Androidenträume
losgehen. Sie können es auch mit den üblichen gaseerzeugenden Lebensmitteln probieren – Bohnen, Brokkoli, Blumenkohl, Weißkohl, rohe Zwiebeln, Kartoffeln. Äpfel und Aprikosen wirken genauso. Auch Pflaumen, aber die haben wahrscheinlich mehr Feuerkraft, als Sie gebrauchen können. Nehmen Sie zum Frühstück eine gute Gemüsemischung zu sich, und warten Sie einfach ab.«
»Kein Fleisch?«, hatte Moeller gefragt. Er schnappte immer noch ein wenig nach Luft, nachdem der Schmerz fast verflogen war, der mit der Einführung des Apparats ins Auspuffrohr und der Verschweißung mit der Darmwand verbunden war.
»Aber sicher doch«, bemerkte Fixer. »Vor allem fettes Fleisch – Schinken oder sonstiges gut marmoriertes rotes Fleisch. Mit Corned Beef und Kohl bekommen Sie von allem etwas. Mögen Sie kein Gemüse?«
»Mein Vater war Metzger«, sagte Moeller. »Als Kind habe ich sehr viel Fleisch gegessen, und ich mag es immer noch.«
Mehr als nur das, um genau zu sein. Dirk Moeller entstammte einer langen Ahnenreihe von Karnivoren, und er nahm stolz zu jeder Mahlzeit Fleisch zu sich. Die meisten Leute taten das heutzutage nicht mehr. Und wenn sie doch einmal Fleisch aßen, entschieden sie sich meistens für eine Tube mit Zuchtfleisch, das aus kultiviertem Gewebe erzeugt wurde, ohne dass ein lebendes Tier geschlachtet werden musste. Häufig hatten diese Produkte, abgesehen von ihren mythischen Ursprüngen, überhaupt keine Beziehung zu Tieren mehr. Das meistverkaufte Kunstfleischerzeugnis auf dem Markt war Kingstons Bison-Eber®, entstanden aus einer unheiligen Vermengung von Rinder- und Schweinegenen, die auf einem knorpeligen Gerüst in einer Nährbrühe gezüchtet wurden, bis sie eine fleischartige Masse bildeten, die kein Fleisch war, bleicher als Kalb, magerer als Eidechse. Es war so tierfreundlich, dass selbst strenge Vegetarier sich nicht scheuten, gelegentlich einen Bison-Eber-Burger® zu verspeisen, wenn sie in entsprechender Stimmung waren. Das Firmenlogo von Kingston war ein Schwein mit Bisonpelz und Hörnern, das auf einem Hibachi Burger briet, den Kunden im Dreiviertelprofil zuzwinkerte und sich voller Vorfreude auf sein eigenes fiktives Fleisch die Lippen leckte. Dieses Vieh konnte einem eine Gänsehaut bereiten.
Moeller hätte lieber seine eigene Zunge auf einem Spieß geröstet, als jemals Kunstfleisch zu essen. Gute Metzger waren in diesen Zeiten nur noch schwer zu finden, aber Moeller hatte außerhalb von Washington in der Vorstadt Leesburg einen entdeckt. Ted war Freizeitunternehmer, wie heutzutage alle Metzger. Tagsüber arbeitete er als Ingenieur. Aber er kannte sich mit dem fachgerechten Zerlegen aus, was nicht mehr alle seine Berufskollegen von sich behaupten konnten. Jedes Jahr im Oktober füllte Ted einen begehbaren Gefrierschrank in Moellers Keller fast bis obenhin mit Rind, Schwein und Reh sowie vier Sorten Geflügel: Huhn, Truthahn, Strauß und Gans.
Weil Moeller sein bester Kunde war, legte Ted gelegentlich auch noch etwas Exotischeres obendrauf, meistens irgendeine Reptilienart. Zurzeit hatte er sehr viel Alligatorfleisch im Angebot, nachdem Florida ganzjährig die Jagd auf die äußerst vermehrungsfreudigen Hybriden freigegeben hatte, die von der Umweltbehörde ausgesetzt worden waren, um die Alligatoren in den Everglades wieder heimisch werden zu lassen. Aber hin und wieder besorgte Ted auch ein oder zwei Säugetiere, über deren Herkunft er wohlweislich keine Angaben machte. In einem Jahr hatte Ted ihm zehn Pfund Steaks geliefert und »Frag nicht!« auf das Einwickelpapier gekritzelt. Moeller hatte sie bei einem Grillabend mit ehemaligen Kollegen vom Amerikanischen Institut für Kolonisation serviert. Alle Anwesenden hatten die Mahlzeit genossen. Mehrere Monate später war ein Metzger – nicht Ted – verhaftet worden, weil er mit Fleisch von Zhang-Zhang gehandelt hatte, einem Panda, der eine Leihgabe für den Nationalzoo gewesen war. Der Panda war ungefähr um die Zeit verschwunden, als Ted wie in jedem Jahr neues Fleisch geliefert hatte. Im nächsten Jahr hatte Ted wieder Alligator im Angebot gehabt. So war es wahrscheinlich das Beste für alle, höchstens mit Ausnahme der Alligatoren.
»Alles fängt mit Fleisch an«, hatte sein Vater häufig zu Dirk Moeller gesagt, und als Alan mit einem Kaffeebecher zurückkehrte, der zu 2 % gefüllt war, sinnierte Moeller über die Wahrheit dieses einfachen Satzes nach. Seine derzeitige Tätigkeit, die letztlich dazu geführt hatte, dass er Gase
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