Armegeddon Rock
ihn mit gekreuzten Beinen auf dem Wohnzimmerteppich sitzend vor, umgeben von Straßenkarten, alten Büchern mit Zeitungsausschnitten von Stories aus der Blütezeit des Hog und leeren Flaschen Michelob. Sie stand in ihrer beigen Geschäftskleidung im Flur, mit der Aktentasche in der Hand und vom Wind zerzausten Haaren, und starrte ihn hinter getönten Gläsern erstaunt an. »Was ist denn hier los?« fragte sie.
»’ne lange Geschichte«, erwiderte Sandy. »Hol dir’n Bier, und ich erzähl’s dir.«
Sharon sah ihn unschlüssig an, entschuldigte sich, ging nach oben und zog sich maßgeschneiderte Jeans sowie eine weite Baumwollbluse an und kam mit einem Glas Rotwein in der Hand zurück. Sie setzte sich in einen der großen Lehnsessel. »Schieß los.«
»Der Lunch war ein Schlag ins Wasser«, sagte Sandy, »und die verdammten Kobolde haben kein Wort für mich geschrieben, aber das Gespenst der Hedgehog -Vergangenheit hob seinen dicken Kopf, als ich zurückkam.« Er erzählte ihr die ganze Geschichte. Sie hörte mit demselben freundlichen, professionellen Lächeln zu, das sie zur Schau trug, wenn sie Sandsteinhäuser und Apartments verkaufte, zumindest am Anfang. Am Schluß runzelte sie jedoch die Stirn. »Du machst keine Witze, oder?« fragte sie.
»Nein«, sagte Sandy. Das hatte er befürchtet.
»Ich kann das nicht glauben«, meinte Sharon. »Du hast einen Ablieferungstermin, oder nicht? Was Patterson auch bezahlt, den Roman wird es nicht ersetzen. Das ist dumm, Sandy. Du warst bei den letzten beiden Büchern schon zu spät dran. Kannst du dir das diesmal wieder leisten? Und seit wann bist du zu einem Kriminalreporter geworden? Was hat es für einen Sinn, in Dingen herumzupfuschen, von denen du nichts verstehst? Hast du denn irgendeine Ahnung von Mordfällen?«
»Ich hab die halbe Travis McGee-Serie gelesen«, sagte Sandy.
Sharon gab einen entrüsteten Laut von sich. »Sandy! Sei ernst.«
»Na schön«, meinte er. »Ich bin also kein Kriminalschriftsteller. Na und? Ich weiß ’ne Menge über Jamie Lynch, und ich weiß ’ne Menge über Sekten. Das hier hat alle Merkmale einer Sache im Manson-Stil. Vielleicht kann ich ein Buch draus machen, ’ne ganz andere Art von Buch, so was wie Kaltblütig. Betrachte es mal als Wachstumserfahrung. Du bist doch ganz groß in Wachstumserfahrungen.«
»Du sprichst nicht von Wachstum«, fauchte Sharon. »Du sprichst von Regression. Hedgehog gibt dir einen Schein für Unzurechnungsfähigkeit, und du bist ganz wild drauf. Du willst da rauffahren und Sam Spade spielen und mit Rockstars von gestern und alten Yippies reden und für einen Monat oder so die sechziger Jahre noch mal durchleben, auf Pattersons Kosten. Wahrscheinlich wirst du versuchen zu beweisen, daß Richard Nixon es getan hat.«
»Ich hatte Lyndon B. Johnson in Verdacht«, meinte Sandy.
»Er hat ein Alibi. Er ist tot.«
»Au Scheiße«, sagte Sandy mit seinem gewinnendsten Grinsen.
»Hör auf, so verdammt gewitzt zu tun«, fuhr Sharon ihn an. »Das bringt überhaupt nichts. Werd erwachsen, Sandy. Das ist kein Spiel. Das ist dein Leben.«
»Wo ist dann Ralph Edwards {1} ?« fragte er. Er klappte sein Buch mit den Zeitungsausschnitten zu und legte es beiseite. »Die Sache regt dich richtig auf, wie?«
»Ja«, sagte Sharon knapp. »Das ist kein Scherz, ganz gleich, was du denkst.«
Sie hatte ihn schließlich runtergezogen; Ärger war ansteckend. Aber er entschloß sich, es ein letztesmal zu versuchen. »Ich werd’ nicht allzulange weg sein«, sagte er. »Und Maine kann zu dieser Jahreszeit sehr hübsch sein, wo es grade anfängt, Herbst zu werden. Komm doch mit. Nimm’s als Urlaub. Wir müssen mehr Zeit miteinander verbringen, und wenn du mitkämst, würdest du vielleicht meine Einstellung dazu ein bißchen besser verstehen.«
»Klar«, sagte sie mit vor Sarkasmus triefender Stimme. »Ich ruf einfach Don in der Agentur an und sag’ ihm, daß ich für weiß wie lang freinehme und daß er für mich einspringen soll. Dicke Chance. Ich hab’ eine Karriere, an die ich denken muß, Sandy. Dir ist das vielleicht egal, aber mir nicht.«
»Mir auch nicht«, gab er verletzt zurück.
»Außerdem«, fügte Sharon zuckersüß hinzu, »wäre es bestimmt ein bißchen lästig, mich dabei zu haben, wenn du dich entschiedest, da rumzumachen, oder was meinst du?«
»Verdammt, wer hat gesagt, daß ich…«
»Du brauchst es nicht zu sagen. Ich kenne dich. Nur zu, es macht mir nichts aus. Wir sind nicht verheiratet, wir
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