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Arthur & George

Arthur & George

Titel: Arthur & George Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian Barnes
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sagen, wenn er keine Anzeige wegen Verabredung zur Begehung eines Diebstahls bekam.
    So weit hatte Sir Arthurs Überschwang ihn getrieben. Und an allem war, wie George meinte, nur Sherlock Holmes schuld. Sir Arthur hatte sich zu sehr von seinem eigenen Geschöpf beeinflussen lassen. Holmes führte seine brillanten Deduktionen vor, und wenn er die Übeltäter dann den Behörden übergab, stand ihnen die Schuld eindeutig auf die Stirn geschrieben. Doch Holmes hatte noch nie in den Zeugenstand treten und zusehen müssen, wie seine Vermutungen und Eingebungen und makellosen Theorien von Leuten wie Mr Disturnal in stundenlanger Kleinarbeit zu allerfeinstem Staub zermahlen wurden. Sir Arthur war sozusagen auf ein Feld gegangen, auf dem sich womöglich die Fußspuren des Täters befanden, war dort überall herumgetrampelt und hatte dabei noch mehrere verschiedene Stiefel getragen. In seinem Eifer hatte er eine Anklage gegen Royden Sharp vorgebracht, die er gleichzeitig selbst zunichte machte. Und schuld daran war Mr Sherlock Holmes.

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Arthur & George
    Als Arthur eine Abschrift des Berichts des Gladstone-Ausschusses in der Hand hält, ist er erleichtert, dass er zweimal nicht ins Parlament gewählt wurde. Er muss sich nicht direkt schämen. So geht es da also zu, so werden schlechte Nachrichten unter den Teppich gekehrt. Sie haben den Bericht ohne jede Vorankündigung am Freitag vor Pfingsten herausgebracht. Wer will schon etwas von einem Justizirrtum lesen, wenn er im Zug ans Meer sitzt? Wer ist für eine sachkundige Stellungnahme zu erreichen? Wen interessiert das noch, wenn Pfingstsonntag und Pfingstmontag vorüber sind und die Arbeit wieder beginnt? Der Fall Edalji – ist der nicht seit Monaten abgeschlossen?
    Auch George hält eine Abschrift in der Hand. Er sieht sich das Titelblatt an:

    Und dann, unten auf der Seite:

    Das klingt gewichtig, aber der Preis sagt wohl alles. Anderthalb Pence für die Wahrheit über seinen Fall, über sein Leben … Skeptisch schlägt er die Broschüre auf. Vier Seiten Bericht, dann zwei kurze Anhänge. Anderthalb Pence. Er hält den Atem an. Wieder wird ihm sein Leben vor Augen geführt. Und dieses Mal nicht für die Leserschaft des Cannock Chase Courier , der Birminghamer Daily Gazette oder Daily Post , des Daily Telegraph oder der Times , sondern für beide Häuser des Parlaments und des Königs Allerhöchste Majestät …
    Arthur hat den Bericht ungelesen in Jeans Wohnung mitgebracht. Das ist nur recht und billig. Wie der Bericht dem Parlament vorgelegt wird, so sollten die Ergebnisse seines Unterfangens Jean vorgelegt werden. Ihr Interesse an der Sache hat seine Erwartungen weit übertroffen. In Wahrheit hatte er überhaupt keine Erwartungen. Doch Jean hat stets an seiner Seite gestanden, wenn nicht im wörtlichen, so doch im übertragenen Sinn. Also muss sie auch beim krönenden Abschluss dabei sein.
    George holt sich ein Glas Wasser und setzt sich in einen Sessel. Seine Mutter ist nach Wyrley zurückgekehrt, und er ist zurzeit allein in seinem möblierten Zimmer bei Miss Goode, deren Adresse bei Scotland Yard registriert ist. Er legt sich ein Notizbuch auf die Armlehne, da er nicht in den Bericht selbst hineinschreiben will. Vielleicht ist er noch immer nicht geheilt von den Vorschriften für die Benutzung von Bibliotheksbüchern in Lewes und Portland. Arthur steht mit dem Rücken zum Kamin, während Jean näht, den Kopf schon halb zur Seite geneigt in Erwartung der ausgewählten Passagen, die Arthur ihr vorlesen wird. Sie überlegt, ob sie an so einem Tag vielleicht mehr für George Edalji hätten tun sollen, ihn etwa auf ein Glas Champagner einladen – allerdings trinkt er ja nicht; und da sie erst an diesem Morgen erfahren haben, dass der Bericht heute herauskommen soll …
    George Edalji stand vor Gericht wegen der verbrecherischen Verletzung von …
    »Ha!«, ruft Arthur nach einem knappen Absatz. »Hör dir das an. Der Zweite Vorsitzende der Quarter Sessions, der bei der Verhand lung den Vorsitz führte, erklärte auf die Frage nach dem Urteil, er und seine Kollegen seien der festen Überzeugung, dass das Urteil zu Recht ergangen sei . Laien. Blutige Laien. Kein einziger Jurist darunter. Manchmal habe ich das Gefühl, meine liebe Jean, dass das ganze Land von Laien regiert wird. Hör dir das an. Diese Umstände lassen uns ernsthaft zögern, eine abweichende Meinung zu einem derart zu stande gekommenen und derart bestätigten Urteil zu äußern .«
    George machte

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