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Aphorismen

Aphorismen

Titel: Aphorismen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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Kundige auch fähig, Jargon zu verstehen. Denn von einer allerdings großen Ferne aus gesehn, wird die äußere Verständlichkeit des Jargon von der deutschen Sprache gebildet; das ist ein Vorzug vor allen Sprachen der Erde. Sie hat dafür auch gerechterweise einen Nachteil vor allen. Man kann nämlich Jargon nicht in die deutsche Sprache übersetzen. Die Verbindungen zwischen Jargon und Deutsch sind zu zart und bedeutend, als daß sie nicht sofort zerreißen müßten, wenn Jargon ins Deutsche zurückgeführt wird, das heißt es wird kein Jargon mehr zurückgeführt, sondern etwas Wesenloses. Durch Übersetzung ins Französische zum Beispiel kann Jargon den Franzosen vermittelt werden, durch Übersetzung ins Deutsche wird er vernichtet. ›Toit‹ zum Beispiel ist eben nicht ›tot‹ und ›Blüt‹ ist keinesfalls ›Blut‹.
    Aber nicht nur aus dieser Ferne der deutschen Sprache können Sie, verehrte Damen und Herren, Jargon verstehen; Sie dürfen einen Schritt näher. Noch zumindest vor nicht langer Zeit erschien die vertrauliche Verkehrssprache der deutschen Juden, je nachdem ob sie in der Stadt oder auf dem Lande lebten, mehr im Osten oder im Westen, wie eine fernere oder nähere Vorstufe des Jargon, und Abtönungen sind noch viele geblieben. Die historische Entwicklung des Jargon hätte deshalb fast ebenso gut wie in der Tiefe der Geschichte, in der Fläche der Gegenwart verfolgt werden können.
    Ganz nahe kommen Sie schon an den Jargon, wenn Sie bedenken, daß in Ihnen außer Kenntnissen auch noch Kräfte tätig sind und Anknüpfungen von Kräften, welche Sie befähigen, Jargon fühlend zu verstehen. Erst hier kann der Erklärer helfen, der Sie beruhigt, so daß Sie sich nicht mehr ausgeschlossen fühlen und auch einsehen, daß Sie nicht mehr darüber klagen dürfen, daß Sie Jargon nicht verstehen. Das ist das Wichtigste, denn mit jeder Klage entweicht das Verständnis. Bleiben Sie aber still, dann sind Sie plötzlich mitten im Jargon. Wenn Sie aber einmal Jargon ergriffen hat – und Jargon ist alles, Wort, chassidische Melodie und das Wesen dieses ostjüdischen Schauspielers selbst –, dann werden Sie Ihre frühere Ruhe nicht mehr wiedererkennen. Dann werden Sie die wahre Einheit des Jargon zu spüren bekommen, so stark, daß Sie sich fürchten werden, aber nicht mehr vor dem Jargon, sondern vor sich. Sie würden nicht imstande sein, diese Furcht allein zu ertragen, wenn nicht gleich auch aus dem Jargon das Selbstvertrauen über Sie käme, das dieser Furcht standhält und noch stärker ist. Genießen Sie es, so gut Sie können! Wenn es sich dann verliert, morgen und später – wie könnte es sich auch an der Erinnerung an einen einzigen Vortragsabend halten! –, dann wünsche ich Ihnen aber, daß Sie auch die Furcht vergessen haben möchten. Denn strafen wollten wir Sie nicht.
(Eine Festrede)
    Diese Wahl ist sehr begrüßenswert. Ein Mann tritt hiermit tatsächlich in eine ihm auch ideell gebührende Stellung und diese Stellung erhält den für sie notwendigen Mann.
    Dr. Marschners unablässige Arbeitskraft hat ihn zu so weitreichender und in sich so verzweigter Tätigkeit befähigt, daß ihm der Einzelne nicht leicht gerecht werden kann, da er immer nur einen Teil dieser Tätigkeit zu überblicken vermag. Als langjähriger Sekretär der Anstalt kennt Dr. Marschner ihren ganzen Apparat um so besser, als er selbst an dessen Verbesserung beteiligt war, soweit sein Einfluß bisher eben reichte; seine umfassenden advokatorischen Kenntnisse und Fähigkeiten stellt er der Anstalt zur Verfügung; als gründlichen Schriftsteller kennt und schätzt ihn die fachwissenschaftliche Welt; seinen Einfluß auf die Entwürfe der sozialen Gesetzgebung der letzten Jahre (besonders der Haftpflichtgesetze) möge man nicht unterschätzen; als Redner ist er vor den großen internationalen Versicherungskongressen aufgetreten und auch in Prager Vortragssälen hörten wir in Versicherungsfragen von allgemeiner Wichtigkeit und Aktualität seine immer erwünschten, rasch unterrichtenden Ausführungen; als Dozent der technischen Hochschule verwertet er seine sich gegenseitig vervollkommnenden Kenntnisse und Erfahrungen, um die studierende Jugend für die immer dringlicher werdenden Probleme des sozialen Versicherungswesens vorzubereiten; er hat den versicherungstechnischen Kurs an der technischen Hochschule eingerichtet und war hiezu besonders geeignet, da er auch Kenner der Versicherungsmathematik ist; sein pädagogisches

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