Apocalypsis 3 (DEU): Collector's Pack. Thriller (German Edition)
konnte, musste Maria noch entsetzt mit ansehen, wie Don Luigi sich veränderte. Immer noch hielt er den Jungen fest umklammert, aber er alterte rapide. Seine Haut welkte und sein ganzer Körper schrumpfte im Nu zusammen. Sein Gesicht wurde zur Fratze des Todes, die Augen quollen ihm aus den Höhlen, während der Kontakt mit dem blonden Jungen sämtliche Lebensenergie aus ihm herauszusaugen schien. Don Luigi ließ ihn aber nicht los. Wie auf dem Bild, das ihr Vater nur Minuten zuvor geschickt hatte.
»Er bringt ihn um!«, schrie Maria, als Bar-Kleophas die Kirchenbank weiter in Richtung der Tür zerrte.
»Ja«, keuchte der alte Mann. »Don Luigi gibt sein Leben, um uns Zeit zu verschaffen. Also, was wollen Sie? Rausgehen und ihm beim Sterben zusehen oder das Gefäß in Sicherheit bringen?«
Maria sah den alten Mann an und straffte sich. »Wo ist es?«
»Helfen Sie mir. Dann zeige ich es Ihnen.«
Sie verrammelten die Tür mit der Kirchenbank. Dann rannte Bar-Kleophas los. Maria folgte ihm durch eine kleine Seitentür und über eine steile Steintreppe hinab in die niedrige Krypta der Kirche. Sie liefen weiter durch einen schmalen Gang in ein Kreuzgewölbe aus dem 11. Jahrhundert, an dessen Wänden menschliche Schädel und Gebeine ordentlich sortiert bis unter die Decke aufgeschichtet waren. Bar-Kleophas knipste eine kleine Taschenlampe an, die er an seinem Schlüsselbund mit sich führte, und drückte sie Maria in die Hand.
»Leuchten Sie mir!«
Ohne Zögern begann Bar-Kleophas, die Schädel achtlos beiseitezuräumen. Einige der Gebeine brachen, aber Bar- Kleophas arbeitete sich wie besessen durch die aufgeschichteten Totenköpfe hindurch, bis eine Mauer zum Vorschein kam. Im Licht der Minitaschenlampe sah Maria, dass diese Wand überraschend ebenmäßig war, wie aus Beton gegossen. Es gab jedoch keinerlei Fugen oder Abdrücke irgendeiner Verschalung. Die Wand schien vollkommen glatt und reflektierte das Licht der Taschenlampe mit einem matten grauen Schimmer. Bar-Kleophas tastete die Wand mit den Fingern ab, bis er eine kleine, runde Vertiefung gefunden hatte.
»Geben Sie mir das Amulett! … Na, los, machen Sie schon!«
Maria reichte ihm das blaue Amulett mit dem doppelten Achteck. Bar-Kleophas drückte das Medaillon des Amuletts in die Vertiefung, in die es genau hineinpasste. Das Amulett begann zu leuchten. Ein fahles, bläuliches Glimmen, das rasch intensiver wurde und sich kreisförmig über die ganze Wand ausbreitete. Mehr noch veränderte das Leuchten die Substanz der Wand selbst, das Material waberte wie vor einer Hitzewand und löste sich in dem blauen Licht auf, bis nur noch ein blauer Lichtkreis zu sehen war, der vom Boden bis zur Decke reichte. In der Mitte dieses Lichts schwebte das Amulett.
»Was ist das?«, flüsterte Maria.
»Ein Durchgang«, erklärte Bar-Kleophas, griff wie selbstverständlich nach dem schwebenden Amulett und schaltete die Taschenlampe aus. »Kommen Sie. Kopf einziehen.«
Er nahm Maria an die Hand, zog ebenfalls den Kopf ein und führte sie ins Licht. Vielmehr durch das Licht. Maria schloss instinktiv die Augen, spürte aber keinerlei Hitze oder Elektrizität, als sie den Lichtkreis durchschritt. Als sie die Augen wieder öffnete, schloss sich der Lichtkreis wieder und gab der Wand ihre ursprüngliche Substanz zurück. Gleichzeitig wurde es stockfinster um sie herum. Die Luft war kühl und trocken, schmeckte nach Staub und Metall, war aber ansonsten erstaunlich frisch. Wie bei einer Klimaanlage. Bar-Kleophas knipste seine kleine Taschenlampe wieder an und gab Maria das Amulett zurück. Er wirkte nun nicht mehr so gehetzt. Als fühle er sich hier in Sicherheit.
»Fragen Sie mich nicht, wie das geht, ich weiß es nicht.«
»Das widerspricht allen Gesetzen der Physik!«
»Ach, tatsächlich? Das sagen Sie als gläubige Christin und Nonne? Sie waren doch auf Oak Island.«
»Aber diese Kirche wurde im Mittelalter errichtet!«
»Ich weiß, wann diese Kirche erbaut wurde«, sagte Bar-Kleophas im Schein seiner Minitaschenlampe. »Ich selbst habe den Grundstein gelegt. Aber an dieser Stelle, müssen Sie wissen, gab es damals bereits einen verfallenen römischen Tempel. Und davor ein noch älteres Heiligtum. Und davor ein noch viel älteres, verstehen Sie? Dies war schon immer ein heiliger Ort. Und diese Wand – die war schon immer da. Seit Menschengedenken steht sie da, wer auch immer sie errichtet hat. Es ist vielmehr ein perfekter Kubus, sehen Sie!«
Er leuchtete die Wand
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