Anna Strong Chronicles 01 - Verführung der Nacht
Möglichkeit, dass ich vielleicht sogar ihn in Gefahr gebracht haben könnte, erfüllt mich mit Bestürzung. Das war ein dummer Anfängerfehler. Ich stehe auf und stelle das Glas auf ein kleines Tischchen zwischen unseren Sesseln. Ich sollte jetzt gehen.
Doch er erhebt sich ebenfalls und hält mich auf, bevor ich die Tür erreiche. Seine Hände liegen auf meinen Armen. Du kannst jetzt nicht gehen, Anna. In deinem Haus wärst du nicht sicher. Bleib besser hier.
Mein erster Impuls ist Widerstand gegen seine Hände an meinem Körper, gegen die Andeutung, ich sei allein nicht sicher. Doch seine Berührung lässt mich unwillkürlich erzittern. Ich bemühe mich, aber ich kann diese Reaktion nicht verbergen. Plötzlich überrollt mich die Erinnerung daran, wie es sich anfühlte, sein Blut zu trinken. Ich ertappe mich beim Gedanken daran, wie sich der Rest anfühlen könnte. »Das kannst du gleich herausfinden.«
Er kommt noch einen Schritt näher, und seine Haut strahlt Hitze und Begehren aus. Ich spüre seine Lippen, eine federleichte Berührung an meinem Hals, verlockend, verführerisch. Ich schließe die Augen und lasse mich an ihn sinken. Seine Lippen teilen sich. Sein Atem brennt. Ich bin verloren.
Er lässt mich langsam zu Boden gleiten. Sanft und sicher schieben seine Hände mir den Rock auf die Hüfte hoch, knöpfen meine Bluse auf und befreien mich. Sein Morgenmantel öffnet sich und enthüllt eine glatte, nackte Brust. Ich fummele an seinem Gürtel herum und knöpfe seine Hose auf. Er reißt sie sich herunter und drückt sich an mich. Seine Haut unter meinen Fingerspitzen fühlt sich kühl an, doch wo unsere Körper sich berühren, flammt Hitze auf. Ein elektrisches Knistern baut sich zwischen uns auf, und ein Ansturm von Begehren lässt mich bis ins Innerste erzittern. Dann ist er in mir, und ich in ihm, in Leidenschaft vereint. Als sein Blut meinen Mund füllt und mein Blut den seinen, ist der Akt gegenseitiger Eroberung vollkommen.
Ich gebe mich dem Wirbel der Empfindungen hin, und mein Genuss ist pur und explosiv. Nichts, was ich je erlebt habe, hätte mich auf das hier vorbereiten können.
Und ich habe schreckliche Angst, dass nichts je wieder so sein wird wie vorher.
KAPITEL 16
As ich in Averys großem Bett erwache, bin ich froh darüber, allein zu sein.
Ich rapple mich aus den zerwühlten Seidenlaken hoch, bleibe sitzen und sehe mich um. Durch riesige Bogenfenster scheint die Sonne herein und erhellt einen Raum voller Antiquitäten schwere, geschnitzte Möbel aus irgendeinem satten, dunklen, exotischen Holz. Kein dunkler, feuchter Sarg voll Erde aus dem Mutterland, nicht bei diesem Vampir.
Doch ich verberge den Kopf in den Händen und stöhne. Was habe ich getan?
Auf dem Nachttisch stehen eine Kaffeekanne und eine Porzellantasse neben einer einzelnen roten Rose in einer Kristallvase. Daran gelehnt ein Zettel mit der schlichten Botschaft: »Du warst wunderbar.« Ich komme mir vor wie in einer Szene aus einem schlechten Liebesroman. Ich stöhne erneut. Ich habe nur vage Bilder dieser Nacht im Kopf, aber ich erinnere mich an Sex, viel Sex und den Geschmack von Blut, berauschender als Wein.
Du warst wunderbar. Nein, das ist keine kitschige Liebesgeschichte, das ist ein schlechter Gruselroman mit dem ausschweifenden Vampir, seinem begierigen Schützling und allem Drum und Dran.
Ich berühre den Zettel. Sehr begierigen Schützling, wie mir scheint. Vorsichtig streiche ich mit den Fingern über meinen Hals, aber da ist nichts zu spüren. Habe ich daran gedacht, dasselbe für Avery zu tun?
Ich schwinge die Beine über die Bettkante. Das bekomme ich zu spüren. Ich bin wund und aufgescheuert, und als ich losstolpere, um das Bad zu suchen, frage ich mich, ob Avery mit ähnlichen Problemen kämpft. Die Vorstellung, dass dieses uralte, mächtige Wesen heute auch ein bisschen wund und empfindlich sein könnte, bringt mich zum Lächeln. Wo sind meine Klamotten?
Ich finde die Lösung, als ich die Badezimmertür öffne. Mein Kleid ist sorgfältig auf einen Kleiderbügel gehängt worden, meine Unterwäsche liegt säuberlich gefaltet auf dem Rand der Badewanne. Die Wanne ist sehr groß, mit Düsen, ein wahrer Whirlpool, und etliche dekorative Flaschen versprechen parfümierte Badefreuden. Ich erliege der Versuchung.
Ich aale mich in einem nach Jasmin duftenden Sprudelbad, als mich die erste Dosis Realität trifft.
Max. Was habe ich getan? Ich lasse mich tiefer ins Wasser sinken.
Ich wollte Max beschützen,
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