Armageddon 01 - Die unbekannte Macht
Mzu war – falls sie es nicht schon längst wußten. Ihr Schicksal würde nicht von irgendeinem Minister des politisch unbedeutenden Garissa entschieden werden.
»Vielleicht wird es nicht ganz so wie früher sein«, hatte er geantwortet. »Aber die Universität wird es noch immer geben. Die Studenten. Das ist es doch, wofür du und ich leben, oder nicht? Das ist der wahre Grund, aus dem wir hier sind. Um das alles zu schützen.«
»Ja«, hatte sie erwidert, als würde dieses eine Wort reichen, um einen Fakt daraus zu machen. Sie hatte aus dem Fenster gesehen. Die Basis lag in der Nähe des Äquators, und die Sonne schien so grell, daß der Himmel ein einziges konturloses Weiß war. »Zu Hause ist jetzt Oktober. Der gesamte Campus ist knöcheltief von Federsamen übersät. Ich habe das Zeug immer als ein verdammtes Ärgernis betrachtet. Wer ist bloß auf die Idee gekommen, eine afrikanisch-ethnologische Kolonie auf einer Welt zu gründen, die zu drei Vierteln aus gemäßigten Klimazonen besteht?«
»Also das ist ein überkommener Mythos, daß wir nur in tropischen Höllenlöchern leben können. Unsere Gesellschaft ist es, die zählt. Wie dem auch sei, ich mag den Winter. Und du würdest verrückt werden, wenn es überall auf der Welt das ganze Jahr über so heiß wäre wie hier.«
»Du hast recht.« Sie lachte gezwungen.
Er seufzte und studierte ihr Gesicht. »Wir haben es auf ihren Stern abgesehen, Alkad, nicht auf Omuta selbst. Sie haben eine Chance. Sie haben sogar eine ziemlich gute Chance.«
»Auf Omuta leben siebenundfünfzig Millionen Menschen. Ohne jedes Licht, ohne Wärme.«
»Die Konföderation wird ihnen helfen. Zur Hölle, als die Große Expansion ihren Höhepunkt erreicht hatte, wurden jede Woche mehr als zehn Millionen Menschen von der Erde deportiert!«
»Die alten Transportschiffe sind längst verschrottet worden.«
»Trotzdem deportiert die irdische GovCentral noch immer jede Woche gut eine Million Menschen. Die Konföderierte Navy besitzt Tausende von militärischen Transportern. Sie können es schaffen.«
Alkad nickte schwach. Sie wußte, daß es hoffnungslos war. Die Konföderation war nicht einmal imstande, zwei unbedeutende Regierungen zu einer Übereinstimmung und einem Friedensvertrag zu bringen, auch wenn die beiden Völker es wollten. Wie gering standen dann erst die Chancen, daß die Generalversammlung in der Lage war, die nur widerwillig freigegebenen Ressourcen von mehr als achthundertsechzig verschiedenen bewohnten Sternensystemen koordiniert zu verteilen?
Das Sonnenlicht, das durch die Bullaugen der Messe hereinströmte, wurde zu einem schwachen, rötlichen Schimmer und verblaßte. Alkad fragte sich benommen, ob der Alchimist bereits mit seiner Arbeit angefangen hatte. Doch dann stabilisierten die Stimulationsprogramme ihre Gedanken, und sie erkannte, daß sie sich im freien Fall befand und ihre Kabine nur von einem schwachen, rötlichen Notlicht erhellt wurde. Ringsum schwebten Menschen durch die Luft. Die Besatzung der Beezling, die sich leise und mit besorgten Stimmen unterhielt.
Etwas Warmes, Feuchtes streifte an ihrer Wange vorbei. Klebrig. Instinktiv riß sie die Hand hoch. Ein ganzer Schwarm dunkler Motten schwebte durch ihr Gesichtsfeld. Sie glitzerten schwach im Licht. Blut!
»Peter?« Sie glaubte seinen Namen zu schreien, doch ihre Stimme war sehr schwach. »Peter!«
»Ruhig, ganz ruhig.« Das war ein Besatzungsmitglied. Menzul? Er hielt ihre Arme, um zu verhindern, daß sie in dem beengten Raum gegen Decke, Boden oder Wände prallte.
Schließlich sah sie Peter. Zwei weitere Besatzungsmitglieder schwebten über ihm. Sein gesamtes Gesicht war in einen medizinischen Nano-Verband gehüllt, der aussah wie dickes grünes Polyethylen.
»Ach du liebe Mutter Maria!«
»Er wird wieder«, sagte Menzul hastig. »Er kommt durch. Es ist nichts, womit die Nanos nicht fertig werden könnten.«
»Was ist passiert?«
»Wir wurden von einem Geschwader Blackhawks angegriffen. Eine Antimaterieexplosion hat die Hülle durchschlagen. Wir wurden ziemlich durchgeschüttelt.«
»Was ist mit dem Alchimisten?«
Menzul zuckte die Schultern. »Er ist noch heil. Als ob das jetzt noch eine Rolle spielen würde.«
»Warum?« fragte sie, obwohl sie die Antwort nicht hören wollte.
»Die Explosion hat dreißig Prozent unserer Sprungknoten zerstört. Die Beezling ist ein Militärschiff. Wir können springen, solange nicht mehr als zehn Prozent der Knoten außer Betrieb sind. Aber dreißig
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