Arglist: Roman (German Edition)
Genoa ein Exemplar der Los Angeles Times in die Hand und las über einen Mord mit Anklängen an Dr. Bens Fall. Während der Lektüre saß sie im Sessel der Vorstandsvorsitzenden im Büro der Vorstandsvorsitzenden von TIMESPACE, das sich über die Etagen fünfzehn bis zwanzig des »Greeves Building« in Cupertino erstreckte. Doch anders als im Mordfall Dr. Ben hatte man für dieses Carjacking Verdächtige festgenommen.
Sie dachte nach …
Dann griff sie zum Telefon und rief das LAPD an. Es dauerte eine Weile, bis sie die richtige Person am anderen Ende der Leitung hatte, aber als es so weit war, wusste sie, dass es jemand mit Handlungsbefugnis war. Genoa forderte zwar nicht die Wiederaufnahme des Falls Little, aber dennoch waren ihre Absichten glasklar zu erkennen. Natürlich besaß sie genug Geld, um ein ganzes Bataillon Privatdetektive loszuschicken, doch sie wollte niemandem auf die Füße treten – und warum sollte sie Geld abdrücken, wo sie doch im Staate Kalifornien exorbitante Steuern zahlte. Sicher sei das viele Bargeld, das sie sonst in Privatdetektive investieren würde, beim LAPD sinnvoller angelegt und könnte der Mordkommission bei ihren Ermittlungen hilfreich sein.
Übrigens sehr viel Geld, sollte sich das LAPD entscheiden, die Akte Ben Little wieder zu öffnen und den Fall tatsächlich zu lösen.
Der Inspektor lauschte ihrem Sermon, und seine Antworten klangen entsprechend bemüht, um nicht zu sagen, einen Hauch kriecherisch.
Genoa wollte die alte Geschichte neu aufgerollt wissen, um Bennett Alston Little Gerechtigkeit widerfahren zu lassen.
Genoa wollte die alte Geschichte neu aufgerollt wissen, weil der jüngste Mord sie an den Fall Little erinnerte und sie Parallelen zu erkennen glaubte.
Genoa wollte die alte Geschichte neu aufgerollt wissen, um einen Mörder vor Gericht zu bringen.
Genoa wollte die alte Geschichte neu aufgerollt wissen, um der Familie des Opfers sowie seinen Freunden Trost und inneren Frieden zu bescheren.
Genoa wollte die alte Geschichte neu aufgerollt wissen, weil sie in diesem Stadium ihres Lebens, mit einem Polster von 1,3 Milliarden Dollar, verdammt noch mal tun konnte, worauf sie Lust hatte.
2
»Das Gespräch verlief folgendermaßen. Ich sagte: ›Der Fall ist fünfzehn Jahre alt.‹ Daraufhin erwiderte Mackinerny: ›Strapp, das kümmert mich einen Scheißdreck, selbst wenn er aus der Steinzeit stammt – auf die Lösung des Falls ist eine Art Belohnung in siebenstelliger Höhe ausgesetzt, und Sie werden dafür sorgen, dass es dazu kommt.‹ Und ich sage: ›Kein Problem, Sir.‹«
»Gut gekontert.«
»Fand ich auch.«
Lieutenant Peter Decker betrachtete Strapp, der in den letzten fünfzehn Minuten vom angestrengten Stirnrunzeln etliche Falten hinzubekommen zu haben schien. Er wurde dieses Jahr sechzig, hatte aber immer noch die Statur eines Gewichthebers. Und einen messerscharfen Verstand mit der dazu passenden gestählten Persönlichkeit. »Ich werde tun, was ich kann, Captain.«
»Genau darum geht’s, Lieutenant – Sie werden tun, was immer Sie können. Ich möchte, dass Sie die Sache persönlich in die Hand nehmen, Decker, und nicht an irgendjemanden im Morddezernat delegieren.«
»Meine Mannschaft weiß besser über die neuesten kriminaltechnischen Verfahren Bescheid. Wahrscheinlich würden sie effektiver arbeiten als ich, der die meiste Zeit den Psychotherapeuten gibt und Urlaubspläne aufstellt.«
»Blödsinn!« Strapp rieb sich die Augen. »Im letzten Sommer waren Sie mehr da draußen unterwegs als an Ihrem Schreibtisch, nach den Überstunden zu urteilen, die Sie mit der Fliegerei Richtung San Jose und Santa Fe angehäuft haben. Bestimmt haben Sie sich damit ein paar Freiflüge verdient.«
»Wir haben zwei Morde aufgeklärt.«
»Von denen einer fünfundzwanzig Jahre her war, also sollte dieser hier ein Spaziergang sein. Auf die Lösung dieses Falls ist verdammt viel Geld gesetzt.«
Ein siebenstelliges Geschenk könnte dem LAPD den neuesten Stand der Technik verschaffen. Eine Ausstattung des Dezernats mit der modernsten kriminaltechnischen Ausrüstung würde möglicherweise mehr Verbrecher hinter Gitter bringen. Doch Decker hatte herausgefunden, dass letztendlich der menschliche Faktor zählte: Männer und Frauen, die in stundenlanger Fleißarbeit Geständnisse herauskitzelten, indem sie ein Detail bemerkten, das übersehen worden war, und deshalb noch eine Befragung mehr durchführten.
Natürlich hatte die Technik auch ihren Anteil daran.
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