Arkana
Kapitel 2
Maron, Palast des Maxim
Der Duka richtete seinen Schädelfächer ein wenig auf und prüfte
den Sitz seiner Prachtuniform. Abzeichen und Knöpfe glänzten im
Morgenlicht, das durch die bunten Flurfenster fiel.
Nukars Echsenaugen strahlten vor Verlangen. Der stattliche Mann
war kein geringerer als der Duka von Maron, verantwortlich für den
Transport von Waren zwischen dem Hauptplaneten und seinen
Vasallenplaneten und deren Monden: Abfall ging von Maron nach
Cetelo, wo auf Deponien nahrhafte Insekten gezüchtet wurden, die
wiederum zusammen mit Monderzen von Cetelo nach Maron transportiert
wurden.
Seine Geschäfte hatten den Duka auf seinen Heimatplaneten
geführt, und nun stand der wichtigste Termin von allen an. Er
verharrte einen Moment lang vor der verzierten Tür, die zu den
Gemächern der edlen Enela führte.
»Möge die Dame ihr Ohr öffnen für Euer Schmeicheln«, schnarrte
Kahm-2, der mobile Automat, ständiger Begleiter des Duka.
»Schweigt, mein elektrischer Freund, Ihr rezitiert nur Phrasen,
die man Euch gelehrt hat.«
»Wie Ihr wünscht«, entgegnete Kahm-2. Die kantige, silbern
glänzende Maschine verharrte auf ihren drei Beinen, von denen eines
wie der Schwanz eines Maron aussah.
Nukar meinte, leisen Gesang von jenseits der Tür zu hören. Dann
schob er die Pforte in die Wand.
Enela, die Arxidukessa von Maron, Enkelin des Maxim, saß an
ihrem aus weißem Stein gehauenen Schreibtisch. Sie las von einem
silbern verzierten Tablettgerät und sah auf, als Nukar eintrat.
»Edler Herr«, sprach sie mit einem Hauch Freundlichkeit, »möge
die Sonne auf Euch scheinen.«
Neben den abgeschalteten Körperwärme-Lampen stand Enelas
elektrischer Berater und sang ein süßliches Lied.
Nukar näherte sich dem Tisch, an dem Enela saß. Ihre vorstehende
Mundpartie war mit silbernen Spangen geschmückt. »Ihr müsst in Eile
sein«, sagte sie. »Der Auftrag meines Großvaters erfüllt Euch
sicher mit Stolz.«
Der Duka stutzte. »Erklärt Ihr mir, wovon Ihr redet, verehrte
Dame?«
»Was rede ich von Stolz … reine Freude erfüllt Euch, wie es
scheint.« Enela schielte zum Kopffächer ihres Verehrers. »Oder
Vorfreude, nach Eurer Rückkehr den Erfolg Eurer Mission mit einer
Dame angemessen zu feiern?«
Bemüht, keine Schwäche zu zeigen, verschränkte Nukar die Arme
hinter dem Rücken. »Keinesfalls werde ich Euch enttäuschen, meine
Liebe.«
Nukar warb schon lange um die Enkelin des Maxim. Seine Berufung
zum Duka ließ ihm kaum Gelegenheit, Zeit auf Maron zu verbringen
und nur wenig davon konnte er nutzen, um Enela auf sich aufmerksam
zu machen. Nein, er würde sie nicht enttäuschen. Allerdings fragte
er sich, um was für einen Auftrag es ging, und warum er noch nichts
davon wusste. Ob Kahm-2 mal wieder eine wichtige Nachricht
fälschlicherweise als Scherz Heranwachsender identifiziert und
verworfen hatte?
Der Duka schritt langsam vom Tisch, an dem Enela sich wieder auf
ihr Tablett konzentrierte, hinüber zum Balkon. Er lehnte sich über
die Brüstung und genoss den Blick über die weiten Parkanlagen des
Palastes von Maron. Bedienstete eilten über die Hauptwege, darunter
prächtig gekleidete Maron und elektrische Berater, aber auch
Ceteloni, die mit ihren vier kräftigen Armen Lasten schleppten.
Die Sonne wärmte Nukar, und er spürte, wie sein Körper die
Energie dankbar aufnahm. Er atmete tief ein und drehte sich um.
»Meine Dame«, begann er und wartete, bis Enela ihn ansah. »Niemand,
der um Euch wirbt, wird so dumm sein, Euch zu enttäuschen.«
»Ihr seid vieles, Duka«, gab Enela zurück, »aber zweifellos
nicht dumm.«
Nukar trat vom Balkon zurück in den Raum. »Dann verabschiede ich
mich. Für eine gewisse Zeit.«
Die Arxidukessa senkte als Zustimmung den Kopf und studierte
wieder ihr Tablett.
Der Duka wartete noch einen Moment, aber das Gespräch war
offenbar beendet. Mit selbstbewusste Schritten marschierte er aus
dem Raum.
Vor der Tür wartete Kahm-2. »Der Besuch war sicher ein Erfolg«,
summte der Automat.
Nukar bleckte die Zähne. »Habt Ihr mir eine Nachricht
unterschlagen, mein elektrischer Freund?«
Die Maschine gab ein entsetztes Schnarren von sich. »Ein solcher
Irrtum würde mir nie unterlaufen!«
»Enela hat von einem Auftrag des Maxim gesprochen. Warum weiß
sie davon und ich nicht?«
Kahm-2 suchte nach einer logischen Antwort. »Diese Frage kann am
besten der Maxim beantworten.«
Der Duka grunzte. Der kühle Flur verlangsamte seinen
Blutkreislauf.
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