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Aschenpummel (German Edition)

Aschenpummel (German Edition)

Titel: Aschenpummel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Miedler
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beste Schwiegertochter werden wollte, und dann ließ ich mich von ein paar gesäuselten Worten und dem bisschen Hand auf meinem Knie derart schwer beeindrucken. Dabei mochte der Zahnarzt nicht mal Frank Sinatra. Also bitte!
    Vielleicht war das Problem aber auch, dass ich den Piraten eben nicht hatte, ich hatte ihn einfach nicht, und konnte auch nicht sagen, ob ich ihn jemals haben würde, wohingegen der Zahnarzt … tja, eben der Spatz in der Hand.
    Außerdem war der Zahnarzt Mr. Rochester, er war leidenschaftlich und … ja, und was? Ich stellte mich seitlich zum Spiegel. Mein Bauch und mein Hintern standen genauso weit raus wie immer. Und das obwohl ich den Hunger meines Lebens hatte.
    Eine knappe Stunde später war mir wieder schlecht. Ich hatte sämtliche tiefgekühlte Fleischvorräte in eine Pfanne geschmissen und aufgegessen. Danach hatte ich eine tiefgekühlte Tiramisutorte in die Mikrowelle befördert, um sie anschließend schaufelweise in mich reinzustopfen. Außen zerronnen, innen steinhart. Die Zähne taten mir weh. Achthundert Gramm Torte. Und davor ein Kilo Fleisch. Mir war so schlecht, ich wollte sterben.
    Als ich um Mitternacht wieder auf dem Klo saß, beschloss ich, dass ein Punkt 8 auf meine To-do -Liste kommen musste: Bekomme dein Essverhalten in den Griff!

15
    Mittwochmorgen. Meine Hochzeit mit dem Zahnarzt stellte ich mir so vor:
    Er in einem weißen Anzug, mit Augen, in denen die Leidenschaft glüht. Ich selbst – wundersam erschlankt – in einem dunkelblauen Seidenkleid und Veilchen im Haar. Tissi und Vanessa, beide tiefstdekolletiert und höchstgeschürzt, kämpfen um den Brautstrauß und wälzen sich schließlich im Schlamm. Die Menge jubelt. Bis auf einen. Er steht ganz hinten, einsam und traurig, mit seiner Klappe über einem Auge und den Händen in den Taschen.
    Hubertus drückt mir einen sanften Kuss auf die Wange und flüstert: »Verzeih, du schönste aller Frauen, Liebe meines Lebens. Ich bin gleich wieder bei dir, ich will mir nur kurz mit den anderen das Schlammcatchen ansehen.«
    Ich nicke verständnisvoll und blicke ihm nach. Wie ein großer Junge steht er zwischen den anderen Männern und erfreut sich an den vier wogenden Brüsten. Ich drehe mich um, erhasche gerade noch einen Blick auf den Rücken des Piraten. Er geht. Ich laufe ihm nach. »Pirat«, sage ich. Er schluchzt auf. Die einzige Frau in seinem Leben, die einzige, die ihm je etwas bedeutet hat, hat einen anderen geheiratet.
    »Ich liebe dich trotzdem«, stoße ich hervor.
    Er dreht sich um, stürzt auf mich zu. »Oh, Teddy, Teddy, ich liebe dich. Ich liebe dich so unendlich, dass ich auf der Stelle mein Leben für dich geben würde. Oh komm mit mir, ich brauche dich –«
    Wir küssen uns, wir drücken uns aneinander, unsere Hände sind überall, während der Zahnarzt sich im Schlamm von Tissi und Vanessa trösten lässt. Die Menge jubelt erneut.
    Sechs Uhr dreißig. Der Wecker läutete. »Verdammt«, schnauzte ich. »Brüll nicht so, ich bin eh wach.«
    Es kostete mich einige Überwindung, mein Trainingsprogramm zu starten. Der Abführmittelverschleiß vom Vortag machte mir zu schaffen – was Gisela wohl dazu sagen würde? Das wollte ich lieber nicht rausfinden.
    Missmutig stand ich unter der Dusche, wo ich mir, wie am Morgen zuvor, beinahe den Tod holte. Dieses Heiß – Kalt kann doch für das Herz nicht gesund sein, oder? Meins jedenfalls fühlte sich an, als stünde es kurz vor dem Kollaps.
    Ich muss gestehen, dass ich am zweiten Intensivtag generell deutlich unmotivierter war. Der Lauf zum Hallenbad war eher ein Spaziergang, was den entschiedenen Vorteil hatte, dass ich zwanzig Minuten später ankam als geplant und dementsprechend leider, leider Gottes das Wassertreten sausen lassen musste. Und nachdem ich davon ausging, dass ich in dieser konditionell schlechteren Verfassung auch länger zur Arbeit brauchen würde, verkürzte ich meine Schwimmzeit vorausschauend gleich mal um zwei Drittel. Den Multivitaminsaft trank ich trotzdem. Außerdem einen Cappuccino vom Automaten in der Eingangshalle. Ich musste mich ja irgendwie fit bekommen.
    Keine Ahnung, warum, aber irgendwie klappte es auch an diesem Tag nicht mit der Sauna.
    Auf dem Weg zur Arbeit, den ich brav zu Fuß bestritt, wälzte ich ein schwerwiegendes Problem. Der Zahnarzt und Vanessa.
    Sie nannte ihn »sehr vertrauenswürdig«, war angeblich aber nicht an ihm als Mann interessiert. Er wiederum machte mir Avancen, mehr als je ein Mann zuvor.

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