Angst in deinen Augen
entschädigt. Ich konnte es irgendwann einfach nicht mehr mit ansehen und bin ausgezogen.“
„Das war wahrscheinlich das Beste, was Sie tun konnten.“
„Es hat aber zur Familienharmonie nicht das Geringste beigetragen. Ich bin mir sicher, dass Edward nur nach Chicago gefahren ist, weil er sich um die Teilnahme an meiner Hochzeit herumdrücken wollte.“ Sie seufzte. „Ich weiß, dass ich mich nicht über meine Mutter ärgern sollte, aber ich tue es trotzdem. Ich ärgere mich, dass sie sich nie gegen ihn wehrt.“
„Schön. Dann also nicht zu Ihrer Mutter. Was ist mit dem lieben alten Dad? Kommen Sie mit ihm besser klar?“
Sie nickte. Nur andeutungsweise. „Ich nehme an, bei ihm könnte ich bleiben.“
„Gut. Weil ich Sie nämlich heute Nacht unter keinen Umständen allein lasse.“ Er hatte den Satz eben ausgesprochen, als ihm klar wurde, dass er ihn nicht hätte sagen sollen. Das klang ja fast so, als ob er sich etwas aus ihr machte, als ob er seine persönlichen Gefühle mit seinem Beruf vermischte. Dabei war er ein viel zu guter Polizist, ein viel zu vorsichtiger Polizist, um so etwas jemals zuzulassen.
Er fühlte ihren überraschten Blick auf sich ruhen.
In einem Ton, der kälter war als beabsichtigt, sagte er: „Sie könnten mein einziges Verbindungsglied zu diesem Bombenanschlag sein. Ich brauche Sie für meine Untersuchung lebendig.“
„Oh. Natürlich.“ Daraufhin verfiel sie in Schweigen, bis sie das Haus am Ocean View Drive erreicht hatten.
Sobald er geparkt hatte, machte sie Anstalten auszusteigen. Er packte sie am Arm und zog sie ins Wageninnere zurück. „Warten Sie einen Moment.“
„Was ist?“
„Bleiben Sie noch eine Minute sitzen.“ Er stieg aus und schaute sich eingehend um, aber er konnte nichts Verdächtiges entdecken. Die Straße lag verlassen da.
„Okay“, sagte er. „Packen Sie nur ein paar Sachen zusammen, mehr Zeit haben wir nicht.“
„Ich hatte eigentlich auch nicht vor, meine ganzen Möbel mitzunehmen.“
„Ich wollte damit nur sagen, dass Sie es kurz und schmerzlos machen sollen. Wenn wirklich jemand hinter Ihnen her ist, wird er hierher kommen. Deshalb ist es besser, wenn wir uns nicht allzu lange hier aufhalten, okay?“
Sie waren noch nicht länger als fünf Minuten in dem alten, aber großen, geschmackvoll eingerichteten Haus, als das Telefon klingelte. Sam spürte, wie ihm das Adrenalin sofort durch die Blutbahn schoss.
„Soll ich rangehen, Detective?“, fragte Nina aus dem Schlafzimmer. Jetzt erschien sie mit bleichem und angespanntem Gesicht auf der Schwelle.
Er nickte.
Er stellte sich hinter sie, als sie den Telefonhörer abnahm und „Hallo?“ sagte.
Niemand antwortete.
„Hallo?“, wiederholte Nina. „Wer ist da? Hallo? Nun melden Sie sich doch!“
Ein Klicken ertönte, dann, nach einem Moment der Stille, das Freizeichen.
Nina schaute Sam an. Sie stand so dicht bei ihm, dass ihr Haar, das wie schwarze Seide war, sein Gesicht streifte. Während er ihr in diese großen dunklen Augen schaute, ertappte er sich dabei, dass er auf ihre Nähe mit einer unerwarteten Welle von Verlangen reagierte.
Das darf nicht sein. Das darfst du nicht zulassen.
Hastig trat er einen Schritt zurück. Doch selbst jetzt, nachdem sie einen guten Meter voneinander entfernt standen, konnte er ihre Anziehungskraft immer noch spüren. Es ist noch nicht weit genug, dachte er. Diese Frau raubte ihm sein logisches Denkvermögen. Und das war gefährlich.
Er senkte den Blick und sah plötzlich, dass der Anrufbeantworter blinkte. Er sagte: „Sie haben Nachrichten.“
„Wie bitte?“
„Auf Ihrem Anrufbeantworter. Sie haben drei neue Nachrichten drauf.“
Benommen schaute sie auf den Apparat. Automatisch drückte sie die Wiedergabetaste.
Man hörte dreimal den Piepton, gefolgt von einer dreimaligen Stille und dann das Besetztzeichen.
Wie gelähmt starrte sie auf den Apparat. „Warum?“, flüsterte sie. „Warum rufen sie an und legen dann auf?“
„Um zu sehen, ob Sie zu Hause sind. Lassen Sie uns besser gehen.“
Sie entspannte sich erst wieder ein bisschen, als sie im Auto saßen. Er behielt während der Fahrt den Rückspiegel im Auge, aber er konnte keinen Hinweis darauf entdecken, dass sie verfolgt wurden.
„Gleich sind Sie im Haus Ihres Vaters, dann wird es Ihnen wieder gut gehen.“
„Und dann?“, fragte sie leise. „Wie lange muss ich mich dort verstecken? Wochen? Monate?“
„Bis wir diesen Fall aufgeklärt haben.“
Sie schüttelte
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