Aschenpummel (German Edition)
blieb der Mund offen stehen. Das war heute echt nicht mein Tag.
»Deine Freundin war schon wieder da.«
Immerhin sprach Be-De wieder mit mir. Ich freute mich so sehr darüber, dass ich großmütig sagte: »Tut mir leid wegen gestern. Das war alles nicht so gemeint.«
Be-De seufzte großmütig. »Entschuldigung angenommen.«
Zufrieden verzog mich nach hinten, um mich umzuziehen. Be-De kam hinter mir her. »Was will die eigentlich von dir?«
Ich drehte das Wasser auf und zuckte mit den Schultern.
»Na komm, heute ist schon der dritte Tag, an dem die sich hier herumtreibt.«
»Bonnie-Denise, könntest du mich kurz alleine lassen, damit ich mich umziehen kann?«
Diesmal war der Seufzer noch lauter. »Aber beeil dich, Nancy kommt um elf vorbei.«
Ooooh, das war gut, das war sogar sehr gut.
Normalerweise war es natürlich schlecht, wenn Nancy kam. Nancy war frustriert, unfreundlich und zog das einzige bisschen Befriedigung in ihrem Leben aus der Meckerei. Wobei, wahrscheinlich nicht mal daraus.
Sie war Ende dreißig und so dünn, dass ich an ihrer Stelle immer glücklich gewesen wäre. Sie hatte zwei Ex-Männer und einen zukünftigen Ex, und drei Kinder aus der allerersten Ehe, die jedoch nicht bei ihr wohnten, sondern bei ihrem ersten Ex-Mann. Gott sei Dank, sagte Nancy, Gott sei Dank wohnten sie nicht bei ihr, und Gott sei Dank Ex.
»Wieso wird hier nicht verkauft?«, war ihre erste Frage, als sie um Punkt elf hereinkam. »Was ist das überhaupt für ein Laden, in dem die Chefin und zwei Angestellte stehen, aber kein einziger Kunde? Was seid ihr für Verkäuferinnen?«
Das Schöne war, Be-De und ich konnten reagieren, wie wir wollten. Uns rechtfertigen, Däumchen drehen oder auch Nancy die Zunge herausstrecken. Sie würde uns sowieso nicht feuern. Das ist der Vorteil, wenn man für zu wenig Geld arbeitet. Nancy wusste, dass unsere Nachfolger um nichts besser sein würden als wir.
Interessanterweise hatten sowohl Be-De als auch ich dennoch immer das Bedürfnis, uns zu rechtfertigen. Wir machten keine schlechte Arbeit. Wenn ein Kunde hereinkam, wurde er freundlich und gut bedient, mehr konnte man von uns nicht verlangen.
»Es ist der lange Sommer«, sagte Be-De und wackelte mit ihrem Pferdeschwanz. »Sommerschuhe kaufen die Leute Anfang September nicht mehr, da wären sie ja verrückt. Und für Herbstschuhe ist es zu heiß. Bei achtundzwanzig Grad haben die Leute anderes zu tun, als an die kalte Jahreszeit zu denken.«
»Und was ist Ihre Ausrede, Teddy?« Nancy zog die Mundwinkel bis runter auf die Schultern, und ich dachte bei mir, was sie doch für einen wunderbaren traurigen Clown abgeben würde.
»Heute mal nichts«, antwortete ich. »Ich habe aber eine Frage an Sie.«
Nancy zog die Augenbrauen bis zum Scheitel, also einen knappen Meter über die Mundwinkel.
»Hat Hans Ihnen die Sachen von Frank Sinatra vererbt?«
»Erstens, welcher Frank Sinatra, zweitens, welche Sachen, und drittens, was geht Sie das an?«
»Okay, also erstens, der Frank Sinatra, zweitens, die Sachen von ihm, und drittens, Nancy, entschuldigen Sie, aber ich würde einfach gerne wissen, wo die Sachen hingekommen sind. Ich habe Sie vor drei Jahren schon mal danach gefragt, erinnern Sie sich?«
»Woher soll ich wissen, wo das Zeug ist? Nichts hat er mir vererbt. Nichts.«
»Das Schuh-Bi-Dubi-Du aber schon«, warf Bonnie-Denise ein.
»Dafür werd ich ihm im Jenseits danken. Darauf könnt ihr euch verlassen«, knurrte Nancy.
Danach schob sie die Kassa von der linken Seite in die Mitte der Theke und verließ das Etablissement.
»Die nervt«, gab Be-De zu Protokoll.
»Und wie«, stimmte ich zu.
»Und was sollte das mit Hans?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht. In letzter Zeit haben mich einige Leute auf die Geschichte angesprochen. Ich hab gar nicht mehr daran gedacht, dass wir früher echte Sinatra-Originale hier gehabt haben. Auch eine Ukulele. Und ein Foto, auf dem Sinatra und Hans gemeinsam drauf waren. Aber eines Tages hat er die Sachen heruntergenommen.«
Be-De schob die Kassa zurück auf die linke Seite und meinte: »Er wird sie einfach mit nach Hause genommen haben, oder?«
Wie langweilig. Und wie unwahrscheinlich. Ich zweifelte das an: »Erstens hat Hans mir damals gesagt, er würde die Sachen bald wieder aufhängen, und zweitens müsste Nancy sie dann doch haben. Sie hat seine Wohnung aufgelöst.«
»Hmm, vielleicht in einem Bankschließfach?«
»Samt Ukulele? Glaub ich nicht. Außerdem hätte Nancy
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