Archer Jeffrey
können drei Millionen im Jahr sparen. Das bedeutet, dass wir uns von siebzig Angestellten trennen und die meisten Zulagen um die Hälfte kürzen müssen. Ich brauche von Ihnen eine schriftliche Schätzung, in welchen Ressorts wir Personalkürzungen vornehmen können, und wen von den wichtigeren Leuten wir verlieren würden, wenn wir die Zulagen um etwa die Hälfte kürzen. Können Sie das bis zur morgigen Vorstandssitzung fertig haben?«
Der Bastard überlässt die unangenehme Arbeit wieder mal anderen, dachte Geoffrey. Und es ist ihm offenbar völlig egal, ob es sich dabei um Untergebene oder Vorgesetzte handelt, solange man nur ihm nichts anhaben kann. Er will den Vorstand aufgrund meiner Empfehlungen vor vollendete Tatsachen stellen. Kommt nicht in Frage!
»Haben Sie derzeit sehr dringende Aufgaben?«
»Nein. Nichts, das nicht warten könnte«, antwortete Godfrey. Er hatte nicht die Absicht, sein Problem mit Pamela zu erwähnen, oder dass seine Frau wahrscheinlich ausrastete, wenn er es am Abend nicht rechtzeitig zur Schulaufführung schaffte, in der sein jüngerer Sohn einen Engel spielte. Aber es hätte nichts geändert, hätte der Junge den Jesus gespielt. Wahrscheinlich würde Godfrey die ganze Nacht damit zubringen, den Bericht für den Vorstand fertig zu stellen.
»Gut. Dann schlage ich vor, dass wir uns morgen um zehn hier treffen. Dann bleibt uns noch Zeit, darüber zu reden, wie wir den Bericht ergänzen können.« Alexander senkte den Kopf und beschäftigte sich wieder mit den Papieren auf seinem Schreibtisch – ein sicheres Zeichen, dass Godfrey entlassen war.
Phillip Alexander blickte auf, als die Tür von außen geschlossen wurde. Beneidenswert, so ein Mann, der gar nicht weiß, was wahre Probleme sind. Er selbst steckte bis zum Kopf darin. Das Wichtigste war jetzt, dass er sich weiterhin von der katastrophalen Entscheidung des Vorstandsvorsitzenden distanzierte, so viel in Russland zu investieren. Er hatte die Entscheidung im vergangenen Jahr unterstützt, und der Vorstandsvorsitzende hatte dies schriftlich festgehalten. Doch in dem Augenblick, als er zu der Erkenntnis gelangt war, was sich drüben in der Bank of America and Barclays tat, hatte er die zweite Abschlagszahlung der Bank sofort sperren lassen – was er dem Vorstand auch ständig unter die Nase rieb.
Seither hatte Phillip das Haus mit Memos nur so überflutet und jede Abteilung gewarnt, kein Geld für Russland mehr auszugeben und an Geldern zurückzuholen, so viel sie nur konnten. Solche Memos ließ er noch immer jeden Tag verteilen, sodass inzwischen fast jeder überzeugt war – einschließlich einiger Vorstandsmitglieder –, dass Phillip dieser Entscheidung von Anfang an skeptisch gegenübergestanden hatte.
Dank geschickten Taktierens war es ihm gelungen, ein paar Vorstandsmitglieder, die Sir William nicht so nahe standen, davon zu überzeugen, er hätte in dieser Sache nur deshalb nichts unternommen, weil er sich nach nur wenigen Wochen im Amt des Direktors nicht gegen Sir Williams Entscheidung hatte stellen können, der St. Petersburger Nordsky Bank einen Kredit von 500 Millionen zu gewähren. Die Sache könnte sich immer noch zu seinem Vorteil deichseln lassen, denn wenn der Vorstandsvorsitzende gezwungenermaßen von seinem Posten abtreten musste, würde der Vorstand möglicherweise eine interne Ernennung für angeraten halten: Als Phillip damals Direktor wurde, hatte der stellvertretende Vorsitzende Maurice Kington erklärt, er bezweifle, dass Sir William bis zum Ende seiner Amtszeit bleiben würde – und das war schon vor dem Russland-Debakel gewesen. Etwa einen Monat später war Kington von seinem Amt zurückgetreten. In der Stadt war bekannt, dass er sich nur zurückzog, wenn er Sturm aufziehen sah. Er hatte schließlich nicht die Absicht, seine etwa dreißig Direktorenposten zu verlieren.
Als die Financial Times einen kritischen Artikel über Sir William veröffentlichte, sicherte sie sich rechtlich ab, indem sie den Text mit folgenden Worten begann: »Niemand kann leugnen, dass Sir William Selwyns Einfluss als Vorstandsvorsitzender der Critchley Bank für die Finanzmärkte von Vorteil gewesen ist und die Wirtschaft des Landes entsprechend beeinflusst hat. Doch kürzlich kam es zu bedauerlichen Fehlern, die anscheinend vom Büro des Vorstandsvorsitzenden ausgegangen sind.« Alexander hatte den Journalisten ausführlich erklärt, um was es sich bei diesen »bedauerlichen Fehlern« handelte.
Einige Vorstandsmitglieder
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