ihr Führer, der sich umwandte und den Weg zurückhuschte, den sie gekommen waren.
    Der ehrwürdige Priester betrachtete sie einige Augenblicke lichtlos, während er die Fühler meditierend hierhin und dorthin bewegte.
    „So, du bist also Grünäugige Sie, die man, soweit ich informiert bin, Wink nennt“, begann er schließlich. „Der Chorleiter ist des Lobes voll von dir, wenn er die Reinheit und Klarheit deines Spektrums preist. Er hat die Meinung geäußert, daß du, mit einer weiterführenden Ausbildung, eine gewisse Virtuosität in der feinsten Unterscheidung zwischen den Wellenlängen erreichen könntest. Nun, was hast du dazu zu sagen?“
    „Daß … daß ich mich durch die Worte des Chorleiters geehrt fühle und hoffe, mich seiner Worte würdig zu erweisen.“ Wink wurde durch dieses unerwartete und formlose Gespräch völlig aus der Fassung gebracht.
    „Deinem Brutschützer Langfühler entnehme ich außerdem, daß du dich der Dienerschaft ehrfürchtig und aufrichtig verbunden fühlst. Jeder, den ich gesprochen habe, versicherte mir, daß der Grund dafür bei dir nicht, wie bei so vielen anderen, in dem süßen Leben begründet hegt, das denjenigen winkt, welche die Risiken des Fischens überleben. Eh? Bist du eine Spielernatur? Siehst und verbreitest du gerne Gerüchte darüber, daß Novizen direkt in die Dienerschaft übernommen werden? Eh?“
    Wink strahlte vor Verlegenheit tief erdfarbene Töne aus. Offensichtlich hatte jemand ihre Unterhaltung mit Rot beobachtet und gemeldet. „Nein, Ehrenwerter. Es stimmt, einmal sah ich eine solche Vorstellung, doch ich widmete ihr keinen weiteren Gedanken. Ganz gewiß aber habe ich sie nicht weiterverbreitet! Ich trachte nicht danach, mich vor der Fischerpflicht zu drücken. Ganz im Gegenteil, ich betrachte sie als eine Ehre. Jeder weiß, daß alle Diener Gottes ihre Privilegien wahrlich verdient haben, denn sie alle waren einst Fischer. Würde ein Novize nun Diener werden, ohne zuerst Fischer gewesen zu sein, würde der Respekt vor der gesamten Dienerschaft bald schwinden.“
    Der alte Er kicherte, kleine silberne Blitze waberten über seinen Panzer. „Deine Worte ähneln denen sehr, die ich gestern nacht bei einem sehr langen und kontroversen Streitgespräch sah. Doch darum wollen wir uns im Augenblick nicht kümmern. Ich werde dich jetzt den Katechismus abfragen. Wer ist Gott?“
    Dieser plötzliche Themenwechsel brachte Wink beinahe aus der Fassung.
    „Gott ist

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