Aschenpummel (German Edition)
Wunderbar glatt, wie das alles lief, und schrecklich nett, wie beide zu mir waren. Sollten meine Alarmglocken schrillen?
Sie hatte im Schuh-Bi rumgeschnüffelt, er hatte sich nach Hans’ Schatz erkundigt. Bonnie und Clyde. Oh ja, meine Alarmglocken sollten schrillen. Sie taten es auch, doch ich gebot ihnen Einhalt.
Du darfst nicht allen Menschen gleich das Schlechteste unterstellen, Teddy. Vielleicht bist du diejenige, die spinnt und die böse veranlagt ist, schließlich bist du es ja auch, die auf diese ganzen dummen Gedanken kommt. Lebe endlich, Teddy! Lebe und genieße!
Du metamorphierst gerade, das ist es. Und von einer Pfingstrose Duft naschen nun mal alle gern. Wow, von allen schlechten Sprüchen, die ich je gemacht hatte, war das wohl der schlechteste.
Ich bog in die Sieveringer Straße ein und schlich lustlos die Häuser entlang, bis mir einfiel, dass ich einen Abstecher in den Drogeriemarkt machen könnte. Um mir eine verwöhnende Bodylotion zuzulegen.
Ich hatte mir immer schon gerne die ganzen Kosmetikartikel angesehen, aber um ehrlich zu sein, gönnte ich mir nie was davon. Auf die Idee wäre ich bisher gar nicht gekommen.
Ich roch mich durch sämtliche Lotionen. Arbeitete mich von den billigen hoch bis zu den teuren und weiter zu den unerschwinglichen.
»Kaufen Sie auch eine?«, fragte eine Regalbetreuerin leicht genervt.
»Natürlich«, rief ich ertappt, behielt die teuerste Flasche von allen in der Hand und trat die Flucht an. Bei den Duschbädern angekommen, ärgerte ich mich über meine Eilfertigkeit. Ich machte kehrt und marschierte die drei Schritte zurück zu den Bodylotions. Die Verkäuferin hob die Augenbrauen.
»Ich muss doch wissen, wie die riecht, bevor ich sie kaufe, oder?«, fragte ich aufmüpfig. Sie fand das keiner Antwort wert und ging in den nächsten Gang. Unbefriedigend, ich hätte gerne noch ein bisschen mehr gestänkert. So unbefriedigend, dass ich mir ein paar weitere Produkte gönnen musste. Ich suchte das Regal ab. Gegen Cellulite stand groß auf einer goldenen Packung. Sichtbares Ergebnis bereits nach vierzehn Tagen. Ich schnaubte und begann mich durch sämtliche Anti-Cellulite-Produkte zu wühlen. Ergebnis nach zehn Tagen. Ergebnis nach drei Wochen. Ergebnis nach fünf Tagen. Was Schnelleres gab es nicht. Ich schnappte mir die Flasche und las mir die Beschreibung an der Seite durch.
»Nein, so was, liebe Teddy!«
Mr. Rochester. Der Zahnarzt. Der mich für schön hielt und mich nun mit einer Packung sündhaft teurer, absolut entwürdigender Orangenhautcreme vor sich fand. Ich lächelte gequält.
»Was kaufen Sie denn Schönes?«
»Für m – meine Mutter«, stammelte ich. »Sie hat –«
»Eine sehr fürsorgliche Tochter. Ich verstehe das.« Er lächelte, drückte dabei sanft die Augen zu, so lange, bis ich vollends geschmolzen war.
»Bis heute Abend, Teddy. Ich freue mich.«
Ich sah ihm nach. Seine blonden Haare wippten bei jedem Schritt, den er machte. Ich merkte, dass ich mir auf die Unterlippe biss. Und mein Atem viel zu schnell ging. Doch ich wusste, dass ich das verklärte Lächeln auf meinen Lippen nicht nur dem Zahnarzt, sondern auch mir selbst zu verdanken hatte. Ich war stolz. Oh ja. Denn ich hatte die Situation mit der Cellulitecreme wunderbar gemeistert. Ich war nicht im Erdboden versunken und ich hatte keine Aliens gerufen. Als wäre ich plötzlich erwachsen geworden. Es war wunderbar, erwachsen zu sein.
An der Kassa musste ich warten. Die Dame vor mir stapelte geschätzte vierhundertzweiundneunzig Schälchen Katzenfutter auf das Förderband, in unterschiedlich hohen Türmen, so dass die Kassiererin erst recht alle zählen musste. Bei Turm Nummer acht hatte sie allerdings vergessen, wie viele sie bisher gezählt hatte, und fing von neuem an. Ich schloss die Augen. Als ich sie wieder öffnete, fiel mein Blick auf das Wort Orgasmus . Auf einer Schachtel in einem Regal direkt neben der Kassa. Verjüngen Sie Ihren Beckenboden mit der Reizstrom-Vaginalsonde, stand da. Daneben war eine Abbildung der Sonde, die ein bisschen wie eine silberne Glühbirne aussah, aus deren Sockel zwei Kabel hingen. Ich schob mir die Brille näher an die Augen und las weiter: Die Femaline -Vaginalsonde dient der Behandlung von Inkontinenz und zur Stärkung des Beckenbodens vor und nach der Geburt. Ein trainierter Beckenboden steigert nicht nur die Orgasmusfähigkeit der Frau, sondern kann auch zur stärkeren Lustempfindung des Mannes eingesetzt werden.
Die letzten Worte
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