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Andromeda

Andromeda

Titel: Andromeda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
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Undeutlich sah er ein Mädchen, eine Assistentin, im Flur stehen, als er hineinstolperte. Sie sah ihn aus entsetzt aufgerissenen Augen an und tat einen einzigen, unbeholfenen Schritt vorwärts. »Helfen Sie mir!« bat er.
    Sie zögerte. Dann wurden ihre Augen noch größer. Sie machte kehrt und rannte vor ihm davon. Er sah ihr benommen nach, dann fiel er zu Boden. Der Schalter des Steuergeräts für die Atombombe war fast in Reichweite, ein metallisch glänzendes Kästchen an der Wand.
    »Noch fünfundvierzig Sekunden bis zur Selbstvernichtung«, sagte die Stimme. Und dann packte ihn plötzlich die Wut – weil die Stimme weiblich war und verführerisch klang, weil sie auf Band aufgenommen war, weil jemand das alles so geplant und den Text für eine Reihe erbarmungsloser Ankündigungen geschrieben hatte wie ein Drehbuch, nach dem sich nun die Computer richteten, zusammen mit all den glänzenden, perfekten Maschinen im Labor. Ihm war, als hätte jemand sein Schicksal von Anfang an geplant.
    Da wurde er wütend.
    Später konnte Hall sich nicht mehr daran erinnern, wie er es fertiggebracht hatte, das letzte Stück kriechend zurückzulegen. Er wußte auch nicht mehr, wie er sich auf den Knien aufgerichtet und die Hand mit dem Schlüssel gehoben hatte. Wohl aber erinnerte er sich, wie er den Schlüssel umdrehte und sah, daß das grüne Licht wieder anging. »Entwarnung – die Selbstvernichtung ist widerrufen«, verkündete eine ruhige Stimme, als handle es sich um einen ganz normalen Vorgang.
    Schwer und erschöpft fiel Hall zu Boden. Ringsum wurde alles dunkel.

Fünfter Tag

Auflösung
     

Der letzte Tag
     
    Wie aus weiter Ferne sagte eine Stimme: »Er kämpft dagegen an.«
    »So?«
    »Ja – sehen Sie!«
    Einen Augenblick später wurde Hall etwas aus dem Hals gezogen. Er mußte husten und nach Luft schnappen. Dann öffnete er die Augen.
    Ein besorgtes weibliches Gesicht beugte sich über ihn. »Alles in Ordnung? Es läßt rasch nach.«
    Hall versuchte zu antworten, aber es ging nicht. Er lag ganz ruhig auf dem Rücken und spürte die eigenen Atemzüge. Zuerst war alles noch ein wenig steif, aber dann fiel ihm das Atmen wieder leichter. Sein Brustkorb hob und senkte sich, ohne daß er sich besonders anstrengen mußte. Er wandte den Kopf und fragte: »Wie lange?«
    »Etwa vierzig Sekunden«, antwortete das Mädchen. »Das ist jedenfalls unsere Schätzung. Vierzig Sekunden ohne Atmung. Als wir Sie fanden, waren Sie ein wenig blau angelaufen, aber wir haben sofort eine Intubation gemacht und Sie an das Atemgerät angeschlossen.«
    »Wann war das?«
    »Vor zwölf bis fünfzehn Minuten. Ligamin wirkt nicht lange, aber wir haben uns trotzdem Sorgen um Sie gemacht … Wie fühlen Sie sich jetzt?«
    »Okay.«
    Hall sah sich in dem Raum um. Er lag im Lazarett des Stockwerks IV. Auf dem Fernsehschirm an der gegenüberliegenden Wand erschien Stones Gesicht. »Hello!« sagte Hall.
    Stone grinste. »Herzlichen Glückwunsch.«
    »Ich nehme an, die Bombe ist nicht hochgegangen?«
    »Nein, sie ist nicht hochgegangen.«
    »Das ist gut«, sagte Hall und schloß die Augen. Er schlief über eine Stunde. Als er wieder wach wurde, war der Bildschirm leer. Eine Krankenschwester sagte ihm, Dr. Stone spreche gerade mit Vandenberg. »Was ist nun los?«
    »Nach den Vorausberechnungen befinden sich die Organismen jetzt über Los Angeles.«
    »Und?«
    Die Krankenschwester zuckte die Achseln. »Nichts. Sie scheinen völlig wirkungslos geworden zu sein.«
    Wesentlich später sagte Stone: »Vollkommen wirkungslos. Der Organismus hat sich anscheinend durch Mutation in eine gutartige Form verwandelt. Wir warten immer noch auf Berichte über ungewöhnliche Todesfälle oder Erkrankungen, aber nun sind schon sechs Stunden vergangen, und es wird mit jeder weiteren Minute weniger wahrscheinlich. Wir rechnen damit, daß die Andromeda-Organismen zuletzt wieder in den Raum abwandern, weil sie hier zu viel Sauerstoff vorfinden. Aber wenn natürlich die Atombombe im Wildfire-Labor hochgegangen wäre …«
    Hall fragte: »Wieviel Zeit war denn noch übrig?«
    »Als Sie den Schlüssel umgedreht haben? Etwa vierunddreißig Sekunden.«
    Hall lächelte. »Also jede Menge Zeit. Kaum ein Grund zur Aufregung.«
    »Vielleicht von Ihrem Standpunkt aus«, sagte Stone. »Aber für uns unten im Stockwerk V war es doch recht aufregend. Etwas habe ich Ihnen nämlich nicht gesagt: Um die Wirkung der unterirdischen Explosion noch zu steigern, wird das Stockwerk V dreißig

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