Lady in Rot (German Edition)
PROLOG
Umgeben von all diesen berühmten Gästen und bedeutenden Persönlichkeiten fühlte sich Giannis Petrakos so gefangen wie ein Tiger in der Manege. Einen Moment später gesellte sich seine Urgroßmutter zu ihm. Die alte Dame war dafür bekannt, dass sie das Herz auf der Zunge trug, und Giannis ahnte, dass sie ihm sagen wollte, was sie von seiner Verlobten hielt. Innerlich schmunzelte er. Als einer der reichsten Männer der Welt wusste er ihre Ehrlichkeit sehr zu schätzen.
Dorkas Petrakos war eine zierliche Frau, doch als sie ihren gut aussehenden Urenkel nun durchdringend ansah, wirkte sie sehr respekteinflößend. „Krista ist eine sehr schöne junge Frau. Jeder Mann hier beneidet dich.“
Giannis neigte zustimmend den Kopf und wartete auf den Schlag, der unweigerlich folgen musste.
„Aber was für eine Mutter wird sie deinen Kindern sein?“, fragte Dorkas dann.
Weder er noch Krista planten, eine Familie zu gründen. Noch nie hatte er sich seine Verlobte als Ehefrau und Mutter vorgestellt. In ein paar Jahren könnten sie vielleicht über Kinder nachdenken. Und wenn sie dann immer noch keine Kinder wollten, würde er einen würdigen Nachfolger aus den Reihen der anderen Verwandten wählen. Wenn es um den Fortbestand der Familie ging, war Giannis nicht sentimental.
„Du meinst, das ist nicht wichtig. Du meinst, ich bin altmodisch und habe keine Ahnung“, fuhr die alte Dame beinahe aggressiv fort. „Aber Krista ist eitel und egozentrisch.“
Giannis biss die Zähne zusammen. Eine solche Beurteilung seiner Braut gefiel ihm nicht. Unglücklicherweise stand Krista gerade in diesem Moment wieder einmal im Mittelpunkt der allgemeinen Aufmerksamkeit. Seine Verlobte konnte an keiner Kamera vorbeigehen, ohne dass sie sich in Pose stellte. Gesegnet mit türkisblauen Augen und seidigem, hellblondem Haar erstrahlte Krista in einer außergewöhnlichen Schönheit. Abgesehen davon war sie die Alleinerbin des Spyridou-Electronics-Imperiums und als Einzelkind von klein auf verwöhnt worden. Wie sollte seine Urgroßmutter das verstehen?
Verschiedener konnten zwei Frauen nicht sein. Dorkas, die Tochter eines Fischers, war in Armut aufgewachsen. Bis heute weigerte sie sich strikt, den versnobten Lebensstil ihrer Nachkommen anzunehmen, und verdiente sich mit ihrer schonungslosen Ehrlichkeit höchsten Respekt. Besonders zwischen ihr und Giannis bestand seit jeher ein enges Band.
„Du sagst nichts. Doch wenn du all dein Geld, deine Häuser, Autos und Flugzeuge morgen verlieren würdest, bliebe Krista auch dann an deiner Seite?“ Die alte Dame schwieg einen Moment bedeutsam. „Ich glaube eher, sie würde so schnell laufen, wie ihre Füße sie tragen.“
Giannis erhob sich. Beinahe hätte er gelacht. In der Situation, die seine Urgroßmutter gerade geschildert hatte, würde Krista in Selbstmitleid schwelgen und unter den Entbehrungen zusammenbrechen. Krista war ein Luxusgeschöpf. Aber glaubte seine Urgroßmutter allen Ernstes, es gäbe irgendeine Frau, die sich nicht von seinem Reichtum blenden ließ? Andererseits musste Giannis zugeben, dass ihn die Vorstellung, Krista würde ihn bei der ersten Schwierigkeit verlassen, tief traf.
Ohne ein weiteres Wort nickte er seiner Urgroßmutter zu und entfernte sich. Gemächlich schlenderte er auf die Dachterrasse hinaus. Dort stand er nachdenklich in der Dunkelheit und genoss die frische Luft. Er zweifelte nicht daran, dass er und Krista heiraten würden. Wie auch? Alle betrachteten sie als die perfekte Partnerin. Sie kam aus einer sehr angesehenen Familie und war eine vollkommene Gastgeberin. Krista und er gehörten derselben exklusiven Gesellschaft an; Krista kannte die Spielregeln.
Andererseits erinnerte sich Giannis nur zu gut daran, wie er schon mit neunzehn mit Krista Spyridou, dem schönsten Mädchen der Gesellschaft, ausgegangen war und sie dann fallen lassen hatte. Zum Entsetzen seiner und ihrer Eltern. Damals stellte er fest, dass sie im Bett ebenso kalt wie vor der Kamera war.
„Bitte ruinier meine Frisur nicht“, bekam er ständig zu hören. „Ich brauche meinen Schönheitsschlaf …“
Nie im Leben würde Krista sein Bett in Flammen setzen. Ihre mangelnde Leidenschaft begrub seine idealistischen Träume. Genährt von Dorkas’ Versicherungen, irgendwo da draußen warte die perfekte Frau auf ihn, hatte er sich schwärmerischen Vorstellungen hingegeben. Nun, jedenfalls konnte ihm niemand vorwerfen, er hätte nicht nach dieser Frau gesucht. Mehr als ein
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