Kopernikus 3
Robert Thurston Umarme den Sämann
SEEDPLANTER
Hör dir die Geschichte vom Sämann an, solange du noch jung und eifrig bist. Er hat vielleicht wirklich einmal gelebt, andererseits möglicherweise auch nicht. Es kann sein, daß er jetzt gerade irgendwo auf der Welt lebt, vielleicht ist er aber auch in einer Zeit, in die du einmal reisen wirst.
Ich habe über ihn nur Bruchstücke von Informationen. Niemand weiß über ihn wirklich Bescheid, und ich glaube, alles, was man über ihn hört, sind nur Andeutungen und vage Vermutungen. Ich aber glaube an ihn. Ich stelle ihn mir zum Beispiel als biederen kleinen Landarzt aus den Tagen vor, in der Zeitreise noch nicht möglich war. Ich sehe ihn vor mir als einen der ersten Zeitreisenden. Er hat seinen Antrag sauber ausgefüllt und sieht für jedermann wie ein Mensch aus, der es niemals wagen würde, in einer von ihm besuchten Zeitperiode auch nur einen Stein in seiner Ruhe zu stören. Ich kann mir vorstellen, wie er seine Augen zusammenkneift, bevor er den ersten Schritt in eine andere Zeit tut, sich dabei aber freut, daß er jetzt endlich nichts mehr sauber auszufüllen braucht.
Der Sämann reiste durch die Zeitalter und wurde zum Ca sanova des Zeitenflusses. Zeitenfluß, was für ein hübsches Wort! Ich stelle ihn mir vor, wie er mitten im Zeitenfluß sitzt und sich die Waden von seinen Gewässern überspülen läßt. Wenn du das erst einmal selbst mitgemacht hast, weißt du schon, was ich damit meine.
So wie ich es sehe, hat er sein Glück zuerst in der Vergangenheit versucht, Frauen aus verschiedenen Zeitaltern, aus verschiedenen Altersgruppen und verschiedenen Entwicklungsstufen ausprobiert. Mit Wonne ist er mit ihnen ins Bett gegangen. Für Forschungszwecke, mag er sich selbst gesagt haben. Forschung spielte dabei keine Rolle.
In vorgeschichtlicher Zeit fand er die einzige zartgliedri ge und sanfte Frau unter ihren massigen und keulenschwingenden Geschlechtsgenossinnen.
Sie schaute ihn seltsam an, als er sie langsam auf die Liege aus frisch geschnittenen Blättern drückte. Er lachte leise und sagte: „Du würdest das nie verstehen, selbst wenn du die Worte kennen würdest, aber – ich habe mir immer Mühe gegeben, der größte sexistische Chauvinist aller Zeiten zu sein.“ Er freute sich an der Ehrfurcht, die sie beim Klang seiner Worte zeigte. Als sie sich dann liebten, reagierte sie auf seine Techniken mit kleinen Schreien von Vergnügen und Erstaunen, und er kam im stillen zu dem Ergebnis, daß die Sex-Handbücher, die er sich angeschafft hatte, ihr Geld wahrscheinlich wert gewesen waren. Später, als er für alle Ewigkeit verschwunden war – oder auch in die Ewigkeit –, versuchte sie, ihn den anderen Frauen der Horde zu erklären. Was sie davon verstanden, brachte sie dazu, von ihr ängstlich abzurücken. Sie war sowieso immer ungewöhnlich gewesen. Sie sah ihnen nach und berührte in dem Versuch ihren Körper, selbst zu verstehen. Bis zu ihrem Tod kurze Zeit darauf war sie von der Gemeinschaft der Horde ausgeschlossen, weil sie sich mit einem Gott verbunden hatte.
Im Mittelalter war es eine dralle Bäuerin, deren rauhes Französisch für seine durch Berlitz geschulten Ohren unverständlich war.
Als er sie das erste Mal traf, war er zur gleichen Zeit angezogen und abgestoßen von ihr. Unter ihren Pockennarben verbarg sich eine atemberaubende Schönheit, ihr fast verbrauchter Körper atmete einen Hauch von Wollust, die bedrohliche Möglichkeit einer Krankheit, für die es in seinem Zeitreisenden-Erste-Hilfe-Kasten keine Heilungsmöglichkeit gab. Nachdem sie damit fertig war, ihn anzubrüllen, behandelte sie ihn mit einer bizarren Arroganz. Die Art, wie sie immer wieder aus dem Fenster der Hütte hinausschaute, brachte ihn zu der Vermutung, es würde bald ein Mann heimkommen – vom Feld, vom Schloß, vom Markt, vielleicht von einem Kreuzzug. Als er sich auf sein Ziel mit einer vorbeugenden Salbe vorbereitete, die vom Zeitreisedienst gestellt wurde, beobachtete sie ihn mit einem Interesse, das geradezu wissenschaftlich wirkte. Er hatte Verlegenheit erwartet. Na ja, manchmal wurde sie ja rot und lachte seltsam, aber sie beobachtete ihn ständig. Wenn das Verlegenheit war, dann war sie nicht ganz und gar mittelalterlicher Art. Auf der anderen Seite schrie sie und landete sogar einen heftigen Schlag in seinem Gesicht, als er versuchte, ihr die rauhen Kleider auszuziehen, was sowieso als Aufgabe schon schwierig genug war. Sie deutete auf einen Schrein
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