ANDERSENS MÄRCHEN ((Sämtliche Werke)) (German Edition)
habe. An Dich und die alten Zeiten."
Und dann gingen sie Arm in Arm den Hügel hinauf und schauten über Gudenaa nach der Seiser Heide mit den großen Heidehügeln hin, aber Ib sagte nichts. Doch als sie sich trennten, war er sich darüber klar geworden, daß sie seine Frau werden müsse; sie waren ja von klein auf Liebesleute genannt worden und waren, so schien es ihm, ein verlobtes Paar, obgleich keines von ihnen selbst es gesagt hatte.
Nur einige Stunden noch konnten sie zusammen sein, denn sie mußte wieder dorthin, von wo am nächsten Morgen der Wagen abfuhr. Der Vater und Ib begleiteten sie. Es war heller Mondschein und als sie angekommen waren, hielt Ib, noch immer ihre Hand und konnte sie nicht loslassen. In seinen Augen stand sein ganzes Herz geschrieben, aber die Worte fielen nur spärlich, doch jedes einzige kam aus innerstem Herzen: "Wenn Du Dich nicht zu fein gewöhnt hast," sagte er, "und Du könntest Dir denken, in unserer Mutter Haus mit mir als Deinem Ehemann zu leben, dann werden wir beiden einmal Mann und Frau - aber wir können ja noch ein wenig warten!"
"Ja, laß uns die Zeit abwarten, Ib!" sagte sie; und dann drückte sie seine Hand und er küßte sie auf den Mund. "Ich vertraue auf Dich, Ib!" sagte Christine, "und ich glaube, daß ich Dich lieb habe! Aber laß es mich beschlafen!"
Dann schieden sie. Ib sagte zu dem Schiffer, daß er und Christine nun so gut wie verlobt seien, und der Schiffer fand, daß es so wäre, wie er es sich gedacht bebe; und er ging mit Ib nach Hause und schlief dort in einem Bett mit ihm, und es wurde über die Verlobung nicht mehr gesprochen.
Ein Jahr war darüber vergangen; zwei Briefe waren zwischen Ib, und Christine gewechselt worden; "Treu bis zum Tode!" stand als Unterschrift darin. Eines Tages trat der Schiffer zu Ib herein, er brachte ihm einen Gruß von Christine; was er weiter zu sagen hatte, ging ihm ein wenig schwer von der Zunge, aber es war daraus zu entnehmen, daß es Christine wohl gehe, mehr als wohl sogar, sie wäre ja ein hübsches Mädchen und geachtet und beliebt. Des Krugwirts Sohn wäre zu einem Besuch zu Hause gewesen; er wäre in Kopenhagen in einem Kontor beschäftigt und habe dort eine große Stellung. Er möge Christine wohl leiden und sie fände ihn auch nach ihrem Sinn, seine Eltern wären ebenfalls nicht dagegen, aber es lag doch Christine schwer auf dem Herzen, daß wohl Ib noch immer an sie dächte, und so hätte sie beschlossen, das Glück von sich zu stoßen, sagte der Schiffer.
Ib sagte zuerst kein Wort, aber er wurde so weiß wie ein leinenes Tuch; dann schüttelte er den Kopf und sagte: "Christine darf ihr Glück nicht von sich stoßen!"
"Schreibe ihr das in ein paar Worten!" sagte der Schiffer.
Und Ib schrieb, aber er konnte nicht recht die Worte setzen, wie er wollte und strich durch und zerriß, aber am Morgen war ein Brief an die kleine Christine zustande gebracht, und hier ist er.
"Den Brief an Deinen Vater habe ich gelesen und sehe daraus, daß es Dir in jeder Beziehung wohl geht und Du es noch besser haben könntest! Frage Dein Herz, Christine! und bedenke wohl, was Deiner wartet, wenn Du mich nimmst! Was mein ist, ist nur geringe. Denke nicht an mich und wie ich es tragen werde, denke nur an Deinen eigenen Nutzen. An mich bist Du durch kein Versprechen gebunden, und hast Du mir in Deinem Herzen eins gegeben, so löse ich Dich davon. Alles Glück der Welt sei mit Dir, kleine Christine. Der liebe Gott wird wohl auch für mein Herz Trost wissen.
Immer Dein aufrichtiger Freund
Ib."
Und der Brief wurde abgesandt und Christine bekam ihn.
Um Martini wurde sie in der Kirche in der Seiser Heide und in Kopenhagen, wo der Bräutigam war, aufgeboten, und dorthin reiste sie mit ihrer Schwiegermutter, da der Bräutigam wegen seiner vielen Geschäfte nicht so weit fortreisen konnte. Christine war, wie verabredet, mit ihrem Vater in einem kleinen Dorfe, das auf ihrem Wege lag, zusammengetroffen; dort nahmen sie voneinander Abschied. Es fielen darüber ein paar Worte, aber Ib sagte nichts dazu, er wäre so nachdenklich geworden, sagte seine alte Mutter. Ja, nachdenklich war er, und deshalb kamen ihm auch die drei Nüsse nicht aus dem Sinn, die er als Kind von der Zigeunerin bekommen und von denen er zwei Christine abgegeben hatte. Es waren wirklich Wünschelnüsse gewesen. In den ihren hatten ja ein goldener Wagen und Pferde und schöne Kleider gelegen; es traf bei ihr zu. All
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