ANDERSENS MÄRCHEN ((Sämtliche Werke)) (German Edition)
sie nur konnte, jedesmal, wenn die Tür geöffnet wurde. Sie wußte genau, daß sie keinen Knopf besaß und blieb deshalb traurig draußen stehen. Dort stand sie, bis alle fortgegangen waren; dann setzte sie sich nieder, hielt die kleinen, braunen Händchen vor die Augen und brach in Tränen aus. Sie allein hatte des Mopses Grab nicht gesehen. Das war ein Herzeleid, so groß wie es oft die Erwachsenen nicht haben.
Wir sahen es von oben - und von oben gesehen - ja, über diese, wie über viele unserer und anderer Sorgen - konnten wir lächeln! Das ist die Geschichte, und wer sie nicht versteht, kann Aktien auf die Gerberei der Witwe nehmen.
Ib und die kleine Christine
Bei Gudenaa, im Walde von Silkeborg, erhebt sich wie ein großer Wall ein Landrücken und am Fuße dieses Landrückens nach Westen zu, lag und liegt noch heute ein kleines Bauernhaus mit einigen mageren Feldern; der Sand schimmerte allerorten unter dem dünnen Roggen- und Gerstenboden hervor.
Es sind nun ein gut Teil Jahre vergangen seitdem. Die Leute, die hier wohnten, bebauten ihren kleinen Acker und hielten drei Schafe, ein Schwein und zwei Ochsen; kurz gesagt, sie konnten recht wohl davon leben, wenn sie bescheidene Ansprüche stellten. Ja, sie hätten es wohl auch dazu bringen können, ein paar Pferde zu halten; aber sie sagten wie die anderen Bauern auch: "Das Pferd frißt sich selbst auf." - Es zehrt das Gute, was es schafft, reichlich wieder auf. Jeppe-Jäns beackerte sein kleines Feld im Sommer selbst und während des Winters war er ein flinker Holzschuhmacher. Dazu hatte er auch einen Gehülfen, einen Knecht, der es verstand, die Holzschuhe zurechtzuschneiden, so daß sie sowohl fest, als auch leicht und wohlgeformt waren. Löffel und Schuhe schnitzten sie, das brachte Geld; man konnte Jeppe-Jäns nicht zu den armen Leuten zählen.
Der kleine Ib, ein siebenjähriger Knabe, das einzige Kind des Hauses, saß dabei und sah zu, er schnitzte an einem Stecken, schnitt sich auch wohl in den Finger; aber eines Tages hatte er zwei Stücken Holz zurechtgeschnitzt, die kleinen Schuhen gleich sahen. Sie sollten, so sagte er, der kleinen Christine geschenkt werden; das war des Schiffers kleine Tochter. Sie war fein und zart wie vornehmer Leute Kind. Hätte sie Kleider gehabt, die ihrer lieblichen Erscheinung angemessen waren, so hätte niemand geglaubt, daß sie aus dem Torfhaus in der Seiser Heide stamme. Dort drüben wohnte ihr Vater. Er war Witwer und ernährte sich damit, aus dem Walde Brennholz nach Silkeborg, ja, oft noch weiter hinauf zu schiffen. Er hatte niemand, der auf die kleine Christine, die ein Jahr jünger als Ib war, geachtet hätte, und so war sie fast immer bei ihm auf dem Kahn oder zwischen dem Heidekraut und den Preißelbeerbüschen; und ging es einmal ganz bis nach Randers hinauf, so kam die kleine Christine zu Jeppe-Jäns hinüber.
Ib und die kleine Christine vertrieben sich prächtig die Zeit mit spielen und essen. Sie wühlten und gruben, sie krochen und liefen, und eines Tages wagten sich die beiden allein gar auf den Landrücken und ein Stück in den Wald hinein. Dort fanden sie Schnepfeneier; das war eine große Begebenheit.
Ib war bisher noch niemals aus der Seiser Heide fortgewesen, niemals war er durch die Seen geschifft bis nach Gudenaa aber nun sollte es geschehen; der Schiffer hatte ihn eingeladen, und am Abend vorher kam er mit zu des Schiffers Hause.
Auf den hochaufgestapelten Brennholzstücken im Schiffe saßen die Kinder schon am frühen Morgen und aßen Brot und Himbeeren. Der Schiffer und sein Knecht schoben sich mit ihren Staken vorwärts; es ging mit dem Strome in rascher Fahrt den Fluß hinab, durch Seen, die ganz von Wald und Schilf umschlossen schienen; aber zuletzt fand sich doch immer eine Durchfahrt, ob auch die alten Bäume sich tief zu ihnen niederbogen und die Eichen ihre trockenen Äste ihnen entgegenstreckten, als hätten sie die Ärmel hochgestreift, um ihre nackten, knorrigen Arme zu zeigen. Alte Erlen, die der Strom vom Ufer gelöst hatte, hielten sich mit den Wurzeln am Boden fest und sahen wie kleine Waldinseln aus. Die Seerosen wiegten sich auf dem Wasser; es war eine herrliche Fahrt. - Und dann kam man zu der Aalfangstätte, wo das Wasser durch die Schleusen brauste. Das war etwas für Ib und die kleine Christine zum Schauen.
Damals war dort unten weder Fabrik noch Stadt, es stand dort nur das alte Gehöft mit dem Stauwerk, und die Besetzung war
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