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Ansichten eines Klaus - Roman

Ansichten eines Klaus - Roman

Titel: Ansichten eines Klaus - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael-André Werner
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auch noch da.«
    »Lass das nicht den Chef hören«, Sarah lacht.
    »Der – war – gut.« Armin boxt mir auf die Schulter, weil ihm offenbar die Lust an kumpelhaftem Körperkontakt mit Sarah vergangen ist.
    »Nee«, sage ich, »der war nicht gut. Nichts für ungut, Sarah.«
    »Schon okay.«
    »Und nun?«, frage ich Sarah.
    »Nichts nun«, sagt sie. »Ich wollt’s nur sagen.«
    »Mach dir nichts draus«, meint Armin. »Andere Frauen hatten noch viel länger keinen Sex als du.Manche sogar gar keinen. Nonnen zum Beispiel. Oder Lesbierinnen.«
    »Wat?«, Sarah nimmt Anlauf, um Armin über den Tisch hinweg doch eine runterzuhauen.
    »Na, ist doch irgendwie nicht dasselbe, das musst du zugeben. Sag doch auch mal was«, sagt er zu mir.
    »Ich halt mich da raus«, sage ich, »möchte aber daran erinnern, dass ich im Zweifel hier auch das Hausrecht ausüben kann.« Dann werfe ich zur Abwechslung mal wieder einen Blick zur Uhr. In einer halben Stunde werde ich mich hinter den Tresen stellen und geschäftig herumhantieren und souveräne Autorität verbreiten. Ist allerdings nicht damit zu rechnen, dass die junge Dame pünktlich ist.
    »Ich hab jetzt nen Job«, sagt Armin. Sein Standardsatz, den er alle vier bis sechs Wochen sagt. Und das Schlimme daran ist, dass er sogar stimmt. Armin hat alle vier bis sechs Wochen einen neuen Job. Meist sind es zwar nur zeitlich befristete Beschäftigungen wie Weihnachtsmannspielen auf dem Weihnachtsmarkt oder Zettelverteiler auf der Straßenkreuzung. Der Rest der Gründe, weshalb er den jeweiligen Job nicht mehr hat, klingt dann wie frisch aus dem Arbeitgeber-Handbuch »Wie werde ich meine Belegschaft los« und fängt an bei: »Der Typ hat mir gekündigt.« Dann geht’s weiter mit: »Das war nichts für mich, da hab ich gekündigt.«, »Die Firma ist pleite.«, »Mein Chef sitzt im Knastund sie haben den Laden geschlossen.«, »Der hatte gar keine Aufgabe für mich, ich hab da nur rumgesessen.«, »Die Kolleginnen haben mich voll gemobbt.«, »Unsere Lagerräume sind abgebrannt.«, »Das war eine Briefkastenfirma.«, »Der Chef ist geflüchtet.«, »Der Chef ist gestorben, und Bücher hat er nicht geführt, war alles in seinem Kopf.«, »Gestern früh komme ich hin, da reißen sie das Haus ab.«, »Der Typ hat gar keine Abgaben für mich gezahlt, ich hab also, ohne es zu wissen, zwei Monate schwarz gearbeitet, und dann kam ne Razzia.«, »Der Chef war gar nicht der Chef, und als der richtige Chef aus dem Urlaub kam ... ich meine, der durfte uns eigentlich gar nicht einstellen.«, »Der Eigentümer starb und hat die Firma an den Tierschutzbund vererbt.«, »Das war ein Laden von der russischen Mafia, die haben da Leichen verschwinden lassen.«, »Natürlich hab ich beim Einstellungsgespräch gesagt, dass ich Serbisch und Polnisch kann, aber wie soll ich denn da ahnen, dass ich das dann wirklich sprechen muss?«, »Fundraising, Fundraising. Die haben uns betteln geschickt.«, »Kann ich doch nicht wissen, dass sich dahinter ein Puff für Männer versteckt, also für Frauen.« – »Na, das muss doch der Traumjob für dich gewesen sein.« – »Aber der Leistungsdruck.«
    Hinter mir ruft jemand meinen Namen – wie der neue Job von Armin nun aussieht, hab ich nichtmitgekriegt –, Sarah tippt mir auf die Schulter, zeigt zum Tresen und sagt: »Dein Typ wird verlangt.« Ich dreh mich um. Rolf winkt und zeigt der hoch aufgeschossenen jungen Frau in Jeans und zu weitem T-Shirt, die neben ihm steht, wo ich sitze. Dann deutet er auf die junge Frau und ruft: »Hier, Besuch für dich.«
    »Entschuldigt mich«, sage ich und stehe auf. Armin ruft mir ein anerkennendes und aufmunterndes »Hehee« nach, das nicht so wohlmeinende Menschen wie ich es vielleicht als anzüglich empfinden würden. Hinter mir höre ich ein leises »Aua«.
    Wusste ich doch, dass sie nicht pünktlich ist, denke ich und gebe ihr die Hand: »Hallo«. Ich bin gespannt, was die ersten Worte der jungen Frau sind. Mama? Papa?
    »Ich bin ein bisschen früh«, sagt sie, fast entschuldigend und mit einem Lächeln, als sei ihr das peinlich. Links und rechts von ihrem Mund bilden sich zwei kleine Grübchen. Was will man mehr. Pünktlichkeit und Grübchen. Okay, Sie haben den Job.
    »Haben Sie denn schon mal gekellnert?«, frage ich stattdessen. Nur so, wir haben ja schon telefoniert vor ein paar Tagen und alles Wichtige besprochen: Lohn, Arbeitszeiten. Aber ich stell mich mal dumm. Oder vergesslich.
    »Im Fischeck, im Schulzs und in der

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