Antiheld - Thriller (German Edition)
sodass die wenigen Münzen (auch Knöpfe waren darunter) klapperten.
Claire fischte einen Schein aus ihrer Geldbörse. Sie ging in die Hocke, bevor sie das Geld in den Becher steckte. Schweigend sah sie in die dunklen Gläser der Sonnenbrille, die ihr eigenes Spiegel bild wiedergaben.
»Bitte sehr.«
Gerade als sie wieder aufstehen wollte, japste sie erschrocken nach Luft.
Die knochigen Finger des Penners umschlossen nämlich ihr Handgelenk. Nicht sonderlich stark, sondern gerade fest genug, um sie daran zu hindern, fortzugehen. Seine Lippen, die unter ei nem dichten Schnurrbart lagen, formten ein Lächeln.
»Danke, Schätzchen!«
Unsicher gab Claire das Lächeln zurück. »Gern geschehen.« Sie wartete einen Augenblick, doch blieb der Griff bestehen. Ein mul miges Gefühl umgab ihren Magen. Sie fühlte, wie die Handfläche durch seinen Schweiß feuchter wurde.
»Sie können mich jetzt wieder los lassen«, meinte Claire, wobei sie immer noch auf die dürren Finger starrte, die wie verdorrte Äste aussahen.
»Keine Angst, Schätzchen«, sagte der Mann mit friedlicher Stimme. Die Berührung verströmte von Sekunde zu Sekunde mehr Wärme. Das Lächeln wurde breiter, als er sich ein wenig nach vorne beugte. Fast schon berührte Claires Nasenspitze, die des Mannes. Dennoch wich sie nicht zurück, sondern blickte wei ter in die Gläser der Brille, als plötzlich erneut raue Worte an ihr Ohr stießen. Deren Bedeutung musste sie allerdings erst einmal bewusst werden.
Und als sie dies tat, konnte sie ihren Tränen nicht länger Ein halt gebieten.
Jeffrey Morgan
Er beobachtete sie bereits eine ganze Weile. Erst im Warteraum seines Psychologen und jetzt hier. Wie eben auch, begleitete sie immer noch dieser hässliche Gorilla. So eine Schönheit, liiert mit solch einem stinkenden Ungetüm. Was für eine Verschwendung!
Niemand achtete sonderlich auf den Mann, der dort alleine auf der Parkbank saß. Umso besser. Er hasste es, beobachtet zu wer den.
Sein Blick richtete sich erneut auf die städtische Tageszeitung. Wie bereits im vorigen Monat, schmückte auch heute die Titelsei te das Bild einer hübschen Frau, das ihm lächelnd entgegen sah.
»Andrea Woods, 24 Jahre«, lautete die Bildunterschrift. Bei dem Anblick drang ein leichter Seufzer aus seiner Kehle. Er kannte Andrea gut. Sehr gut sogar. Und nun war sie tot.
Erneut überflog er den Artikel. Schlagworte wie »kaltblütig«, »zerfleischt« und »Folter« sprangen ihm derweil entgegen.
Arme Andrea.
Wieder betrachtete er das Foto. Nur schade, dass es nicht in Farbe gehalten worden war. Denn sonst hätte man in strahlend blaue Augen blicken können. In die gleichen Augen, in die auch er geblickt hatte.
Augen, voller Trauer und Verzweiflung darin.
Sie hätten das lange kastanienbraune Haar gesehen, das ihr in leichten Wellen über die Schulter fiel.
Haar, mit Blut und Exkrementen verklebt.
Hätten die kirschroten Lippen betrachten können.
Lippen, verzerrt zu einem letzten Schrei der Verzweiflung.
Er faltete die Zeitung ordentlich zusammen, bevor er sie auf seinem Schoß ablegte. Genug in Erinnerungen geschwelgt. Es wurde Zeit für eine neue Eroberung.
Schier desinteressiert, ließ er seinen Blick über den Platz schweifen. Er entdeckte rennende Kinder. Alte Männer, die Tau ben fütterten. Mädchen, die kichernd ihr Eis in der Waffel aßen. Und abermals sie.
Er war schon vielen Frauen begegnet. Wunderschönen Frauen, die nicht einmal Schminke brauchten, um so auszusehen, wie sie nun mal aussahen. Aber sie übertraf bei Weitem alles, was er bis her zu Gesicht bekam. Sie musste einfach etwas ganz besonderes sein.
Unbemerkt richtete er seine Augen, die hinter einer Sonnenbrille verborgen lagen, auf die Gestalt der Frau. Er sah, wie sie den Grobian alleine stehen ließ, um zu einem Penner zu gehen, der dort sein Lager aufgeschlagen hatte. Anscheinend gab sie ihm Geld. Es dauerte ein wenig, aber dann trat auch der Riese hinzu. Sagte irgendwas zu der Frau, doch rührte sich diese nicht, sondern blieb weiterhin in der Hocke.
Seltsam.
Inzwischen rüttelte der Kerl am Arm seiner Freundin. Diese machte aber immer noch keine Rührung. Nein. Sie blieb ruhig sit zen, während der Penner ihr nun die geballte Faust an die Stirn schlug. Durch die Wucht des Schlages fuhr der Kopf der Blondine nach hinten. Da sie keinen Halt fand, landete sie mit dem Rücken auf dem Boden.
Allerdings richtete sie sich schnell wieder auf. Auf allen Vieren stierte sie
Weitere Kostenlose Bücher