Angstfalle
Keller sehen. Trixi nickte mutlos, weil sie inzwischen die Hoffnung aufgegeben hatte, dass es irgendwo im Haus eine Spur des Eindringlings geben würde. Dieser Kerl war einfach zu geschickt.
Die Kellerräume waren feucht und dunkel. Die Glühbirne an der Decke spendete nur wenig Licht. Hollmann schaltete zusätzlich seine Taschenlampe an, um etwas erkennen zu können. Die Rückseite des Hauses war direkt an den Berg angebaut. Dadurch zog Feuchtigkeit in die Wände. Hässliche Ränder zeichneten sich vom grauen Putz ab.
Spuren eines Einbrechers fand er nicht.
Wieder im Hausflur standen sie sich schweigend gegenüber, bis sein Blick auf die Tür zur Abstellkammer fiel.
»Was befindet sich dort?«
»Meine Abstellkammer. Ziemlich überfüllt.«
Trotzdem warf er einen Blick hinein, wobei er das bestätigt fand, was Trixi geschildert hatte.
Für den Polizisten gab es nichts mehr zu tun. Es fiel Trixi schwer, ihn gehen zu lassen. Seine Anwesenheit gab ihr Sicherheit, genau das, was sie brauchte. Aber sein Blick verriet Zweifel an ihrer Geschichte.
Wie ein Hüne stand er vor ihr, seine grünen Augen schauten auf sie hinab, sein rötlichblondes Haar war zu einem Bürstenschnitt gestutzt. Er war ein attraktiver Mann.
»Haben Sie einen Computer?« Mit dieser Frage holte er sie in die Gegenwart zurück.
»Ja, im Wohnzimmer.«
»Dann haben Sie sicherlich auch eine E-Mail-Adresse?«
»Ja, aber ich benutze den Rechner selten.«
»Sollte es sich wirklich um einen Verfolger handeln, der es auf Sie abgesehen hat – so wie Sie die Sachlage schildern – besteht die Möglichkeit, dass er auch diese Technologie nutzt, um mit Ihnen in Kontakt zu treten. Oftmals geschieht das durch beleidigende E-Mails. Schauen Sie bitte nach, ob in letzter Zeit eine Nachricht bei Ihnen eingegangen ist?«
Trixi war erleichtert. Damit bewies er ihr einerseits, dass er ihre Situation trotz der fehlenden Spuren ernst nahm. Andererseits legte er es nicht darauf an, so schnell wie möglich zu verschwinden. Hoffnung keimte in ihr auf.
Sie sagte ihm, wo der Computer stand. Während er vor ihr herging, ließ sie ihren Blick über seine Statur wandern. Seine enganliegende Uniform betonte seine breiten Schultern und seine sportliche Figur. Er hielt sich gerade, seine Bewegungen waren zackig, fast militärisch.
Wie konnte sie ihn dazu bringen zu bleiben?
Sie fuhr den Rechner hoch und checkte den Posteingang durch. Nichts.
»Ein seltsamer Verehrer, den Sie da haben«, meinte Hollmann. »Solange er nichts hinterlässt, womit sich seine Aktivitäten nachweisen lassen, können wir nichts tun. Ein eigener Straftatbestand zum Schutz gegen Stalking besteht in Deutschland noch nicht. Zwar erfüllen viele Handlungen von Stalkern Kriterien wie Hausfriedensbruch, Körperverletzung oder sexuelle Nötigung, ein eigenständiger Tatbestand ist hingegen nicht Gegenstand des deutschen Strafrechts.«
»Was heißt das?«
»Es wird uns nicht gelingen, die Staatsanwaltschaft von strafbaren Handlungen zu überzeugen, wenn wir keine Fakten liefern.«
»Also sind Sie hier fertig?«
»Ich werde Ihre Anzeige auf jeden Fall weiterleiten.«
»Wie wär’s mit Personenschutz?«
»Wie bitte?«
Erstaunt drehte Hollmann sich zu ihr um.
»Sie beschützen mich, bis der Stalker gefasst ist!«
»Ideen haben Sie! Vermutlich sind Sie übernächtigt. Da ist es nicht auszuschließen, dass die Fantasie mit Ihnen durchgeht. Schlafen Sie sich mal aus, dann sieht die Welt wieder anders aus!«
Vorbei die Vorstellung von einem aufregenden Stelldichein mit ihrem Beschützer.
Wortlos ließ sie ihn gehen.
Als sie wieder allein war, ließ Trixi sich resigniert aufs Sofa fallen. Die Stille wirkte beunruhigend auf sie. Was war nur aus ihrem Leben geworden? Als ihre Eltern noch lebten, war sie von dem Wunsch getrieben, alles zu tun, wonach ihr der Sinn stand. Nun hatte sie die idealen Voraussetzungen, jetzt liefen ihr die Männer davon oder spielten Poltergeist mit ihr. Zuerst Bruno Dold und jetzt Roland Berkes. Lastete ein Fluch auf ihr? Über diesen entmutigenden Gedanken schlief sie nach einer Weile ein. Sie wälzte sich hin und her, Träume vermischten sich mit schrecklichen Fantasien.
Plötzlich schreckte sie durch Klappern und Quietschen auf. Das Herz schlug ihr bis zum Hals. Der Lärm kam nicht von der Tür, sondern vom Wohnzimmerfenster. Sie löschte die kleine Stehlampe, die neben dem Sofa stand und schaute zum Fenster. Tatsächlich sah sie dort die Silhouette eines Mannes. Wie
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