ANDERSENS MÄRCHEN ((Sämtliche Werke)) (German Edition)
dreht sich alles vor mir im Kreise. Das kommt, weil ich die Flasche ausgetrunken habe; ich habe es nicht vertragen können. Ich fühle mich so krank" und sie lehnte sich gegen einen Bretterzaun.
"Aber Mutter, Ihr seid ja ganz krank" sagte die Frau. "Seht nur, daß es vorübergeht! Nein, Ihr seid wirklich krank. Es wird das beste sein, daß ich Euch nachhause bringe!"
"Aber die Wäsche hier."
"Da laßt mich nur machen. Faßt mich unter den Arm. Der Junge kann hier bleiben und solange aufpassen. Nachher komme ich und wasche den Rest. Es ist ja nicht mehr viel übrig."
Und die Waschfrau schwankte auf ihren Füßen.
"Ich habe zu lange in dem kalten Wasser gestanden. Seit heute morgen habe ich weder etwas Warmes noch etwas Kaltes in den Magen bekommen! Ich fühle, wie das Fieber in meinem Körper sitzt. O, Herr Jesus, hilf mir nachhause. Mein armes Kind" und sie brach in Tränen aus.
Der Knabe weinte und saß bald allein am Flusse neben der nassen Wäsche. Die beiden Frauen gingen nur langsam, die Waschfrau schwankend, das Gäßchen entlang, sie bogen um die Ecke am Hause des Stadtvogts vorbei, und gerade vor diesem sank sie auf das Pflaster. Die Leute liefen zusammen.
Humpelmaren lief in das Haus um Hülfe. Der Stadtvogt mit seinen Gästen sah aus dem Fenster.
"Das ist die Waschfrau" sagte er. "Sie hat wohl eins über den Durst getrunken; sie taugt nichts. Es ist schade um ihren hübschen Jungen. Für das Kind habe ich etwas übrig. Aber die Mutter taugt nichts."
Dann wurde sie wieder zur Besinnung gebracht und in ihr ärmliches Heim geführt, wo man sie auf das Bett legte. Die brave Maren machte ihr eine Tasse warmes Bier mit Butter und Zucker zurecht, eine Medizin, die sie immer für die beste hielt. Und dann ging sie zum Flusse hinunter und spülte schlecht aber mit viel guter Meinung die Wäsche, sie zog das nasse Zeug eigentlich nur ans Land und nahm es mit sich.
Am Abend saß sie in der ärmlichen Stube bei der Waschfrau. Ein paar gebratene Kartoffeln und ein prächtig fettes Stück Schinken hatte sie von der Köchin des Stadtvogts für die Kranke bekommen, daran taten sich der Knabe und Maren gütlich; die Kranke freute sich am Geruche, der so nährend wäre, wie sie sagte.
Und der Knabe kam ins Bett, in das gleiche Bett, in dem die Mutter lag, aber er hatte seinen Platz quer zu ihren Füßen und zog einen alten Fußteppich über sich, der aus roten und blauen Streifen zusammengenäht war.
Der Waschfrau ging es ein wenig besser; das warme Bier hatte sie gestärkt und der Duft des feinen Essens ihr wohlgetan.
"Dank, Du gute Seele" sagte sie zu Maren. "Wenn der Junge schläft, will ich Dir auch alles sagen. Ich glaube, er tut es schon. Wie süß und lieb er doch aussieht mit den geschlossenen Augen. Er weiß nicht, wie schlecht es seiner Mutter geht. Der liebe Gott möge ihm ein anderes Schicksal bescheren! - Als ich bei Gerichtsrats, den Eltern des Stadtvogts diente, traf es sich, daß der Jüngste von den Söhnen, der damals Student war, heimkam; damals war ich jung, wild und warmblütig, aber anständig, das kann ich auch vor Gott getrost behaupten!" sagte die Waschfrau. - "Der Student war so lustig und fröhlich, ein prachtvoller Mensch. Jeder Blutstropfen in ihm war rechtschaffen und gut. Einen besseren Menschen gab es auf der ganzen Welt nicht. Er war der Sohn des Hauses und ich nur das Dienstmädchen, aber wir wurden uns einig in Zucht und Ehren. Ein Kuß ist doch keine Sünde, wenn man einander richtig lieb hat. Und dann sagte er es seiner Mutter, die für ihn der Herrgott hier auf Erden war. Und sie war auch so klug, so liebevoll und so gut. - Dann reiste er fort und setzte mir seinen goldenen Ring auf den Finger. Als er fort war, rief mich meine Dienstherrin in ihr Zimmer. Ernst und doch so mild stand sie da und sprach mit mir, wie der liebe Gott auch hätte sprechen können. Sie erklärte mir den Abstand in Geist und Bildung zwischen ihm und mir. Jetzt sieht er noch, wie hübsch Du aussiehst, aber die Schönheit vergeht! Du bist nicht in dem Stande erzogen wie er, Ihr seid in den Reichen des Geistes nicht gleich, und darin liegt das Unglück. Ich achte den Armen, sagte sie, bei Gott erhält er vielleicht einen höheren Platz als mancher Reiche, aber auf Erden darf man nicht in der verkehrten Spur fahren, wenn man vorwärts will, sonst schlägt der Wagen um, und Ihr beiden würdet umschlagen! Ich weiß, daß ein braver Mann, ein Handwerker,
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