Anubis 02 - Horus
Lächeln.
»Ja«, gestand sie. »Eine … alte Erinnerung, die mich plötzlich überkommen hat. Es ist schon vorbei.«
Maistowes Blick machte klar, wie unglaubwürdig diese Behauptung klang, aber er ging nicht weiter darauf ein. Sein Blick hing weiter wie gebannt an ihrem Gesicht, und er wusste plötzlich nicht mehr, wohin mit seinen Händen, aber zumindest seine Stimme klang wieder gefasst. Einigermaßen. »Was ist passiert? Abberline hatte Sie mitgehen lassen. Haben Sie den Konstabler gefunden?«
»Nein«, antwortete Bast. Sie war einfach zu müde für irgendeine Ausflucht. »Aber ich fürchte, wir haben den zweiten auch verloren. Es sind ein paar … sehr schlimme Dinge passiert, fürchte ich.«
Maistowe verstand offensichtlich kein Wort, aber er sah sehr erschrocken aus, und genau genommen war das auch genau das, was sie hatte erreichen wollen. Sie sorgte – sehr behutsam – dafür, dass er auch keine weitere Frage mehr stellen würde und wollte ihn unter einem Vorwand wegschicken, als Mrs Walsh aus dem Haus kam und ihr die Mühe abnahm, auf ihre ganz eigene Art.
»Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich Ihnen beinahe unehrenhafte Absichten unterstellen, Jacob«, sagte sie. »Was tun Sie hier draußen?«
»Sie haben mir gesagt, dass Bast hier draußen ist!«, verteidigte sich Maistowe.
»Dass sie hier ist, ja«, antwortete Mrs Walsh »Nicht, dass Sie hinausgehen und sie anstarren sollen. Und jetzt gehen Sie ins Haus und setzen Sie einen Kessel Wasser auf. Ich mache uns Tee, und danach können wir reden wie zivilisierte Menschen.«
Bast hatte Mühe, ein Lächeln zu unterdrücken. Maistowe warf ihr noch einen letzten, fast hilfesuchenden Blick zu, dann fuhr er auf dem Absatz herum und floh regelrecht ins Haus zurück.
Mrs Walsh blickte ihm kopfschüttelnd nach. Sie sah einfach verärgert aus, aber Bast war nicht sicher, dass dieser Ärger tatsächlich Maistowe galt.
»Jetzt haben sie ihm unrecht getan, fürchte ich«, sagte Bast. »Ich versichere Ihnen, dass sich Kapitän Maistowe in jeder Sekunde wie ein perfekter Gentleman benommen hat.«
»Daran zweifle ich nicht«, antwortete Mrs Walsh. Sie reichte ihr ein zusammengefaltetes Kleid, das aus Basts Gepäck stammte, und zwei ordentlich zusammengefaltete saubere Handtücher, die intensiv nach Kernseife rochen. »Aber ich beginne mich allmählich zu fragen, ob Sie tatsächlich die Lady sind, für die ich Sie gehalten habe.«
Bast zog überrascht die Augenbrauen hoch. Sie schwieg. Sie rührte auch keinen Finger, um das Kleid und die Handtücher entgegenzunehmen, sodass Mrs Walsh schließlich an ihr vorbeiging und sie auf dem Brunnenrand ablegte.
»Ich fürchte, ich verstehe nicht ganz, worauf Sie hinauswollen. Mrs Walsh«, sagte sie schließlich. »Vielleicht hat es ja ein … Missverständnis zwischen uns gegeben?«
»Ja, das scheint mir auch so«, antwortete Mrs Walsh. Bast spürte, wie schwer es ihr fiel, die Contenance zu bewahren. »Ich habe Ihnen gesagt, dass Jacob Maistowe ein guter Freund ist, nicht mehr und nicht weniger, und dass zwischen uns niemals etwas …«, Bast spürte, wie schwer es ihr fiel, über dieses Thema zu reden, »… etwas Körperliches war, und das wird auch niemals so sein. Ich weiß selbstverständlich, dass Jacob ein normaler gesunder Mann mit ganz normalen Bedürfnissen ist, und ich bin weder weltfremd noch eifersüchtig. Aber das heißt nicht, dass ich tatenlos zusehen werde, wie Sie mit ihm spielen, mein Kind. Ich werde nicht zulassen, dass jemand ihm wehtut.«
»Das habe ich auch nicht vor, Mrs Walsh«, antwortete Bast ernst. Sie war überrascht. Dieser plötzliche Angriff kam nicht nur unerwartet, sondern auch aus einer gänzlich unerwarteten Richtung.
»Reden Sie keinen Unsinn«, sagte Mrs Walsh scharf. »Ich bin nicht blind. Mir ist nicht entgangen, wie Jacob Sie ansieht. Und damit meine ich nicht das hier.«
»Oh, das.« Bast lächelte sanft. »Glauben Sie mir, Mrs Walsh, das bedeutet nichts. Alle Männer sehen mich so an. Das bin ich gewohnt. Seit sehr langer Zeit.«
»Ja, Sie vielleicht«, erwiderte Mrs Walsh kühl. »Aber ich nicht, und Jacob ist es auch nicht. Und das sollte auch nicht so sein.«
»Worauf genau wollen Sie hinaus?«, fragte Bast.
Mrs Walsh antwortete nicht gleich, sondern maß sie mit einem sehr langen, taxierenden Blick von Kopf bis Fuß, der ihr unendlich viel peinlicher war als die Art, auf die Maistowe sie gerade gemustert hatte. »Das Mädchen«, sagte sie schließlich und, wie
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