Die Visionen von Tarot
Vorbemerkung des Autors
Dies ist der zweite Band der Trilogie über Tarot, die insgesamt eine Viertelmillion Wörter umfaßt. Wenn sich dieser Teil auch um ein religiöses und gesellschaftliches Thema zentriert, so stellt er doch keine in sich abgeschlossene Geschichte dar, und wir hoffen, der Leser ist so interessiert, sich den ersten und dritten Band ebenfalls vorzunehmen. Der erste heißt Gott von Tarot (Moewig-SF) und es geht um die Art und Weise der Herausforderung; der dritte trägt den Titel Glaube von Tarot (Moewig-SF), und es geht um das Wesen der Hölle. Vielleicht sind ein paar Informationen über den ersten Band für diejenigen nützlich, die ihn noch nicht kennen:
Bruder Paul ist Novize im Heiligen Orden der Vision, einer liberalen religiösen Sekte, die es sich zur Aufgabe setzt, den Menschen zu bessern. Die Ordensobere, die Ehrwürdige Mutter Maria, schickt Bruder Paul auf eine Mission zum Planeten Tarot, damit er herausfindet, ob die Gottheit, die sich dort manifestiert, der dreieinige Gott ist oder nicht. Bruder Paul findet auf diesem Planeten zahlreiche schismatische Religionen vor, die oftmals im Streit miteinander liegen. Doch die Widrigkeiten des Lebens in dieser Kolonie verlangen, daß alle Bewohner dicht und eng verbunden miteinander arbeiten, andernfalls würden sie untergehen. Sie müssen den wahren Gott finden. Bruder Paul wird Gast bei Pfarrer Siltz von der Zweiten Kommunistischen Kirche, dessen Sohn sich mit einer Scientologistin eingelassen hat: der Skandal des Ortes. Bruder Paul trifft auf Amaranth, eine ungewöhnlich hübsche und kecke Verehrerin des schlangenfüßigen Gottes Abraxas. Bruder Paul stellt verschiedene Experimente mit dem berüchtigten Animationseffekt an, den er mit Hilfe der Tarotkarten kontrolliert, wird aber in lebensnahen Visionen gefangen, die mit seinen eigenen labilen Charakterzügen und Erfahrungen der Vergangenheit in Verbindung stehen, welche bei ihm zur Konversion zu einem religiösen Leben geführt hatten. Er erkennt, daß seine eigene Seele dem Kompost vergleichbar ist, dem Rohmaterial des Übergangs zwischen Tod und Erneuerung.
Der vorliegende Band beginnt mit dem Auftauchen Bruder Pauls aus dieser großangelegten Vision.
Piers Anthony
I Disziplin Trumpf 9
… er merkte, wie er – nicht zum ersten Mal – über die Abführmittel von Erwachsenen nachdachte. Sie nehmen Abführmittel, Schnaps oder Schlaftabletten, um sich die Ängste zu vertreiben, damit sich der Schlaf einstellt, aber ihre Ängste sind zahm und vertraut: der Job, das Geld, was der Lehrer denkt, wenn ich Jenny nicht etwas Hübscheres anziehe, ob mich meine Frau noch liebt, wer mir wirklich ein Freund ist. Es sind blasse Ängste, verglichen mit denen, die Wange an Wange mit einem Kind im dunklen Bett liegen, das niemanden hat, dem es etwas anvertrauen kann, es sei denn, ein anderes Kind. Für das Kind gibt es weder Gruppentherapie noch Psychiatrie noch die Sozialdienste der Gemeinde, wenn es jeden Abend mit dem Ding unter dem Bett oder im Keller fertig werden muß. Dem Wesen, das lauert und tollt und droht bis an die Grenzen der Phantasie. Nacht für Nacht muß dieser einsame Kampf ausgetragen werden, und die einzig mögliche Heilung ist die schließliche Versteinerung der Phantasie, und das nennt man Erwachsensein.
Stephen King, Salem’s Lot, New York 1975
Um sie herum formte sich die Landschaft des Planeten Tarot heraus. Sie standen in einer Art Niederwald. Aus dem Unterholz erhoben sich ein paar schlanke, hohe Stämme, aber sie waren abgestorben und verkohlt. Vor etwa zehn Jahren mußte hier ein Feuer gewütet und die meisten höheren Bäume
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