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Anastasija 06 - Widrige Umstände

Anastasija 06 - Widrige Umstände

Titel: Anastasija 06 - Widrige Umstände Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Marinina
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sterben, ohne erst Untersuchung und Gericht abzuwarten.
    Doch Nastjas Frage verwirrte ihn. Warum sollte er das mit einem völlig unbekannten Menschen erörtern? Andererseits war er froh, dass sie von dem schlüpfrigen, unangenehmen Thema abgelassen hatte und ihn nicht mehr reizte. Nein, mit ihr schlafen wollte er nicht, jedenfalls nicht jetzt.
    Draußen wurde es langsam hell. Der Gallier saß in einem Sessel, Nastja neben ihm auf dem Fußboden. Der Mörder und sein künftiges Opfer sprachen halblaut über den Tod.
    »Sterben ist nicht schlimm, wenn es nicht wehtut«, sagte sie, als habe sie seine Gedanken belauscht. »Vielleicht stimmt ja alles, was in den Büchern steht? Das Leben nach dem Tod ist bestimmt besser als das Leben jetzt. Was meinst du?«
    »Keine Ahnung. Solche Bücher hab ich nicht gelesen.«
    »Ob Pawlow wohl Angst hat vorm Sterben?«
    »Solche Leute haben immer Angst. Sonst hätte er sich längst erschossen, anstatt solchen Aufwand zu treiben. Aber er schiebt es immer wieder auf, hofft immer noch auf irgendwas. Das hat er nun davon.«
    »Na und!« Nastja schüttelte den Kopf. »Er zahlt die hundertvierzigtausend, und dann hat er seine Ruhe. Warum sollte er sich erschießen? Das ist das letzte Exemplar, mehr gibt es nicht, so viel ist sicher. Also kann ihm keiner mehr was.«
    »Du musst es ja wissen!«
    »Weißt du denn mehr?«, fragte sie ungläubig.
    Der Gallier schwieg und verfluchte sich im Stillen für seine Unbeherrschtheit. Wie konnte er sich so gehen lassen? Gut, dass sie offenbar nichts bemerkt hatte. Er versuchte, von dem gefährlichen Thema abzulenken.
    »Wie lange brauchst du, bis du fertig bist zum Aufbruch?«
    »Was denn, ist es schon so weit?« Nastja zuckte zusammen.
    »Nein, noch nicht, beruhige dich. Ich muss nur die Zeit planen.«
    »Fahren wir weit?«
    »Das geht dich nichts an. Ich hab dich was gefragt«, sagte der Gallier kalt.
    »Und ich will darauf antworten. Kommt darauf an, wohin wir fahren. Ich muss wissen, was ich anziehen soll. Hose und Sportschuhe, das geht schnell, aber wenn wir an einen anständigen Ort wollen, dann brauche ich länger. Schminken, dies und jenes, so neun bis fünfzehn Sachen. Du verstehst schon.«
    »Wir treffen uns mit Pawlow. Geh mal davon aus.«
    Der Gallier ließ sich nicht so leicht aus der Reserve locken.
    »Na, dann etwa fünfundvierzig, fünfzig Minuten.« »Nein, wie präzise«, spottete er. »Meiner Meinung nach haben Frauen überhaupt kein Zeitgefühl, deshalb kommen sie immer zu spät.«
    »Ach ja, Michrjutka, du bist ja ein großer Frauenkenner. Das sieht man. Impotente sind natürlich die besten Experten.«
    Ich Idiot! Selber schuld. Bei der muss man aufpassen wie ein Luchs. Ein unvorsichtiges Wort, und sie kippt dir einen ganzen Kübel Scheiße über den Kopf, dachte der Gallier.
    »Was hat sie gesagt?« Gordejew stutzte. »Schminken, dies und jenes, und wie weiter?«
    »Fünf bis zehn Sachen«, sagte Schestak.
    »Nein, irgendwie anders. Ich bin sofort drüber gestolpert.«
    »Neun bis fünfzehn Sachen«, sagte Mischa Dozenko. »Was kann sie damit meinen?«, fragte Gordejew. »So redet sie sonst nie. Das hat etwas zu bedeuten. Alle nachdenken, schnell!«
    Alles sinnlos, dachte Nastja. Sie werden es nicht verstehen. Aber etwas Besseres ist mir nicht eingefallen. Der Gallier ist zu klug, als dass ich die Information auf andere Weise hätte übermitteln können. Jetzt kann ich nur hoffen. Wenn ich wenigstens wüsste, wer von unseren Leuten jetzt mithört. Dann könnte ich mich besser orientieren.
    »Ich habe Hunger«, verkündete sie launisch. »Gehen wir in die Küche. Aber das Essen machst du. Du kannst das besser, Michrjutka.«
    »Neun, fünfzehn, neun, fünfzehn«, wiederholte Korotkow, der auf der hinteren Bank des Kleinbusses stumpfsinnig saß. »Eine Adresse: Haus neun, Wohnung fünfzehn. Oder umgekehrt: Haus fünfzehn, Wohnung neun. Eine Autonummer: null, neun, fünfzehn. Oder fünfzehn, null, neun. Was noch?«
    »Vielleicht die Abfahrtszeit eines Zuges?«, schlug Dozenko vor.
    »Ruf an, erkundige dich«, ordnete der Chef an.
    »Es könnte auch eine Telefonnummer sein, die mit neunhundertfünfzehn oder hundertneunundfünfzig beginnt«, sagte Korotkow.
    »Hundertneunundfünfzig, das ist der Leningrader Prospekt. Und neunhundertfünfzehn? Welches Amt ist das?«
    »Kläre ich gleich«, antwortete Korotkow.
    Doch keine ihrer Vermutungen kam auch nur annähernd dem nahe, was Nastja ihnen mitteilen wollte.
    »Was hältst du davon, wenn ich

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