Angstfalle
das Haus betreten, schaltete sie die Beleuchtung ein und ließ sich aufs Sofa plumpsen.
Da klopfte es an der Tür.
Erstaunt darüber, warum ihr Besucher nicht klingelte, erhob sie sich und ging das kurze Stück durch den Flur auf die Tür zu, blieb aber kurz davor stehen. Es wäre sicher nicht klug zu öffnen. Sie kehrte ins Wohnzimmer zurück, schob sich am Tannenbaum vorbei ans Erkerfenster, das genau auf die Haustür zeigte.
Kein Mensch war zu sehen. Aber etwas lag auf dem Boden. In der Dunkelheit konnte Trixi nicht erkennen, was es war. Ihre Angst hielt sie davon ab nachzusehen und so beschloss sie, dies erst am nächsten Morgen zu tun.
Aber den Entschluss umzusetzen kostete sie mehr Nerven, als sie geahnt hatte. Unentwegt ging sie von Zimmer zu Zimmer, fühlte sich in ihren vier Wänden nicht mehr wohl. Wie lange sollte das so weitergehen? Sie spürte, dass sie nicht tatenlos abwarten konnte, sie musste etwas tun. Ihr Blick fiel auf den Computer. Dabei kamen ihr wieder die Worte des Polizeihauptmeisters in den Sinn: »So wie Sie die Sachlage schildern, besteht die Möglichkeit, dass er auch diese Technologie nutzt, um mit Ihnen in Kontakt zu treten. Oftmals geschieht das durch beleidigende E-Mails.«
Also schaute sie nach. Immer noch nichts.
Es war wie verhext. Entweder besaß Roland Berkes gar keinen Computer oder aber er wusste genau, dass eine E-Mail ihn verraten könnte. Hollmann hatte auch gesagt: »Solange er nichts hinterlässt, womit sich seine Aktivitäten nachweisen lassen, können wir nichts tun … Es wird uns nicht gelingen, die Staatsanwaltschaft von strafbaren Handlungen z u überzeugen, wenn wir keine Fakten liefern.« Roland wollte keine Fakten liefern – er verfolgte sein Ziel mit aller Vorsicht und machte Trixi damit wehrlos.
Das brachte sie auf eine neue Idee. Bevor sie den Rechner wieder ausschaltete, startete sie eine Recherche bei Google über Stalking . Es gab erstaunlich viele Treffer. Sie las fasziniert einiges über dieses unerwünschte Nachstellen und die psychischen und physischen Auswirkungen. Darin fand sie auch bestätigt, was Hollmann ihr gesagt hatte. In Deutschland war es schwierig, mit dem Problem Stalking bei Polizei, Staatsanwaltschaft oder Gericht Gehör zu finden, weil es erst allmählich ins Bewusstsein drang.
Eine Weile starrte sie auf die vielen Informationen auf ihrem Bildschirm, bis die Buchstaben vor ihren Augen flimmerten. Besser wäre ein Buch. Aber woher nehmen und nicht stehlen? Kurzerhand klickte sie den Internetkatalog der Stadtbibliothek an, der ihr unvermittelt anzeigte, dass einige Titel verfügbar waren. Aufgeregt suchte sie die Spalte mit den Öffnungszeiten. Erleichtert las sie, dass die Bibliothek von Dienstag bis Samstag durchgehend geöffnet hatte. Also würde sie gleich morgen in der Mittagspause dorthin gehen, sich Fachlektüre über das Phänomen Stalker heraussuchen und im Lese-Café, das eigens dafür eingerichtet worden war, darin schmökern.
Dieser Entschluss gab ihr das beruhigende Gefühl, nicht tatenlos zuzusehen. So gelang es ihr, mit der Tatsache, dass jemand etwas vor ihre Haustür gelegt hatte, besser fertig zu werden.
Am nächsten Morgen stolperte sie über einen Käfig. Ihr Herzschlag setzte aus, ihr wurde ganz schlecht. Vor ihr stand ein Katzenkäfig, in dem ein kleines Kätzchen lag – erfroren!
Nach mehrmaligem Würgen machte sie sich auf den Weg zur Arbeit. Den Katzenkäfig stellte sie zur Seite, weil sie das arme Geschöpf jetzt nicht anfassen konnte. Sie schob ihr Fahrrad an den Autowracks vorbei, als sie eine Stimme hörte: »Mörderin! Mörderin! Du bist schuld an ihrem Tod!«
Diese körperlose Stimme, die vom Autofriedhof herüber klang, ging ihr durch Mark und Bein.
An diesem Morgen kam sie zu spät zur Arbeit. Käthe bedachte sie mit einem besorgten Blick und fragte: »Ist wieder etwas passiert?«
Trixi schämte sich maßlos, dass sie das arme Kätzchen hatte erfrieren lassen. Deshalb wollte sie den Vorfall lieber für sich behalten.
»Du hast doch was«, gab Käthe nicht so leicht auf.
»Ich werde von dir immer nur belehrt, wie ich es besser machen könnte. Darauf kann ich verzichten!«
»Entschuldige, dass ich es gut mit dir meine.«
»Mit diesem Kerl ist einfach nicht zu reden, er ist ein Psychopath. Er tut Dinge, die mir Angst machen.«
»Ich glaube nicht, dass er gefährlich ist. Du hast zuviel Fantasie. Zurzeit schadet sie dir. Denn so viel, wie du in der kurzen Zeit erlebt haben willst, schafft
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