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Anna Karenina - Vollständige Ausgabe (German Edition)

Anna Karenina - Vollständige Ausgabe (German Edition)

Titel: Anna Karenina - Vollständige Ausgabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Tolstoi
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sind, die du hier treibst. Aber nein, wahrhaftig, ich beneide dich. Was für ein Haus, wie prächtig das hier alles ist! So hell und freundlich!« sagte Stepan Arkadjewitsch und vergaß dabei ganz, daß es nicht immer Frühling und so schönes Wetter war wie gerade jetzt. »Und was für ein Prachtstück ist deine alte Kinderfrau! Wünschenswerter wäre ja allerdings ein hübsches Stubenmädchen mit Latzschürzchen, aber zu deinem Mönchtum und zu deiner strengen Lebensweise paßt die Alte sehr gut.«
     
    Stepan Arkadjewitsch erzählte viel interessante Neuigkeiten, darunter eine für Ljewin besonders interessante: daß sein Bruder Sergei Iwanowitsch beabsichtige, diesen Sommer bei ihm auf dem Lande zu verleben.
     
    Von Kitty und überhaupt von der Schtscherbazkischen Familie sagte Stepan Arkadjewitsch kein Wort, nur von seiner Frau bestellte er einen Gruß. Ljewin war ihm für dieses Zartgefühl dankbar und hatte über seinen Gast eine große Freude. Wie immer hatte sich bei ihm in der Zeit seiner Einsamkeit eine ganze Menge von Gedanken und Gefühlen angesammelt, über die er mit den Menschen, die er auf seinem Gute um sich hatte, nicht sprechen konnte, und nun schüttete er vor Stepan Arkadjewitsch sein ganzes Herz aus: seine poetische Freude über den Frühling, und was ihm in der Wirtschaft mißlungen sei und was er plane, und seine eigenen Gedanken und seine Bemerkungen über die Bücher, die er gelesen hatte, und besonders setzte er ihm die Tendenz seiner Abhandlung auseinander, deren Grundgedanke, ohne daß er sich dessen selbst bewußt geworden wäre, auf eine Kritik aller älteren Schriften über Landwirtschaft hinauslief. Stepan Arkadjewitsch, der auch sonst immer liebenswürdig war und alles auf eine bloße Andeutung hin begriff, legte seine Liebenswürdigkeit bei diesem Besuche in besonderem Maße an den Tag, und Ljewin bemerkte an ihm noch etwas Neues, wodurch er sich sehr geschmeichelt fühlte, nämlich eine gewisse Hochachtung und sozusagen Zärtlichkeit seines Gastes ihm gegenüber.
     
    Die Bemühungen Agafja Michailownas und des Kochs, das Mittagessen besonders gut zu gestalten, hatten nur zur Folge, daß die beiden hungrig gewordenen Freunde sich zu den Vorspeisen hinsetzten und tüchtig Butterbrot, Gänsebrust und eingemachte Pilze aßen, und ferner, daß Ljewin befahl, die Suppe ohne die noch nicht fertigen Pastetchen aufzutragen, mit denen der Koch den Gast ganz besonders hatte in Erstaunen setzen wollen. Aber Stepan Arkadjewitsch fand alles ausgezeichnet, obwohl er an ganz andere Diners gewöhnt war: den Kräuterschnaps und das Brot und die Butter und besonders die Gänsebrust und die Pilze und die Nesselsuppe und das Huhn mit weißer Sauce und den weißen Krimwein; alles lobte er als vortrefflich und wundervoll.
     
    »Ausgezeichnet, ausgezeichnet!« sagte er, als er sich nach dem Braten eine dicke Zigarre anzündete. »Es ist mir hier bei dir zumute, als ob ich aus einem Dampfer mit seinem Lärm und Gerüttel an einem stillen Ufer ausgestiegen wäre. – Also du meinst, wir müssen den Arbeiter selbst, als ein sehr wesentliches Element, studieren und uns dadurch bei der Wahl unserer landwirtschaftlichen Methoden leiten lassen. Ich bin ja auf diesem Gebiete Laie, aber ich möchte doch meinen, daß umgekehrt die theoretische Wissenschaft und ihre praktische Anwendung auch ihrerseits einen Einfluß auf den Arbeiter haben werden.«
     
    »Ja, aber warte einmal: ich rede nicht von der Nationalökonomie, sondern von der wissenschaftlichen Landwirtschaft. Sie muß, in der Art der Naturwissenschaft, die tatsächlich vorhandenen Erscheinungen beobachten und muß den Arbeiter mit seinem ökonomischen, ethnographischen ...«
     
    In diesem Augenblick kam Agafja Michailowna mit eingemachten Früchten herein.
     
    »Na aber, Agafja Fedorowna«, sagte Stepan Arkadjewitsch zu ihr, indem er die Spitzen seiner fleischigen Finger küßte, »was für eine vorzügliche Gänsebrust und für einen ausgezeichneten Kräuterschnaps gibt es bei Ihnen! – Aber wie steht's, Konstantin, ist es Zeit?« fügte er hinzu.
     
    Ljewin blickte durch das Fenster nach der Sonne, die bereits hinter die kahlen Baumwipfel des Waldes hinabsank.
     
    »Jawohl, es ist Zeit!« sagte er. »Kusma, laß den Jagdwagen anspannen!« Damit lief er auch schon hinunter.
     
    Als Stepan Arkadjewitsch gleichfalls hinuntergegangen war, nahm er selbst mit großer Sorgfalt den Segeltuchüberzug von dem lackierten Kasten ab, öffnete diesen und

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