Ash Mistry und der Dämonenfürst (German Edition)
haufenweise. Er war hundertprozentig kein Dämon, sondern ein Mensch.
Ein ganz normaler Kerl mit Krokodilaugen.
Langsam und mit angehaltenem Atem zog Ash den Vorhang beiseite und lauschte auf mögliche Geräusche von draußen. Dann wagte er sich vorsichtig aus seinem Versteck. Er musste aus diesem Zimmer raus und zwar auf der Stelle. Die Tür lag nur wenige Schritte entfernt, doch was, wenn dahinter noch immer Savage und Mayar standen?
Ash lugte aus dem Fenster. Verdammt, ging es da tief runter! Aber die Mauersteine waren schroff und außerdem vom Wetter gezeichnet – ein Klacks, da runterzuklettern. Doch als er sich über den Sims beugte, wurde ihm schwindlig von der Höhe. Das war ein Klacks. Aber nur für einen Ninja! Was Ash anging, würde das nie und nimmer funktionieren.
Denk nach, streng deinen Grips an!
Ash ging zur Tür und versuchte, nicht in Panik auszubrechen und sich nicht vorzustellen, dass gleich dahinter Mayar oder Savage verstohlen darauf lauerten, dass der Dieb sich zeigen würde. Mit klopfendem Herzen zog Ash die Tür schließlich auf.
Der Flur dahinter lag finster, still und leer vor ihm.
Gott sei Dank.
Das war gerade noch einmal gut gegangen. Ash wischte sich mit dem Ärmel den Schweiß vom Gesicht. Jetzt einfach nur raus hier. Dann hast du’s geschafft – such die anderen und verschwinde mit ihnen.
Auf dem Weg nach draußen schaute Ash in einen der großen, staubigen Spiegel und erschrak vor sich selbst. Er sah aus wie der Tod persönlich: blass und schweißgebadet, und seine Augen waren so weit aufgerissen, dass sie schon beinahe aus den Höhlen zu quellen drohten.
Da plötzlich bemerkte er eine Bewegung hinter sich.
Ash schrie auf, als er auch schon gepackt, herumgerissen und gegen das Glas gepresst wurde. Knochige Finger, an denen gebogene, krallenartige Nägel saßen, bohrten sich in seine Wangen.
»Was haben wir denn da?«, zischte der Fremde. »Einen Spion? Oder einen Dieb?« Der Mann war auffallend hager und bestimmt doppelt so groß wie Ash, allerdings glich sein ungeheurer Buckel das wieder aus, sodass die beiden sich auf Augenhöhe gegenüberstanden. In seinem mageren Gesicht prangte eine lange Hakennase und er war völlig haarlos, ihm fehlten sogar die Augenbrauen. Seine Augen waren hinter einer runden Brille mit rosa Gläsern versteckt.
»Weder noch, ich habe nur das Klo gesucht«, antwortete Ash flehend.
Der Mann schüttelte den Kopf, wobei seine Haut, die für seinen Körper zwei Nummern zu groß schien, unter seinem Kinn hin und her schwabbelte. »Du lügst. Ich kann es in deinen Augen lesen.« Dabei drückte er seinen Daumennagel in Ashs Gesicht, bis er die Haut einritzte. »So schöne dicke, saftige Augen …«
»Hallo? Ash? Bist du hier?« Es war Onkel Vik.
Auf der Stelle ließ der Mann Ash los, der sich sofort in die Arme seines Onkels flüchtete. Noch nie hatte er sich mehr darüber gefreut, jemanden wiederzusehen.
Der Glatzkopf räusperte sich. »Der arme Junge hatte sich verlaufen. Ich wollte ihn eben zu Ihnen bringen, Professor Mistry.«
»Danke, Mister …?«
»Jat. Mein Name ist Jat.«
Jetzt, da er seinen Onkel an seiner Seite hatte, wandte Ash sich um und blickte dem Mann, der ihn geschnappt hatte, mutig ins Gesicht. Offenbar war er ein weiterer von Savages bizarren Dienern in den weißen Leinenanzügen. Ash, der die Hand seines Onkels ergriffen hatte, packte fester zu.
»Ich will nach Hause«, sagte er.
Natürlich war Lucky genau dort, wo Ash sie anfangs zurückgelassen hatte, und spielte mit einigen anderen Kindern. Ash und sein Onkel gingen zu Anita, die sich eben mit einem der anderen Gäste unterhielt.
»Tante Anita, mir ist richtig schlecht.«
Das stimmte sogar, ihm war extrem übel – vor Angst.
»Na gut, Ash.« Mit leuchtenden Augen beendete sie ihr Gespräch und wandte sich ihm zu. »Du glaubst nicht, was eben passiert ist!«
»Ich habe grandiose Neuigkeiten, Ash«, sagte Onkel Vik und tätschelte mit der freien Hand seine Brusttasche, in die er den Scheck gesteckt hatte.
»Klasse. Lasst uns abhauen.« Ash schielte zurück zur Flurtür, wo Jat stand und sowohl mit dem Riesen Mayar als auch mit Jackie redete.
»Freaks«, flüsterte Ash mehr zu sich selbst.
Im selben Moment fuhr Jackie herum und blickte ihn durchdringend an. Hatte sie ihn etwa gehört? Aus dieser Entfernung? Sie grinste ihn an, bevor sie sich wieder ihrer Unterhaltung widmete.
»Nein. Nein. Warte doch kurz.« Vorsichtig, nur mit Zeigefinger und Daumen, zog
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