Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ansichten eines Klaus - Roman

Ansichten eines Klaus - Roman

Titel: Ansichten eines Klaus - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael-André Werner
Vom Netzwerk:
sage ich, »in Berlin heißt das Sonnabend. Egal, was die Schwaben dazu sagen.«
    »Ich bin nicht aus Schwaben«, sagt Manuela und steht auf.
    »Schön«, antworte ich und sehe zu ihr hoch.
    »Ich kann dich zur U-Bahn begleiten«, bietet Armin sich an und versucht, Manuela zu helfen, in die Jacke zu kommen, obwohl sie schon drin ist und es außer etwas Rumzupfen nichts mehr zu helfen gibt für ihn.
    »Ich bin mit dem Rad da«, sagt sie. »Tschüss.« Dann ist sie weg.
    »Tja«, sagt Armin und blickt ihr nach.
    »Ey«, sage ich zu ihm. »Lass die Frau hier in Ruhe arbeiten, sonst stell ich nur noch Männer ein.«
    »Au ja!«, seufzt Sarah.

EIN PAAR JAHRE ZUVOR
    »Weißt du eigentlich«, sagt Beate, als sie mir eine handgetöpferte Tasse mit Tee hingestellt und sich selbst gesetzt hat, »weißt du eigentlich, dass sich Alexander und Ilka getrennt haben? Endlich!«
    Wir sitzen in ihrer Küche, dritter Stock mit Blick auf den grünen Hinterhof, eigentlich nur mit Blick in einen grünen Baum, Kastanie vermutlich. Kastanie, der beliebte Hinterhofbaum, der im nächsten Frühjahr wieder von der beliebten Miniermotte befallen wird. Die oberen Fenster stehen offen. Draußen ist Sommer. Hier drinnen ist es kühl, was kein Kunststück ist bei Altbau. Die Wände sind unverputzt, aber weiß gestrichen. Die Möbel aus Holz, kein Plastik zu sehen, Metall nur in Form von Küchenutensilien.
    Ich sage »Aha« oder »Soso« oder »Das ist ja interessant«. Der Tee duftet, kein Teebeuteltee, sondern eine eigene Mischung aus mindestens drei, vier verschiedenen losen Tees aus dem Bioladen um die Ecke, irgendwas mit Minze rieche ich und vielleicht Bergamotte, der Rest entzieht sich meinem olfaktorischen Wissen. Ich muss mich da nicht auskennen. Beate kennt sich da sehr gut aus, auch ohne eine alte Kräuterhexe zu sein. Sie ist einebewusst lebende Frau. Und eine gute alte Freundin. Wir kennen uns seit Jahrhunderten – woher, wissen weder sie noch ich. Wir haben mal einen Abend lang überlegt, wie und unter welchen Umständen wir uns kennengelernt haben könnten, sind Freunde, Bekannte, Arbeitskollegen, Partys durchgegangen – und kamen zu keinem Ergebnis. Das Früheste, was in unseren Erinnerungen auftauchte, war ein Tisch in einer Kneipe mit Freunden drumrum, »Aber nein«, sagte Beate, »das war mein Geburtstag, da muss ich dich eingeladen haben, also müssen wir uns schon gekannt haben.« Wahrscheinlich gibt es den Punkt Kennengelernthaben gar nicht bei uns, wir haben uns nie kennengelernt, wir kennen uns einfach und sind befreundet. Die Frage, wann wir uns angefreundet haben, lassen wir mal ganz tief in der Kiste, und die Kiste bleibt zu. Aber seltsamerweise haben wir gemeinsame Freunde und Bekannte. Andere würden es Schicksal nennen, aber Beate ist nicht esoterisch und ich lese keine Horoskope. Es ist eben so. Und es ist so, dass einer der gemeinsamen Bekannten Alexander ist. Der Bruder meiner besten Freundin ist zugleich ein Kollege jenes Menschen, der mit der besten Freundin meiner Freundin verlobt ist. Oder verlobt war, denn Ilka hat sich ja von ihm getrennt.
    »Aha.« Ich überlege kurz, ob Beate auch auf der Verlobungsparty war. Es fällt mir nicht ein. Dafür fällt mir was anderes ein. »Aber die sind dochgerade erst zusammengezogen«, sage ich, und das klingt sofort sooooo naiv, dass es selbst mir auffällt. Ist doch egal, ob und wann jemand zusammengezogen ist. Ich kenne Pärchen, die waren seit der Ausbildung zusammen, haben Jobs in derselben Firma gefunden, haben im selben Großraumbüro gearbeitet, und als er ihr dann den Heiratsantrag gemacht hat, hat sie natürlich zugesagt, obwohl sie sich schon am Tag zuvor in einen anderen Kollegen verkuckt und das mit dem Heiraten irgendwie scheiße gefunden hatte. Hat sie natürlich nicht gesagt, sondern gedacht: Ach, das wird schon, und die Sache durchgezogen. Die halbe Firma war eingeladen, kein Vierteljahr später hat sie die Scheidung eingereicht und ist mit dem anderen Kollegen zusammengezogen. Hat alles nichts zu bedeuten. Die Party bei Alexander ist jetzt wann gewesen? Vor zwei Monaten? Vor nem Vierteljahr?
    »Tja«, sagt sie und zuckt mit den Schultern. Eigentlich interessiert es mich auch nicht, ich besuche Beate ja, um zu erfahren, wie es ihr geht, nicht, wie es Alexander geht.
    Die Kleine kommt angelaufen, rempelt gegen meinen Stuhl und kommt vor ihrer Mutter zum Stehen. Die Kleine ist eigentlich die Große, seit die andere Kleine da ist, die richtig klein ist. Die

Weitere Kostenlose Bücher