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Antonias Wille

Antonias Wille

Titel: Antonias Wille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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verspätete und ihnen keine Zeit für ein erstes Kennenlernen blieb, bevor das Taxi kam? Was, wenn das Wetter doch nicht hielt und ihr geplanter Ausflug imRegen stattfinden musste? Und was, wenn Julie Rilling ihr am Ende gar nicht so sympathisch war, wie sie es sich nach dem Zeitungsartikel über sie und ihre verrückte Kunstschule erhoffte? Rannte sie einem Hirngespinst nach?
    Mit aller Macht wischte Antonia jeden Zweifel weg. Sie hatte keine Zeit, sich Alternativen zu überlegen.
    Zwölf Monate, hatte der Arzt im Kreiskrankenhaus gesagt. Wenn sie sich nicht doch noch für eine Operation entschied. Und selbst in diesem Fall stünden die Chancen nicht zum Besten …
    Brustkrebs. Wie bei ihrer Mutter. Der Arzt hatte nicht gesagt, wie gut oder schlecht diese zwölf Monate verlaufen würden.
    Ein Jahr also, in dem sie ihre Angelegenheiten regeln konnte. Vielleicht auch nur ein halbes Jahr, in dem sie zum Notar gehen und dafür sorgen konnte, dass die Verwandten im Dorf nach ihrem Tod das kleine Häuschen bekamen, das sie nach ihrer Rückkehr aus Japan gekauft hatte. Und in dem sie festlegen konnte, welche Institution ihre Ersparnisse erhalten sollte. Und dann war da noch ein anderes, ein viel größeres Anliegen …
    Antonia schaute auf die Uhr. Viertel vor zwei. Es gab noch viel zu tun, bevor sie ans Sterben denken konnte.
    Die Fahrt ging stockend voran. Sonntäglicher Verkehr füllte die steilen, in Serpentinen gewundenen Straßen des südlichen Schwarzwaldes in beide Richtungen: Ausflügler, die einen der letzten warmen Sonntage am Titisee verbringen wollten, Wanderer, deren Ziel der Belchen oder der Feldberg war, Radfahrer, die ihre Räder auf dem Dach eines PKWs spazieren fuhren. Überall an den Straßenrändern lockten handgeschriebene Schilder die vorbeifahrenden Gäste mit Wildgerichten und frischen Pfifferlingen und natürlich mit Schwarzwälder Kirschtorte und Kaffee.
    Während Julie darauf wartete, dass es nach einer Haarnadelkurve weiterging, stellte sie mit der rechten Hand das Radiolauter und summte mit. Plötzlich war sie richtig in Urlaubsstimmung! Sosehr sie ihre Arbeit auch liebte, es tat gut, einmal für einen Tag rauszukommen. Sie war schon lange nicht mehr hier oben im Schwarzwald gewesen, und so kam es ihr vor, als sehe sie die bizarren, wilden Schluchten, die sich mit sonnigen Hochplateaus abwechselten, zum ersten Mal. Obwohl sie sich auf die enge Straße konzentrieren musste, nahm sie aus dem Augenwinkel heraus immer wieder faszinierende Anblicke wahr: einen Wasserfall, der steil an schiefergrauen Felswänden hinabstürzte, Fichtenwälder, in denen sich der Nebel trotz Sonne nicht gelichtet hatte. Zauberwälder! Schroffe Bergkanten, die sich wie die Umrisse eines Scherenschnitts vom Horizont abhoben.
    Julie hatte zuerst nicht zu Antonia Fahrner fahren wollen. Doch nun war sie froh, dass sie sich von Theo und ihren Eltern dazu hatte überreden lassen.
    Julie schmunzelte. Theo hatte richtig auf die Tränendrüse gedrückt! Ob Julie denn ruhig schlafen könne bei dem Gedanken, dass eine arme, einsame alte Frau sterben würde, ohne ihren Herzenswunsch erfüllt zu bekommen. Julie war versucht gewesen, mit einem kühlen Ja zu antworten, aber sie kannte Theos romantische Ader, und obwohl sie ihr manchmal auf die Nerven ging, liebte sie ihre Freundin dafür. Und eigentlich hatte Theo ja Recht: Es kostete Julie nur einen Sonntagnachmittag. Sie würde sich von der Kusine ihres Vaters ein paar Geschichtchen über Japan erzählen lassen, dann ein bisschen über die Kunstschule reden und Antonia schließlich die Telefonnummer ihrer Eltern in die Hand drücken.
    Am liebsten wären sowohl ihr Vater als auch ihre Mutter mitgefahren, um die unbekannte Kusine kennen zu lernen, doch Antonia hatte schließlich lediglich Julie eingeladen. Julie hatte ihren Eltern versprechen müssen, noch am selben Abend telefonisch Bericht von ihrem Ausflug zu erstatten.
    Verdammt! Täuschte sie sich oder war sie gerade links an einem Schild mit der Aufschrift Rombach vorbeigefahren? Vonder Entfernung her würde es passen … Das kam davon, wenn man sich seinen Tagträumen hingab! Julie beschloss, bei der nächsten Gelegenheit umzudrehen und sich die Abzweigung mit dem Schild genauer anzuschauen.
    Das Kennenlernen lief unverkrampfter ab, als Julie angenommen hatte. Sie wurde nicht rührselig in den

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