Apocalypsis 3 (DEU): Collector's Pack. Thriller (German Edition)
Brust.
»Du meinst, du hast es ihm geklaut.«
Anselmo versuchte, sich seine Angst nicht anmerken zu lassen. »Mann, würde ich dann wohl danach suchen?«
Das schien dem Jugendlichen einzuleuchten. Er sprach mit seinem Kumpel.
»Wer bist du überhaupt? Woher kennst du Amal?«
»Ich bin ein … Freund. Und ich muss dringend verschwinden. Die haben Amal gerade verhaftet.«
»Wer? Die Israelis?«
Anselmo nickte, weil alles andere nur unglaubwürdig geklungen hätte. Der Hubschrauber kam jetzt näher und überflog die Dächer in niedriger Höhe. Sein Suchscheinwerfer fingerte in die Straße. Hastig drückte Anselmo sich in einen Hauseingang. Auch die beiden Jugendlichen tauchten hinter einem Auto ab.
»Komm mit!«, rief der eine, rannte geduckt über die Straße und verschwand in einem Hinterhof. Anselmo überlegte nicht lange. Als er den Hof erreichte, deutete der Jugendliche auf einen Verschlag, in dem ein altes Moped stand.
»Gnade dir Gott, wenn der Schlüssel nicht passt.«
Den ganzen Weg über fürchtete er, dass der Hubschrauber noch einmal zurückkehren und ihn aufstöbern würde. Zweimal stieß er fast mit einem Wagen zusammen, stürzte und sprang panisch sofort wieder auf. Das kleine Moped kam kaum die steilen Straßen hinauf. Trotzdem erreichte Anselmo ungehindert die Silwan-School und konnte, wie Amal ihm beschrieben hatte, von dort bereits die erleuchtete prächtige Abtei auf dem Zionsberg erkennen.
Unterhalb des Zionstors ließ er das Moped zurück und ging zu Fuß weiter. Überall patrouillierten Polizisten und Soldaten, die ganze Altstadt war Sperrzone. Drei junge Soldaten kontrollierten seinen vatikanischen Pass, den er zum Glück noch bei sich trug, und winkten ihn dann durch. Die sichere Abtei war zum Greifen nahe, doch Anselmo wollte kein Risiko eingehen und rief zunächst Bruder Isidor an, einen Benediktinermönch aus der Abtei, der auch dem Orden vom Heiligen Schwert angehörte und Bescheid wusste. Anselmo fiel ein, dass der heilige Isidor von Sevilla immer noch als Schutzpatron des Internets im Gespräch war, und hielt das für ein gutes Zeichen.
Bruder Isidor empfing ihn am Nebeneingang, der in den Klostergarten führte. »Wo ist Seine Heiligkeit?«
»Ich weiß es nicht«, sagte Anselmo. Erleichtert und zugleich auch völlig kraftlos sank er auf der sicheren Seite der Klostermauer in die Hocke und weinte. Er weinte um Amal, um den Papst, um Bonifatio, um die Opfer der lebenden Toten und die Millionen, die es bald noch treffen würde. Aber vor allem weinte er, weil Gott ihn und die ganze Welt verlassen hatte. Wimmernd krümmte er sich zusammen und betete zur Jungfrau Maria. Denn wenn Gott die Welt im Stich gelassen hatte, war sie die Einzige, von der überhaupt noch Hilfe zu erwarten war.
Als er sich so weit beruhigt hatte, dass er aufstehen konnte, führte Bruder Isidor ihn in ein Zimmer im Wohntrakt der Mönche, reichte ihm ein Glas Kräutertee und stellte die ersten Fragen. Stockend und immer wieder von Weinkrämpfen erschüttert, berichtete Anselmo, was er seit seiner Ankunft in Jerusalem erlebt und gesehen hatte.
»Was ist mit Schwester Maria?«, fragte er den Benediktinermönch. Bruder Isidor schüttelte den Kopf.
»Haben Sie etwas von Chaim Kaplan gehört?«
»Der Großrabbiner ist tot. Wir haben es vor einer Stunde erfahren.«
»Wie ist er gestorben?«, ächzte Anselmo, obwohl er es bereits ahnte.
»Wir wissen es nicht genau. Die Dame vom Rabbinat klang sehr verstört. Erst sagte sie etwas von einer Hautkrankheit, dann korrigierte sie sich sofort und sprach von einem Herzanfall.«
Anselmo stöhnte.
Der Benediktiner sah auf die Uhr. »Sie sollten versuchen, zu schlafen. Ich wecke Sie, wenn Peter Adam eintrifft.«
»Ich warte.«
»Schlafen Sie, Bruder Anselmo. Ich muss Sie ohnehin jetzt allein lassen, um Ihren Bericht nach Rom weiterzuleiten.«
Als der Mönch ihn verlassen hatte, rollte Anselmo sich auf dem schmalen Bett zusammen und dachte an die Bilder aus dem Krankenhaus. Der Schlaf, gegen den er noch vor wenigen Stunden hatte ankämpfen müssen, schien ferner als die Hoffnung. Aber als er die Augen wieder aufschlug, leuchtete bereits die Morgensonne ins Zimmer.
Für einen Moment wusste er nicht, wo er sich befand. Von draußen rief die Glocke des Kirchturms zur Laudes . Demnach musste es bereits sechs Uhr sein. Warum hatte Isidor ihn nicht geweckt? Wo war Peter Adam?
Anselmo sprang auf und trat aus dem Zimmer. Kein Mensch war zu sehen, aber das war nicht
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