Antiheld - Thriller (German Edition)
Candy, fehlte ihm nämlich die nötige Kondition.
»Werden wir uns wieder sehen!?«
Diese Frage überrumpelte Andrew ziemlich. Erst wollte sie ihn um jeden Preis aus ihrem Laden raus haben und jetzt erhoffte sie sich ein baldiges Wiedersehen. Die Frau schien noch einsamer als er selbst zu sein. Dass es so was gab. Schier gedankenverlorenen wanderte sein Blick durch die Regalreihen mit dem pikanten In halt.
»Ich glaube eher nicht«, meinte Andrew, tippte an eine imaginäre Hutkrempe, schlug den Kragen seines Mantels hoch und trat abermals in die Hölle hinaus, durch deren schwarze Wolkendecke erste Lichtstrahlen stießen, was in Andrew ein wenig Hoffnung aufkeimen ließ. Womöglich würde der Abend doch nicht so be schissen werden, wie er zunächst dachte. Außerdem war morgen wieder ein neuer Tag. Keineswegs tröstlich, aber dennoch betäubend. Zumindest so lange, bis er wieder in die Höhle des Löwen treten musste.
Ohne einen Abschiedsgruß schnellte Andrew Johnson durch die schmutzigen Straßen. Vorbei an den Nutten, den Junkies und Mördern. Auf seinem Weg begegnete er zwei ineinander ver schlungenen Liebenden, einem minderjährigen Stricher, der sich einen Schuss setzte und einem Kerl, der gerade einem toten Mäd chen die Brüste abschnitt.
Zu Hause angekommen verjagte Andrew die bösen Bilder, die in seinem Kopf herum spukten, legte seine nasse Kleidung ab, wärmte das chinesische Essen vom gestrigen Tag in der Mikrowel le auf und ging ins Bad, um sich die Pulsadern aufzuschneiden. Doch wie bereits seit etlichen Jahren, fand er immer noch nicht den Mut dazu, es auch wirklich in die Tat umzusetzen.
Eventuell stimmte es ja, was seine Mutter ihm stets gepredigt hatte. Möglicherweise war er wirklich zu gut für diese Welt.
Claire Donovan
Dr. Albert Weinstein klopfte nachdenklich mit seinem Tinten schreiber gegen den Notizblock, der auf seinem Schoß lag. Nun waren schon geschlagene zehn Minuten vergangen und auf dem gelben linierten Papier stand immer noch nichts. Außer von einer kleinen Notiz abgesehen. › FOOTBALL ‹ prangte dort eingekreist in riesigen Buchstaben. Das Spiel durfte er auf keinen Fall verpassen, zumal er ein beträchtliches Sümmchen auf seine favorisierte Mannschaft gesetzt hatte.
Mitunter fiel Albert auf, dass absolute Stille im Besprechungsraum herrschte, was für den renommierten Psychologen ungewohnt war. Sonst saßen ihm heulende, schreiende, fluchende und flehende Seelen gegenüber, die auf Heilung durch seine erlösen den Worte hofften.
Flüchtig huschte sein Blick über den Rand seiner Brille hinweg, auf eine der beiden Personen, die diesmal Rat bei ihm suchten. Eine Frau und ihr Mann, wobei seine Aufmerksamkeit eher auf der Frau lag. Zwar versuchte er sich dagegen zu sträuben, doch schaffte er es einfach nicht seine Augen von ihr zu wenden. Insge heim beschämte es ihn.
Zu Hause wartete seine Yvette auf die Rückkehr ihres Gatten und was machte dieser!? Starrte lüstern irgendeine Blondine an, die in seine Praxis hinein spazierte. Wobei › irgendeine Blondine ‹ wohl die falsche Bezeichnung darstellte. Dieses Wesen, das da vor ihm saß war keineswegs als › irgendeine Blondine ‹ zu betiteln. In den Jahren, in denen er nun schon diese Praxis unterhielt, war Albert noch nie einem solch anmutigen Geschöpf begegnet. Wobei es auch etwas an ihr gab, was ihm zutiefst missfiel. Was, das wollte ihm partout nicht in den Sinn kommen.
»Nun Misses-«
»Miss«, unterbrach sie ihn in ruhiger Tonlage. »Ich bin nicht verheiratet.
Albert nickte beständig. Die Tatsache, dass sie ihren Lebensge fährten nicht einbezog, ließ ihn stutzig werden. Sie hätte genauso gut sagen können, dass sie beide nicht verheiratet seien, doch beließ sie es bei ihrer Person. Insgeheim tippte Albert auf Unstim migkeiten zwischen den beiden oder wie er es lieber ausdrückte, häusliche Gewalt.
Nur widerwillig löste Albert seinen Blick von der Schönheit und wandte sich dem Hünen zu ihrer Rechten zu. Einem zwei Meter Koloss mit schmalen Augen, aus dem purer Argwohn heraus blitzte. Sein monströser Schädel schmückte kurz geschorenes braunes Haar, wie man es von den Rekruten beim Militär ge wohnt war. Um seine mit Muskel bepackten Arme und Schultern spannte sich eine schwarze Lederjacke, die er mit seinen Ausma ßen fast schon zu sprengen schien. Die riesigen Pranken ruhten ineinander verschränkt auf seinem Schoß. Eine unbewusste Ab wehrhaltung. Keine Frage, die beiden waren
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