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Arztgeschichten

Arztgeschichten

Titel: Arztgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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Serjosha Poljakow zwei Jahre nicht gesehen, doch ich kann mich gut an ihn erinnern. Er war immer sehr vernünftig. Ja. Also ist irgendein Unglück geschehen. Die Ader schmerzt nicht mehr so sehr … Der Schlaf kommt wohl. Worin besteht der Mechanismus des Schlafs? Ich habe im Physiologiebuch darüber gelesen … Aber es ist eine dunkle Geschichte … Ich verstehe nicht, was das ist, Schlaf … Wie schlafen die Gehirnzellen ein? Ich weiß es nicht, im Vertrauen gesagt. Ich bin überzeugt, der Verfasser des Lehrbuchs ist sich auch nicht ganz sicher. Eine Theorie ist die andere wert. Da steht Serjosha Poljakow in der grünen Jacke mit den goldenen Knöpfen am Zinktisch, auf dem ein Leichnam liegt … Hm, ja … Da ist der Schlaf …
     
    3 Tuk, tuk … Bum, bum, bum … Aha. Wer? Wer? Was? Ach so, es klopft … Verdammt, es klopft … Wo bin ich? Was ist mit mir? Was ist los? Ja, in meinem Bett … Warum werde ich geweckt? Weil ich Dienst habe. Wachen Sie auf, Doktor Bomhart. Da schlurft Marja zur Tür, um zu öffnen. Wie spät? Halb eins … Nacht. Also habe ich bloß eine Stunde geschlafen. Was macht die Migräne? Sie ist da.
    Es klopfte leise.
    »Was ist los?«
    Ich öffnete die Tür zum Eßzimmer. Die Nachtschwester sah mich aus der Dunkelheit an, und ich fand ihr Gesicht bleich und ihre Augen unnatürlich groß.
    »Wen hat man gebracht?«
    »Den Arzt aus Gorelowo«, antwortete sie heiser. »Er hat sich erschossen.«

    »Po-lja-kow? Unmöglich! Poljakow?«
    »Den Namen weiß ich nicht.«
    »Hören Sie zu. Ich komme sofort. Sie laufen zum Chefarzt und wecken ihn. Sagen Sie ihm, ich bitte ihn dringend ins Sprechzimmer.«
    Die Nachtschwester stürzte davon, der weiße Fleck entschwand meinen Augen.
    Zwei Minuten später trat ich auf die Vortreppe, und ein wütender Schneesturm, trocken und stechend, peitschte mir ins Gesicht, blähte die Mantelschöße, ließ den erschrockenen Körper vereisen.
    In den Fenstern des Sprechzimmers flammte unruhiges weißes Licht. Auf der Vortreppe stieß ich in einer Schneewolke auf den Chefarzt, der schon hierhergeeilt war.
    »Ihr Poljakow?« fragte er und hüstelte.
    »Ich begreife es nicht, doch er scheint es zu sein«, antwortete ich, und wir liefen hinein.
    Von einer Bank erhob sich eine vermummte Frau und kam uns entgegen. Wohlbekannte, verheulte Augen blickten mich unter dem Rand des braunen Tuchs hervor an. Ich erkannte Marja Wlassjewna, die Hebamme aus Gorelowo, meine treue Helferin bei Entbindungen im dortigen Krankenhaus.
    »Poljakow?« fragte ich.
    »Ja«, antwortete sie, »schrecklich, Doktor, ich habe während der ganzen Fahrt gezittert, ob ich ihn lebend herbringe.«
    »Wann ist es passiert?«
    »Heute früh«, murmelte sie, »der Nachtwächter kam gelaufen und sagte, beim Doktor in der Wohnung sei ein Schuß gefallen.«
    Unter der Lampe, die widerlich unruhiges Licht verbreitete, lag Doktor Poljakow, und schon beim ersten Blick auf seine leblosen, wie versteinerten Filzstiefel klopfte mir das Herz.
    Die Mütze hatte man ihm abgenommen, und ich sah seine feuchtklebenden Haare. Meine Hände, die Hände
der Nachtschwester und die Hände Marja Wlassjewnas wirtschafteten flink an dem Verletzten, und unter dem Mantel kam weißer Mull mit zerlaufenen gelbroten Flecken zum Vorschein. Die Brust bewegte sich schwach. Ich fühlte den Puls und zuckte zusammen, der Puls schwand unter meinen Fingern, zog sich in die Länge wie ein Faden mit kleinen, unstabilen Knoten. Schon griff die Hand des Chirurgen nach der Schulter, faßte das blasse Fleisch und kniff es zusammen, um Kampfer zu spritzen. Poljakows verklebte blaue Lippen öffneten sich zuckend, ein rötlicher Blutstreifen trat aus, und er sagte trocken und schwach:
    »Laßt den Kampfer. Zum Teufel …«
    »Still«, antwortete ihm der Chirurg und drückte das gelbe Öl unter die Haut.
    »Wahrscheinlich ist der Herzbeutel verletzt«, flüsterte Marja Wlassjewna, hielt sich krampfhaft am Tischrand fest und betrachtete die geschlossenen Lider des Verletzten. Grauviolette Schatten wie die Schatten des Sonnenuntergangs traten immer markanter in den Kerben an den Nasenflügeln hervor und bedeckten sich mit quecksilberartigem Schweiß wie mit Tautröpfchen.
    »Revolver?« fragte der Chirurg, und seine Wange zuckte.
    »Browning«, lispelte Marja Wlassjewna.
    »Ach«, sagte der Chirurg plötzlich wie in Wut und Ärger und trat mit einer wegwerfenden Handbewegung zurück.
    Erschrocken wandte ich mich zu ihm, denn ich begriff

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