Analog 6
unterhielten. „Die Geräte?“ polterte er mit lauter, menschlicher Stimme in das Kolibrigezwitscher der Rosaner.
Kik Nee sah ihn an, den Kopf eigentümlich zur Seite geneigt. „Sie sollen sie haben“, sagte er beschwichtigend.
Sorrel verließ den Raum. Er war in tiefes Nachdenken versunken.
Balcyrak wandte Sorrel den Rücken zu und schaute hinaus auf das in der Dämmerung versinkende Meer, während der Wind sein Fell peitschte. Sorrel fröstelte, obwohl es nicht kalt war. Es lag eine Stimmung in der Luft, wie sie auf der alten Erde einen herannahenden Sturm ankündigte.
Als Sorrel näher kam, drehte Balcyrak sich um. „Wenn Sie auf Khayyam sind, müssen Sie sich den Sonnenuntergang ansehen, Mensch Everwood. Haben Sie schon davon gehört?“
Sorrel nickte. „Schließlich betrachtet man mich allgemein als einen Experten für jenen Planeten.“
Balcyrak kicherte. „Dann sagen Sie mir doch bitte, Herr Experte, woher der Planet seinen Namen erhalten hat?“
Sorrel legte nachdenklich den Kopf schräg. „Da haben Sie mich erwischt. Ich weiß, daß er von einem Lazariner entdeckt wurde, aber Khayyam klingt nicht wie ein lazarinischer Name.“
„Das ist er auch nicht. Der Leiter der lazariner Expedition, die auf Khayyam landete, war ein Experte für Menschen, wenn Sie so wollen. Omar Khayyam war einer Ihrer Dichter. Der lazarinische Forscher hat den Planeten nach diesem Menschenautor benannt, weil Khayyam häufig über eine Spezies geschrieben hat, die den Bewohnern jenes Planeten ähnlich ist.“ Er hielt inne und schaute wieder auf das Meer hinaus.
„Schau, tausend Blüten sind am Tag erwacht,
Und tausend sind zerstreut in dunkler Nacht.
Der erste Sommerhauch führt uns die Rose zu,
Zugleich schickt andrer zarte Blätter er zur Ruh.“
Sorrel räusperte sich. „Es scheint wirklich sehr gut zu passen.“
Balcyrak sah ihm in die Augen. „Ja. Doch ich muß auch eine Warnung an Sie richten.“
„Oh?“
„Seien Sie auf der Hut, solange Sie auf Khayyam sind, mein zukünftiger Freund. Wenn Sie eintreffen, wird man Sie verehren, aber das wird nicht anhalten. Es wird sich erweisen, daß Sie den Wesen zu fremd sind, und es wird sich ein Band aus Liebe und Haß bilden. Dies wird ein zyklisches Phänomen sein. Zuerst werden sie Sie lieben, dann werden sie Sie hassen, und dann werden sie Sie wieder lieben.“ Während der Lazariner sprach, öffnete und schloß er seine Faust. „Geradeso, wie die Menschen die Lazariner lieben und hassen“, flüsterte er in den Wind.
Sorrel blinzelte ihn an und trat direkt neben ihn. „Ich verstehe.“ Gemeinsam standen sie nun Schulter an Schulter am Rand einer Klippe. „Warum ist es für Sie so wichtig, daß der UL-Kommunikator mit diesem Tempo fertiggestellt wird? Ich gestehe zu, daß er unermeßlich wertvoll sein wird, aber warum diese Eile? Warum schicken Sie einige Leute quer durch den bekannten Raum, nur damit er schneller fertig wird?“
Jetzt schien es so, als ob Balcyrak unter seinem dichten Pelz fröstelte. „Ich glaube, ich sollte es Ihnen sagen. Es mag Ihnen als zusätzlicher Antrieb dienen.“ Er machte eine Pause. „Es wird einen neuen Krieg zwischen unseren Völkern geben, Mensch Everwood.“
Sorrel nickte. Gegenwärtig wurde die Friedfertigkeit im Verhältnis der Menschen und Lazariner geradezu ekelerregend dick aufgetragen, doch er wußte, daß es eine Tiefenströmung des Hasses darunter gab, eine allmählich wachsende Gruppe von Menschen, die die Lazariner genauso haßten, wie Sorrel selbst es tat. „Wer wird gewinnen?“
„Spielt das eine Rolle? Einer wird verlieren. Ein Volk, Mensch Everwood, wird verlieren, wird alles verlieren. Der nächste Krieg wird ein Krieg der totalen Vernichtung sein. Unsere weisesten Konsuln haben die Vorzeichen sorgfältig analysiert, und sie wissen nicht, wer unterliegen wird, aber alle sind der Meinung, daß ein Volk in diesem Konflikt untergehen wird.“
Sorrel erbleichte. Er hatte nicht damit gerechnet, daß es so weit gehen würde.
„Wir brauchen bessere Verständigungsmöglichkeiten, Mensch Everwood. Sogar die Zeit, die die Sternenschiffe dazu brauchen, um Botschaften zu überbringen, ist noch zu lang für Ihr Volk. Wenn wir uns besser verständigen und so auch schneller verstehen können, ist der Krieg vielleicht noch aufzuhalten.“
Sorrel verspürte einen bitteren Geschmack auf der Zunge. Er suchte Zuflucht im Zynismus. „Kommunikation verhindert also den Krieg, hm? Einfach so!“ Er
Weitere Kostenlose Bücher