Arglist: Roman (German Edition)
Und mit einer üppigen Belohnung …
Geld regiert die Welt, trara, trara.
»Wie kam es zu diesem Anruf?«, fragte Decker seinen Vorgesetzen.
»Sie hat einen Artikel über das Primo-Ekerling-Carjacking in Hollywood gelesen, und die Sache erinnerte sie an die offene Rechnung im Fall Little.«
»Haben die in Hollywood nicht ein paar Cholos in Untersuchungshaft genommen?«
»Stimmt, aber darum geht’s nicht. Die Parallelen waren offensichtlich deutlich genug, um einen Nervenstrang in ihrem wohlhabenden Hirn zum Klingen zu bringen.«
»Wie steht sie zu Little, außer dass er ihr psychologischer Betreuer war?«
»Ich glaube, es ist so einfach, wie es sich anhört. Sie hat Mackinerny erzählt, dass Little in ihren schwierigen Jahren als Einziger nett zu ihr war, und jetzt hat sie genug Geld und kann andere für sich springen lassen. Wir waren doch beide in Foothill, als der Mord an Little geschah. Wenn ich mich recht erinnere, war er einer von den Netten.«
Decker hatte die Einzelheiten des Falls damals nicht verfolgt. Er wusste nur noch, dass der Mord viel Platz in der Lokalzeitung eingenommen hatte. »Wie schnell wollen Sie mich an dem Fall arbeiten sehen?«
»Wie klingt ›gestern‹ für Sie, Lieutenant? Höchste Priorität, verstanden?«
»Habe verstanden und bin schon unterwegs.«
Das Nachdenken konnte Decker zwar nicht delegieren, dafür aber die Routinearbeit. Er beauftragte einen der frisch eingestellten Detectives mit der notwendigen, aber entsetzlich frustrierenden Aufgabe, vom West Valley nach Downtown zu fahren, um die Little-Akte zu holen. Im morgendlichen Berufsverkehr bedeutete das eine Pendelei von ein bis zwei Stunden, je nachdem, wie viele Sig-Alerts für die Hauptverkehrsadern von Los Angeles gemeldet wurden. In der Zwischenzeit ging Decker seine laufenden Ermittlungen durch und erledigte dabei den meisten Papierkram, um sich dann ganz dem Little-Fall widmen zu können.
Im Hauptdezernat gab es Detectives, die routinemäßig unaufgeklärte Mordfälle durchgingen, und warum die sich diesen Fall hier nie herausgefischt hatten, darüber konnte man nur Vermutungen anstellen. Decker argwöhnte, dass ein beträchtlicher Batzen des begehrten Geldes direkt zu Strapp fließen würde, sollte West Valley den Fall lösen. Außerdem hatten die Polizisten vor Ort möglicherweise mehr Glück dabei, einen Fall abzuschließen, der quasi in ihrem Hinterhof passiert war.
Bis Decker seine Aufmerksamkeit tatsächlich den sechs aus dem Archiv hergebrachten Schachteln widmen konnte, war es bereits sechs Uhr abends. Zu viele Bösewichte hatten seine Zeit beansprucht, und wenn er noch irgendetwas ausrichten wollte, brauchte er Ruhe zum Lesen und Nachdenken. Er beschloss, zu Hause weiterzuarbeiten, denn auch wenn es nicht den Vorschriften entsprach, offizielle Unterlagen mitzunehmen, so war dies doch an der Tagesordnung.
Die Fahrt nach Hause dauerte keine fünfzehn Minuten. Deckers Grundstück war über 1400 Quadratmeter groß und damit bei weitem nicht so riesig wie die Ranch, die er besessen hatte, als der Little-Fall durch die Medien ging. Aber der Platz reichte aus, um an einem herrlichen Frühlingstag seinen Arbeitstisch nach draußen zu tragen und mit seinen Werkzeugen zu spielen. Die Außenflächen waren zu einem Augenschmaus geworden, seit Rina vor ungefähr zwei Jahren mit dem Gärtnern angefangen hatte. Sie hatte eine eintönige Rasenfläche in ein üppiges Blumenmeer aus atemberaubenden Farben verwandelt. Letztes Jahr war sie damit in die Liste der besuchenswerten Gärten von Los Angeles aufgenommen worden. Scharenweise latschten Garten-Freaks einen ganzen Sonntag lang mit lauten »Aaahs« und »Ooohs« über sein Grundstück und gratulierten Rina zu ihrer gelungenen Arbeit.
Bei seiner Ankunft roch Decker schon die Knoblauchdüfte aus der Küche. Die Kochkünste seiner Frau übertrafen noch ihr überragendes Können als Landschaftsgärtnerin. Während er mit dem Schlüssel an der Haustür herumfummelte und gleichzeitig drei der Aktenkartons balancierte, gelang es ihm, sich Eintritt zu verschaffen und die Schachteln auf dem Esstisch abzustellen, ohne dabei auf den Hintern zu fallen. Ein gutes Zeichen.
Rina kam aus der Küche, mit ihrem irritierenden schwarzen Haar, ohne den leisesten Anflug von Grau, und das, obwohl diese Frau auch schon die vierzig deutlich überschritten hatte. Ihr fehlendes Altern erinnerte Decker pausenlos und schmerzlich daran, dass er bereits in den Fünfzigern und seine
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