ANDERSENS MÄRCHEN ((Sämtliche Werke)) (German Edition)
sahen zu und fühlten sich geehrt.
Helga sah zu den leuchtenden Sternen empor, die klarer und klarer erstratalten. Zwischen ihnen und ihr bewegte sich eine Gestalt, reiner noch als die Luft und dadurch sichtbar. Sie schwebte ihr näher und näher es war der tote christliche Priester, auch er kam zu ihrem Hochzeitsfeste, kam herab aus des Himmels Reichen.
"Glanz und Herrlichkeit dort droben übertrifft alles, was die Erde kennt!!" sagte er.
Und Klein-Helga betete so sanft, so innig, wie sie nie zuvor gebetet hatte, daß sie nur einen einzigen Augenblick hineinschauen dürfe, nur einen einzigen Blick in das, Himmelreich werfen dürfe zum Vater.
Und er trug sie empor zu Glanz und Herrlichkeit, überströmend von Gedanken und Tönen; nicht nur äußerlich erklang und leuchtete es um sie, die Klänge und der Glanz waren auch in ihr. Worte können es nicht wiedergeben.
"Nun müssen wir zurück, Du wirst vermißt!" sagte er.
"Nur einen Blick noch" bat sie; "nur einen einzigen kurzen Augenblick."
"Wir müssen zur Erde, alle Gäste gehen schon fort."
"Nur einen Blick den letzten."
Klein-Helga, stand wieder auf der Veranda - aber alle Fackeln draußen waren gelöscht, alle Lichter im Hochzeitssaal waren fort, die Störche fort, keine Gäste zu sehen, kein Bräutigam, alles wie fortgeweht während der drei kurzen Augenblicke.
Da überkam Helga eine Angst; sie ging durch die große, leere Halle in die nächste Kammer hinein. Dort schliefen fremde Soldaten. Sie öffnete die Seitentür, die in ihre eigene Stube hineinführte, und als sie darin zu stehen vermeinte, stand sie draußen im Garten. - So war es doch hier vorhin nicht gewesen; rötlich schimmerte der Himmel, der Tag graute herauf.
Drei Augenblicke im Himmel nur, und eine ganze Erdennacht war vergangen!
Da sah sie die Störche: sie rief zu ihnen hinauf, sprach ihre Sprache, und der Storchvater drehte den Kopf, lauschte und näherte sich.
"Du sprichst unsere Sprache!" sagte er, "was willst Du? Was führt Dich hierher, Du fremdes Weib?"
"Ich bin es ja, ich - Helga! Erkennst Du mich nicht? Vor drei Minuten sprachen wir noch zusammen, dort in der Veranda."
"Das ist ein Irrtum!" sagte der Storch; "das mußt Du alles geträumt haben."
"Nein, nein" sagte sie und erinnerte ihn an die Wikingerburg und das Wildmoor, die Reise hierher.
Da blinzelte der Storchvater mit den Augen: "Das ist ja eine alte Geschichte, die ich aus der Zeit meiner Ururgroßmutter gehört habe. Ja, gewiß war hier in Ägypten einmal eine Prinzessin aus dem Lande Dänemark, aber sie verschwand an ihrem Hochzeitsabend vor vielen hundert Jahren und kam niemals wieder. Das kannst Du selbst auf dem Denkstein hier im Garten lesen. Darein sind Schwäne und Störche gemeißelt, und zu oberst stehst Du selbst in weißem Marmor."
So war es. Klein-Helga sah es, verstand es und sank auf die Knie.
Die Sonne brach strahlend hervor, und wie einst in längstvergangener Zeit bei ihren Strahlen die Froschhaut fiel und die herrliche Gestalt sichtbar wurde, so erhob sich nun unter der Taufe des Lichts eine Schönheitsgestalt, klarer und reiner als die Luft, ein Lichtstrahl - zum Vater empor.
Der Leib verfiel in Staub, und wo er gestanden hatte, lag eine welke Lotosblume.
"Das war doch ein neuer Schluß bei der Geschichte" sagte der Storchvater; "den hätte ich nie und nimmer erwartet, aber er gefällt mir ganz gut."
"Was wohl die Jungen dazu sagen werden?" fragte die Storchmutter.
"Ja, das ist freilich das Wichtigste" sagte der Storchvater.
Sie taugte nichts
Der Stadtvogt stand am offenen Fenster. Er hatte ein Oberhemd an und eine Brustnadel in der Hemdkrause stecken und war außerordentlich gut rasiert, das hatte er eigenhändig getan und sich dabei nur einen kleinen Schnitt zugezogen, doch über diesen hatte er ein Stückchen Zeitungspapier geklebt.
"Hörst Du, Kleiner" rief er.
Der Kleine war aber niemand Anderes als der Sohn der Waschfrau, der eben vorbeiging und ehrerbietig seine Mütze zog. Der Schirm war geknickt und auch sonst war sie nach und nach so eingerichtet worden, daß man sie in die Tasche stecken konnte. In seinen ärmlichen aber sauberen und durchaus ordentlich geflickten Kleidern und den schweren Holzschuhen stand der Knabe ehrerbietig da, als ob er vor dem Könige selber stehe.
"Du bist ein guter Junge" sagte der Stadtvogt, "Du bist ein höflicher Junge Deine Mutter
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