Ansichten eines Klaus - Roman
aufpassen«, wende ich mich zu Manuela, »er ist sehr – einsam.«
»Einsamer sucht Einsame«, meint Armin, »zum ...«
»Lass es!«
»Und mittelmäßig im Bett«, fügt Sarah hinzu. »Und das ist geprahlt.«
»Ey! Hört ihr mal auf!«
»Keine Angst«, sagt Manuela zu Sarah. »Er ist mir sowieso ein bisschen zu alt.«
Armin seufzt. »Na, super.«
»Ist nicht bös gemeint«, tröstet ihn Manuela, »ist halt so.«
Armin dreht sich zu Rolf um und bestellt noch ein Bier. »Ein großes. Ick sauf ma heute zu.« Rolf wartet einen Moment, ich nicke, Rolf nickt zurück. »Die ist gut, die Kleine«, sagt Armin dann zu mir, »macht alle Männer unglücklich und kurbelt den Umsatz an.«
»Jaja, nicht nur konsumieren. Auch zahlen«, erinnere ich ihn.
»Ich hab doch jetzt nen Job. Hab ich doch erzählt«, sagt er.
»Hast du nicht«, sagt Sarah. »Du hast nur erzählt, dass du einen Job hast, aber nicht, was für einen.«
»Ich glaube das sowieso erst, wenn ich Geld sehe«, sage ich, »oder deinen Arbeitsvertrag.«
»Ich glaube Ihnen. Ich hab auch nen neuen Job«, sagt Manuela. »Wir Neujobber müssen zusammenhalten. Was machen Sie denn?«
»Jetzt siezt sie mich auch noch«, sagt Armin. »Ich könnt heulen. Heute ist der schlimmste Tag in meinem Leben.«
»Nun erzähl schon«, sagt Sarah. »Um welche Art der beruflichen Betätigung zwecks Beschaffung des Lebensunterhalts handelt es sich?«
»Also«, fängt Armin nach einem langen Luftholen an und wird sofort von Rolf unterbrochen, der ihm ein Bier vor die Nase stellt, von dem natürlich zuerst einmal getrunken werden muss. »Also. Sandwichman, sagt euch was, oder?«
»Na, hier so Subway, anderen Leuten belegte Brote zubereiten«, meint Manuela.
»Ist sie nicht süß? Nein, nein, nein. Ein Sandwichman war im Amerika der zwanziger Jahre ein Mann oder ein Junge, der mit Werbung rumgelaufen ist. Vorne ne Tafel, hinten ne Tafel, dazwischen der Mann. Sandwich eben. Das kennt ihr doch, von alten Bildern.«
Ja, kenn ich, denk ich und wünsche mir, Armin würde etwas weniger verschwenderisch mit seinen Kunstpausen umgehen.
»Und das ist Ihr neuer Job?«, fragt Manuela, es klingt etwas enttäuscht. Aber was hat sie erwartet? Kugelputzer auf dem Berliner Fernsehturm? Gut, sie kennt Armin nicht, da fällt es einem nicht schwer, enttäuscht zu sein.
»Ja, nur viel, viel besser. Ohne die blöden Tafeln vorn und hinten. Ich hab ein richtiges Kostüm. Bunt, groß, aus Schaumstoff ...«
Schön warm, geht es mir durch den Kopf.
»... und es ist nicht nur ein Kostüm. Es ist ein riesiges Sandwich. Mit Salat und Schinken, Käse, Tomaten und allem Drum und Dran. Sogar ein bisschen Mayonnaise quillt an der Seite heraus.«
»In echt?«, fragt Manuela.
»Aus Schaumstoff. Alles riesengroß und sieht total realistisch aus, sogar die Sesamkörner.«
Na, lass dich mal nicht anknabbern, denke ich.
»Du läufst als Sandwich uf Beene durch die Stadt?«, fragt Sarah kühl.
»Bei dir klingt das so negativ«, sagte Armin. »Und ich laufe nicht durch die Stadt, sondern stehe am Hauptbahnhof. Und ich kann mich hocharbeiten.«
»Zum Hamburger?«
»Bier, Kaffee, Schokoriegel, alles Mögliche, nein, das meine ich nicht. Auf Messen, da muss ich nicht draußen stehen, sondern laufe durch die Ausstellungshallen.«
... im schönen warmen Schaumstoffkostüm ...
»Es gibt auch Handys und lustige Maskottchen. Ein Kollege von mir ist jetzt für eine Woche als Marki gebucht.«
Keiner fragt: »Als was?«, was daran liegen mag, dass es niemanden wirklich interessiert. Im Film würde jetzt aus dem Off eine Grille zirpen.
»Als Marki«, sagt Armin, »das Maskottchen vom Märkischen Viertel. Ein Baum.«
Sarah lacht. »Das denkst du dir doch aus.«
»Nein, wirklich.«
»Gibt’s auch Prenzli vom Prenzl’berg? Oder Weddi, Spandi, Friedi?«
»Rütli, das Neuköllner Maskottchen. Ein Schaumgummispringmesser uf Beene.« Sarah lacht.
»Ach, ihr seid doof. Ich hab jetzt jedenfalls ’nen Job. Und den behalt ich auch. So!« Er trinkt aus und steht auf. »Und darum gehe ich jetzt, ich muss morgen nämlich früh raus. Ich steh ab acht am Bahnhof. Ach so, falls ihr ein Sandwich wollt. Ich verteil Gratisgutscheine. Kommt einfach vorbei.«
»Machen wir«, sage ich und weiß, dass ich für uns alle spreche und niemand morgen am Bahnhof vorbeikommen wird.
»Ich muss auch«, sagt Manuela und zieht sich im Sitzen ihre kurze rote Lederjacke über. »Dann bis Samstag«, sagt sie in die Runde.
»Sonnabend«,
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