Ansichten eines Hausschweins - Neue Geschichten ueber alte Probleme
nicht zu gönnen bereit war. Er sei hinterher auch erfreulich deprimiert gewesen wegen seiner erfolglosen Bemühungen.
Als sie in den folgenden Wochen mit Freundinnen sprach, erfuhr sie, dass so etwas alle Tage vorkommt. Eine verheiratete Freundin habe berichtet, dass sie, worüber sie sich keineswegs beklage, recht schnell und problemlos zum Höhepunkt gelange. Ihr Mann aber stelle kurz danach all seine Bemühungen um sie ein, weil Männer, wenn sie etwas erledigt haben, diese Sache gern abhaken und sich der nächsten Aufgabe zuwenden. Seit sie jedoch ihren Orgasmus vertusche, lasse ihr Mann, der ein Perfektionist und sehr ehrgeizig sei, stundenlang nicht mehr von ihr ab, was ihr natürlich eine ganze Weile lang gefalle, bis sie endlich dann doch genug habe und ihm, lange nach dem echten Eintritt des Ereignisses, einen Orgasmus vorspiele.
Da hatte ich die Idee für den Titel mit lauter Frauenporträts – von Fürstin Gloria über Alice Schwarzer bis Veronica Ferres – und dem schräg gedruckten Titel: »Ich habe vertuscht!«
Nun fühlte ich mich in dem Gespräch gedrängt, ebenfalls etwas Intimes preiszugeben. Ich gestand, dass ich in der Toilette einer Autobahnraststätte, zum ersten Mal seit vielen Jahren und ohne Kaufabsicht, einen Kondomautomaten betrachtet hatte.
Dabei fiel mir ein Produkt auf, das »Travel Pussy« hieß, drei Euro kostete und bei dem es sich offenbar um eine Nachbildung der weiblichen Intimzone für eilige Reisende handelte. Es gab, zum gleichen Preis, übrigens auch einen Einwegvibrator. Statt an diese Entdeckung kulturpessimistische oder zivilisationskritische Betrachtungen zu knüpfen, habe ich, als der Neugierde verpflichteter Journalist, in meinem Computer den Begriff »Travel Pussy« gegoogelt. So fand ich heraus, dass es bei dem Internethändler Amazon, neben den Schriften von Spinoza, der Hildegard von Bingen oder auch meinen eigenen Werken, »Travel Pussys« zu kaufen gibt, und zwar für vier Euro, versehen mit dem Hinweis, dass Kunden, die diesen Artikel erworben haben, überdurchschnittlich häufig ebenfalls den Film Batman Begins kaufen.
Über Playboys
Mir träumte, ich sei alt, über achtzig. Ich war berühmt, hatte viel Geld und ein großes Haus. Und ich hatte sieben Freundinnen! Sie wohnten alle in meiner Villa, sahen alle gut aus, sie waren sexy. Wenn ich eine neue Freundin brauchte – klar, manchmal verließ mich eine, dann schickte ich die verbleibenden Freundinnen los, damit sie eine nette neue Kollegin suchten. Meine Kriterien kannten sie ja.
Ich habe jeder Freundin viertausend Euro im Monat bezahlt, bar, also netto, sie bekamen von mir ein Auto, dazu Kleider und Kosmetika, so viel sie wollten. Wenn sie glaubten, eine Schönheitsoperation nötig zu haben, Nase, Busen, Bauch, kein Problem, ich zahlte. Sie hatten alle ihr Zimmer und waren frei, sie konnten treffen, wen sie wollten, ich war nicht eifersüchtig. Sie sollten nur abends um einundzwanzig Uhr zu Hause sein, zumindest die meisten von ihnen, weil ich nicht gern im Haus alleine bin. Mein Butler brachte ihnen Essen und Getränke.
In der Küche wollte ich die Freundinnen nicht haben, die Küche war meine Rückzugszone.
Die Zimmer im Haus waren ziemlich heruntergekommen. Sie waren schmutzig, die Teppiche waren seit einer Ewigkeit nicht mehr gesaugt worden. Die Möbel waren billig und abgewetzt. Irgendwie mochte ich das. Ich war, glaube ich, recht schrullig und ein Gewohnheitstier, wie die meisten Männer. Im Haus trug ich immer Schlafanzug. Immer. Ich habe immer im Bett gegessen und immer dieselben Filme auf DVD angeschaut, so zwanzig, dreißig Filme, meiner Ansicht nach die besten Filme der Geschichte.
Montags ging ich immer für einen Drink in eine ganz bestimmte Bar, es war immer dieselbe, auch am Dienstag, und am Mittwoch, ich ging immer am gleichen Wochentag in die gleiche Bar. Nur donnerstags ging ich immer mit meinen sieben Freundinnen essen, das Restaurant durften natürlich sie aussuchen. Aber ich habe in den Restaurants immer das Gleiche gegessen, mein Lieblingsgericht, Lammkoteletts in grüner Senfsoße.
Manchmal bin ich mit den sieben Freundinnen zu einer Party gegangen, um anzugeben. Ich bin aber immer nur eine halbe Stunde geblieben, bis alle gesehen hatten, dass dieser alte, nicht sehr attraktive Typ mit sieben schönen Freundinnen aufgekreuzt ist. Dann ließ ich mich und die Freundinnen wieder nach Hause fahren, zog meinen Schlafanzug an und schaute mir im Bett, alleine, einen meiner
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