FreeBook Todesschwadron von Lissabon - EU Undercover Bd 1
Prolog
Joao sah die Sterne blinken. Sie strahlten genauso hell wie in seiner Heimat
Angola. Der junge Schwarze blinzelte irritiert. Er hatte seine Flucht kurz unterbrochen,
um Atem zu schöpfen. Joao legte den Kopf in den Nacken.
Ja, die Himmelskörper konnte man klar erkennen. In dieser Nacht hatte sich
der Dunst- und Smogschleier über der portugiesischen Hauptstadt Lissabon
weit genug gehoben. Eine frische Brise vom Atlantik her sorgte für Kühle.
Plötzlich flammten Scheinwerfer auf!
Der siebzehnjährige Schwarze wurde erneut von der Panik gepackt. Einige
Momente lang hatte er sich eingeredet, seine Verfolger wären von seiner
Fährte abgekommen. Aber das war nur Wunschdenken gewesen.
Joao war kein Engel. Er hatte gestohlen, geraubt und geprügelt, seit er
vor einem Jahr nach Portugal gekommen war. Aber er hatte niemals einen Menschen
getötet. Doch in dieser Nacht wurde er gejagt wie ein Massenmörder.
Joao wusste, dass er vor keinem Gericht landen würde. Das Strafmaß
stand ohnehin fest, wenn seine Richter ihn erwischten.
Die Todesstrafe.
Doch noch hatten sie ihn nicht in ihren Klauen. Joao wollte kämpfen bis
zum letzten Atemzug. Er wusste nicht, wer diese maskierten Männer in schwarzem
Leder waren, die ihm ans Leben wollten. Es spielte auch keine Rolle für
ihn. Sie hatten schon einige von seinen Freunden getötet, und zwar brutal
und rücksichtslos. Das war alles, was Joao wissen musste.
Er tat nun das, was er in seinem jungen Leben schon erstklassig gelernt hatte
– nämlich davonzulaufen. Die Autoscheinwerfer griffen wie riesige
Geisterfinger nach ihm. Joao war unten am Hafen, unweit des Doca da Alcántara.
Er sprang über die Bahngleise, hinter denen das trübe Wasser des Rio
Tejo im Mondlicht glitzerte. Hier unten war um diese Zeit keine Menschenseele,
außer ihm selbst und seinen Verfolgern natürlich.
Aber – waren es überhaupt Menschen, die hinter ihm her jagten? Joao
war abergläubisch. Er trug ein Amulett um den Hals, das ihn vor dem bösen
Blick beschützen sollte. Gegen diese Dämonen in schwarzem Leder war
das Schmuckstück allerdings leider machtlos. Jedenfalls verkürzten
sie den Abstand zu Joao. Der Junge konnte so schnell rennen wie er wollte –
der Geländewagen mit 4-Wheel-Drive würde ihn immer einholen können.
Joao schlug einen Haken. Er sprang an einem Maschendrahtzaun hoch, kletterte
katzengleich über das Hindernis hinweg. Er spürte kaum, wie der Stacheldraht
auf der Krone ihm die Haut aufriss. Was waren diese kleinen Wunden im Vergleich
zum sicheren Tod, der ihm bevorstand, wenn er sich erwischen ließ?
Auf der andere Seite des Zauns sprang Joao wieder herunter. Er gestattete sich
einen Blick über die Schulter. Der Wagen war mit quietschenden Bremsen
vor dem Maschendrahtgitter zum Stehen gekommen.
Eine Welle der Erleichterung durchströmte Joaos mageren Körper. Er
genehmigte sich sogar ein selbstbewusstes Grinsen und zeigte seinen Verfolgern
den Mittelfinger. Aber lange hielt er sich nicht auf. Joao machte sich zwischen
einigen Containern aus dem Staub. Zu spät wurde ihm bewusst, dass er seine
Gegner unterschätzt hatte.
Plötzlich erschienen vor ihm einige dunkle Gestalten. Sie hielten lange
Rohre oder Stöcke in den Fäusten. Joao biss sich auf die Unterlippe.
Er drehte sich um. Aber auch hinter ihm kamen zwei oder drei Maskierte auf ihn
zu. Der junge Afrikaner befand sich in einer schmalen Gasse zwischen zwei Containern.
Es war unmöglich, zu entkommen.
Joaos verzweifelter Schrei ertönte. Doch das flehende Geräusch wurde
zu einem Gurgeln, als die ersten Hiebe mit den Eisenstangen seinen Körper
trafen. Joao fiel in einen Abgrund der Schmerzen, bis eine gnädige Ohnmacht
ihn erlöste. Dass er starb, bekam er gar nicht mehr mit.
Die Sterne leuchteten immer noch über dem Rio Tejo, als ob nichts geschehen
wäre. Vielleicht lag es daran, dass solche nächtlichen Ereignisse
in Lissabon nicht selten waren.
1. Kapitel
Der Himmel über Wiesbaden war wolkenverhangen. Kriminaloberkommissarin
Lisa Janowsky schaute missmutig durch die Kantinenfenster des Bundeskriminalamtes
nach draußen. Dann wandte sie sich wieder der Kriminalkommissarin Jasmin
Brunner zu. Lisa schob ihre Salatschüssel weg.
»Mir ist der Appetit vergangen. Dieser miese Gurkensalat passt wirklich
erstklassig zu dem Tag, an dem du fortgehst.«
Jasmin versuchte zu lächeln, was ihr nicht ganz gelingen
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