Antworten auf Fragen
Leben. Der kleinste Fehler bei dem geliebten Menschen ruft Gereiztheit und Unzufriedenheit hervor. Die ständig zunehmende Aggression zerstört schließlich das Bewusstsein.
Ich habe lange überlegt, worin der Sinn der Erbsünde besteht, die wir seit Adam und Eva in uns tragen. Ich konnte mir die Situation einfach nicht erklären: Ein Mann und eine Frau, die nackt über eine Waldwiese liefen, aßen von etwas, fingen an, sich zu schämen, und sündigten dann auch noch. Und aus diesem Grund leben wir alle auf der sündigen Erde, und wir alle sind von Geburt an schuldig vor Gott. Vor kurzem sah ich dieses Gleichnis mit völlig anderen Augen.
Der Mensch war im Paradies ohne Sünde, solange er nicht die Früchte vom Baum der Erkenntnis, die Früchte des Guten und Bösen, kostete, d.h. der Mensch hat die Frucht der Erkenntnis probiert. Das Bewusstsein bildete sich aus der Liebe heraus, und in ihm bildeten sich Zeit, Raum und Materie. Es entstand das persönliche, individuelle „Ich“, und dieses „Ich“ begann zu vergleichen, zu bewerten und zu analysieren. Aus der Einschätzung der Situation entstand die Scham. Das menschliche „Ich“ arbeitete nun für sich. Es entwickelte sich die Möglichkeit, Erkenntnis und Bewusstsein zum Selbstzweck werden zu lassen. Das Menschliche sonderte sich vom Göttlichen ab. Das beschleunigte enorm die Entwicklung, aber gleichzeitig auch die Versuchung, das Bewusstsein und nicht die Liebe zum Hauptziel zu machen.
Wir empfinden das Gefühl der Liebe, und in ihm gibt es immer zwei Ebenen — die göttliche und die menschliche. Durch den Sexualtrieb und den Wunsch zur Vermehrung erhalten wir einen starken Impuls zur Entwicklung alles Menschlichen und Lebenden. Doch wenn in diesem Impuls der körperliche Genuss zur Hauptsache wird, dann erfolgt ein mächtiger Ruck zugunsten des Bewusstseins und nicht der Liebe, d.h. die falsche Haltung zu unseren Sexualgefühlen kann uns innerlich schnell zu Sklaven alles Menschlichen machen. Und dann wird die göttliche Liebe durch die menschliche Liebe verdrängt — mit Eifersucht, Angst, Hass und Verachtung.
Um es in einfachen Worten auszudrücken: Als der Mensch noch kein individuelles Bewusstsein hatte, war die Liebe für ihn wichtiger, das Menschliche verdrängte nicht das Göttliche. Je weiter der Mensch in der Entwicklung fortschreitet, umso schöner wird sein Körper, sein Geist und seine Seele. Und umso größer ist die Versuchung, sich auf höchste menschliche Werte als das Primäre zu orientieren. Die Überwindung der Erbsünde in jedem von uns bedeutet, die zunehmende Orientierung auf Raum, Zeit und Materie, auf Bewusstsein und höchste menschliche Werte zu überwinden. Und das ist möglich, wenn ununterbrochen zur Liebe und zu Gott gestrebt wird. Es muss ständig an der Wahrung und Mehrung der Liebe gearbeitet werden.
Laut der Bibel gibt es in der Geschichte unserer Welt zwei Hauptsünden. Die eine — das ist die Sünde von Adam und Eva, die Zweite oder vielmehr die Erste — das ist die Sünde, die von einem Engel begangen wurde, der sich später in den Teufel verwandelte, d.h. das ist gleichsam die Sünde des gesamten Universums. Zum Teufel wurde der klügste und talentierteste Engel, d.h. der, dessen Bewusstsein stärker als bei den anderen entwickelt war.
Wir tragen alle den Ursprung in uns. Und dem Bewusstsein liegt die Liebe zugrunde. Solange der Engel seine Einheit mit Gott spürte, war er Engel. Doch dann beschloss das Bewusstsein, sich von der Liebe zu trennen, und der Engel erklärte sich für Gott, d.h. er nannte sein sekundäres „Ich“, seine Fähigkeit und seinen Intellekt „Gott“.
Ein Baum, dem die Wurzeln genommen wurden, beginnt zu verdorren und zu verwittern. Das Teuflische hat daher keine Persönlichkeit, sondern ist eine Tendenz der Fehlentwicklung. Wie groß auch immer das Menschliche sein mag, es wird gegenüber der Liebe immer sekundär sein.
Gewöhnlich waren größte Geistesleistungen stets mit religiöser Erkenntnis der Welt verbunden. Beispielsweise im Buddhismus entspricht die Erreichung des Zustands Buddhas der Überwindung der Abhängigkeit von allen Formen des Bewusstseins. Das gibt ein Empfinden der Erleuchtung und des Glücks. Das ist auch das Empfinden des Göttlichen in unserer Seele. Das spürt jeder von uns, wenn er dem verzeiht, der ihn verraten hat. Das empfinden Frauen, die ihren Mann mit allen seinen Fehlern und Vorzügen lieben. Wenn wir die Umwelt in allen ihren Formen lieben, dann
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