Anschlag auf die Achterbahn
schmalen Wohnwagentisch, dass das Geschirr schepperte. Von dem
heftigen Gefühlsausbruch überrascht, sah Gunnar Steppke, ihr heimlicher Freund,
sie fragend an.
»Was regst du dich denn
plötzlich so auf, mein Engelchen? Das Problem hat sich doch schon bald
erledigt.«
»Trotzdem!« Rita Möller war in
ihrem Element. »Stefan hier, Stefan da! Er behandelt seinen Sohn besser als
mich. Dabei gibt er vor, noch nie so einer bezaubernden und attraktiven Frau
wie mir begegnet zu sein. Und dann faselt er noch was von Liebe\« Ihre
Augen blitzten eiskalt. »Stefan Rüter hat gestern von ihm einen DVD-Rekorder
geschenkt bekommen. Natürlich nagelneu!«
Gunnar Steppke machte ein
gelassenes Gesicht. »Was schert uns das, mein Täubchen? Bald kannst du dir
Hunderte DVD-Rekorder leisten.«
»Darum geht es nicht!« Jetzt
war Rita Möller nicht mehr zu bremsen. »Er stopft den Jungen mit allem
erdenklichen Hightech-Schnickschnack zu und ich kriege nur hin und wieder einen
kleinen Happen von ihm zugeworfen.«
»Einen kleinen Happen?« Steppke
blickte interessiert auf. »Was verstehst du darunter?«
»Letzten Monat hat er eine
Perlenkette springen lassen. Die war aber nicht viel wert«, erklärte Rita
Möller ihre Aussage genauer.
»Woher weißt du das?«, hakte
Gunnar Steppke neugierig nach.
Rita Möller griff nach einem Päckchen
Zigaretten und steckte sich einen Glimmstängel an. Genüsslich zog sie daran.
»Ich habe sie
selbstverständlich gleich schätzen lassen. 400 Euro. Abgekauft hätte sie mir
der Juwelier aber nur für 200.« Sie stieß den blauen Qualm aus.
»Rauch nicht so viel, mein
Engelchen. Damit schadest du nur deiner Gesundheit«, warf ihr Liebhaber
dazwischen.
»Wenn wir die Sache hinter uns
gebracht haben, höre ich auf. Das verspreche ich dir.« Verschwörerisch
blinzelte sie Gunnar Steppke zu. »Das tu ich aus lauter Liebe zu dir. Und jetzt
küss mich!« Sie spitzte die Lippen, als wollte sie die Luft küssen.
Gunnar Steppke erhob sich von
seinem Stuhl und näherte sich seiner Geliebten. In diesem Moment ertönte vor
dem Wohnwagen eine rufende Stimme: »Rita-Liebling!«
Rita Möller verdrehte die
Augen. Dann trat sie vorsichtig neben das Wohnwagenfenster und warf einen
Seitenblick durch die halb geöffnete Jalousie.
»Du brauchst gar nicht nach
draußen zu linsen, ›Rita-Schätzchen‹. Wer da nach dir ruft, erkennt man schon
an der Stimme: dein Lover«, bemerkte Gunnar Steppke schnippisch.
»Ich würde ihn eher als mein
›Portemonnaie auf zwei Beinen‹ bezeichnen«, erwiderte die Gesuchte kalt. »Aber
das hat ja bald ein Ende. Dann bin ich auf seine Kohle nicht mehr angewiesen
und unserem Glück steht nichts mehr im Weg.«
»Rita-Schätzchen!«, erklang es
von draußen erneut.
Jetzt wurde Gunnar Steppke
sichtlich nervös. »Du solltest besser zu ihm gehen. Es wäre ungünstig, wenn er
dich in meinem Wohnwagen antrifft. Gerade jetzt — kurz vor Ultimo — sollten wir
das Schicksal nicht unnötig herausfordern.«
»Einen Moment!«, zischte Rita
Möller. Sie warf noch einen kurzen Blick durch die Jalousie, daraufhin wandte
sie sich Gunnar Steppke zu. »Jetzt ist er wieder in seinen Wohnwagen gegangen.
Die Luft ist rein.« Sie leerte den Rest aus ihrem Kaffeebecher und zupfte ihr
Kleid zurecht. »Also, mein Bärchen, dann gehe ich jetzt wieder rüber. Aber auf
einen Kuss bestehe ich.«
»Sollst du haben, mein
Engelchen!« Gunnar Steppke zog seine Flamme an sich und gab ihr einen dicken
Schmätzer. »Weißt du, was mir an unserer Beziehung so gefällt?«
»Na?«, raunte Rita Möller ihm
zu.
»Sie hat was Explosives an
sich«, flüsterte er augenzwinkernd.
Jetzt zeichnete sich zum ersten
Mal ein Lächeln auf Rita Möllers Gesicht ab. Es hatte dennoch etwas Hämisches
an sich.
»Und das im wahrsten Sinne des
Wortes!«
Im Gehen warf sie ihm noch
einen Kuss zu, bevor sie den Wohnwagen verließ.
Draußen, auf der hinteren Seite
des Jahrmarktplatzes, wo all die Wohnwagen der Schausteller standen, war es an
diesem Vormittag noch recht ruhig. Die Fahrgeschäfte, Fresstempel, Schieß-,
Wurf- und Losbuden waren für den morgigen Eröffnungstag längst aufgebaut,
sodass heute sozusagen noch Urlaub angesagt war. Zu Werner Rüters Wohnwagen
waren es nur wenige Schritte. Als Rita Möller das Domizil betrat, setzte sie
ihr süßestes Lächeln auf.
»Da bist du ja, mein Schatz«,
begrüßte sie Stefans Vater liebevoll. »Ich habe mir schon Sorgen gemacht.«
Rita Möller trat an Herrn Rüter
heran
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