Frostherz: Mythos Academy 3 (German Edition)
»Wenn ihr beide nicht aufhört, rumzuknutschen, wird mir schlecht.«
Meine beste Freundin Daphne Cruz kicherte und drückte ihrem Freund Carson Callahan den nächsten dicken, schmatzenden Kuss auf den Mund. Prinzessinnenrosa Funken stoben aus Daphnes Fingerspitzen, um in der Luft um sie herum zu verlöschen. Die kleinen farbigen Lichter leuchteten fast so sehr wie Carsons Gesicht.
Ich verdrehte die Augen. »Richtig, ernsthaft schlecht.«
Daphne ließ lang genug von Carson ab, um mich anzusehen. »Oh, hör auf zu meckern, Gwen. Wir knutschen gar nicht rum. Nicht in diesem muffigen alten Museum.«
Ich zog eine Augenbraue hoch. »Wirklich? Wieso trägt Carson dann mehr von deinem Lipgloss als du?«
Carson errötete noch mehr, bis seine braune Haut fast die Farbe einer Tomate angenommen hatte. Der Musikfreak schob seine dunkle Brille höher auf die Nase und wischte sich in dem Versuch, die Reste von Daphnes Lipgloss zu entfernen, mit der Hand über den Mund. Er erreichte damit nur, dass das rosa Glitzerzeug auch noch an seinen Fingern klebte. Daphne kicherte, dann drückte sie ihrem Freund den nächsten Kuss auf die Lippen.
Ich seufzte. »Hey, hey. Hört auf, ihr Turteltäubchen. Das Museum macht um fünf zu, und wir haben noch nicht mal die Hälfte der Artefakte gesehen, die wir uns für Mythengeschichte anschauen sollen.«
»Schön.« Daphne zog einen Schmollmund und löste sich von Carson. »Dann sei eben eine Spielverderberin.«
Ich verdrehte wieder die Augen. »Na ja, diese Spielverderberin macht sich zufällig Gedanken um ihre Noten. Also, lasst uns in den nächsten Raum gehen. Da soll es laut Broschüre ein paar wirklich coole Waffen geben.«
Daphne verschränkte die Arme vor der Brust. Sie kniff die Augen zusammen und starrte mich böse an, weil ich ihr Vorschriften machte. Aber letztendlich folgten sie und Carson mir, als ich durch eine Tür trat und damit den Hauptteil des Museums verließ.
Es war ein paar Tage nach Silvester, und wir befanden uns im Kreios-Kolosseum, einem Museum am Rand von Asheville, North Carolina. Museumsbesuche standen auf meiner Hitliste für unterhaltsame Freizeitbeschäftigungen nicht gerade weit oben, aber alle Mythos-Schüler im zweiten Jahr hatten den Auftrag, sich irgendwann während der Winterferien ins Kolosseum zu schleppen, um sich eine besondere Ausstellung von Artefakten anzuschauen. Da der Unterricht in der Akademie morgen wieder anfing, war heute unsere letzte Chance, diesen Arbeitsauftrag zu erledigen. Es war schon schlimm genug, dass ich und alle anderen Krieger-Wunderkinder auf Mythos ausgebildet wurden, um gegen Schnitter des Chaos zu kämpfen, die echte, schreckliche Bösewichter waren. Aber Hausaufgaben über die Ferien! Das war so unfair.
Daphne, Carson und ich waren gegen drei Uhr hier angekommen, und wir wanderten jetzt seit neunzig Minuten von einem Schaukasten zum nächsten. Von außen sah das Kreios-Kolosseum aus wie jedes andere Gebäude – wie ein Museum eben, eines von Dutzenden, die um die Stadt und in den Appalachen verteilt lagen.
Was das Innenleben anging, lagen die Dinge allerdings ganz anders.
Das Museum zu betreten war, als reise man durch die Zeit zurück ins alte Rom. So weit das Auge reichte, beherrschte weißer Marmor das Dekor, nur unterbrochen von aufragenden Säulen. An den Wänden glitzerten hier und dort Gold, Silber und Bronze, um dann die gesamte Decke mit überwältigenden Farbmustern zu überziehen. An den ausgestellten Ketten und Ringen funkelten Saphire und Rubine, während in den Vitrinen feine Seide und andere Kleidungsstücke schimmerten, die wirkten, als wären sie aus Spinnweben gefertigt worden. Sogar die Angestellten des Museums trugen fließende weiße Togen, was den Gesamteindruck nur noch verstärkte.
Aber die Ausstellung beschäftigte sich nicht nur mit dem alten Rom. Jeder Raum enthielt Artefakte aus einer anderen Kultur, vom hohen Norden über die Perser bis nach Japan, und natürlich auch alle Länder und Völker dazwischen. Das Kolosseum war nämlich den Mitgliedern des Pantheons gewidmet. Götter, Göttinnen, sagenumwobene Krieger, mythologische Kreaturen – im Grunde war das Pantheon eine Ansammlung magisch begabter Helden, die sich zusammengeschlossen hatten, um die Welt zu retten.
Vor langer Zeit hatte der böse nordische Schelmengott Loki versucht, alle zu versklaven, und hatte die Welt in den langen, blutigen Chaoskrieg gestürzt. Aber die Mitglieder des Pantheons hatten sich erhoben, um Loki und
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