So stirbt kein Held
1
Mavis Seidlitz
Well , ich habe ja schon eine ganze
Reihe von diesen und auch von jenen Mädchen kennengelernt, denn schließlich bin
ich nicht von gestern, aber diese Amber Lacy schlug
doch so ziemlich dem Faß die Krone aus — bei ihr
fehlten sogar mir erstmals die Worte, und dabei bin ich gewiß kein Mädchen, das
gleich rot wird. Es war so eine Situation, wie sie nicht mal in den
Klatschspalten beschrieben wird; ich nehme an, wegen der Zensur.
Jedenfalls stand ich in der
offenen Tür des Wohnwagens und überlegte krampfhaft, worüber man wohl ein
bißchen plaudern könne, und dabei rötete sich mein Antlitz wie eine reifende
Tomate im Zeitraffer. Amber lag lässig in ihrer Koje und zuckte mit keiner
Wimper, obwohl sie nichts weiter an sich hatte als ein süßes
Lächeln und eine Wolke Parfüm . Lee Banning neben ihr dagegen reagierte ausgesprochen hastig, er fuhr hoch und blitzte mich
wütend an.
»Warum, zum Donnerwetter,
klopfen Sie denn nicht an ?« schimpfte er.
»Hab’ ich doch«, erklärte ich
schlicht. »Dreimal sogar. Ich habe Neuigkeiten für Sie, Mr. Banning .
Ihre liebe Frau hat die Fährte gewittert, und sie ist schon recht nah .«
»Tatsächlich?« Er wurde
plötzlich bleich. »Wenn sie mich hier findet...« Den Rest sparte er sich. Ein
rascher Hechtsprung brachte ihn an mir vorbei zur Tür hinaus — schneller als
ein Theateragent, der gerade erfahren hat, daß er Brigitte Bardot mit zehn
Prozent kriegt.
»Machen Sie doch die Tür zu,
Verehrteste .« Ambers Lächeln wurde etwas brüchig. »Es
zieht wie Hechtsuppe .«
Ich schloß die Tür und maß sie
vorwurfsvoll. »Was ist eigentlich mit Ihnen los, müssen Sie sich denn immer nur
an die Verheirateten ranmachen ?«
»Sie haben Ihren Job erledigt,
Süße«, sagte sie knapp. »Zerbrechen Sie sich Ihren blonden Strohkopf nicht auch
noch über meine Motive. Es genügt, wenn Sie auf der Stelle verschwinden, okay ?«
Da hatte sie wohl recht — was die Sache mit meinem Job betraf. Mr. Bliss, der
Produzent, hatte ihn mir aufgetragen. »Den Frieden wahren« hatte er es genannt
— er war nämlich ein Gentleman. Das nahm ich wenigstens an, denn er hatte noch
keinen Annäherungsversuch unternommen — allerdings waren wir auch erst seit
zwei Tagen zu Außenaufnahmen hier. Gemeint hatte er dies: Ich sollte Amber Lacy von allen Männern des Vereins fernhalten, besonders
von den verheirateten und ganz besonders von Lee Banning ,
weil der nämlich nicht nur verheiratet, sondern außerdem auch noch der Star der
Serie war.
Und wenn es um eine
Fernsehserie wie Dead Shot geht, dann würde
sich gewiß jeder solche Gedanken wie unser Mr. Bliss machen — weil sie doch
immer unter den ersten fünf auf der Beliebtheitsskala ist und nun schon im
fünften Jahr läuft. Als Mr. Bliss in meinem Büro erschien und mir erzählte, daß
er zum fünfjährigen Jubiläum eine ganz tolle Fortsetzung drehen und mit dem
gesamten Stab zu Außenaufnahmen nach Pine City fahren
wolle, da begriff ich sofort, daß sich daraus Probleme ergaben. Und als er mir
anvertraute, daß Amber Lacy als Gast die weibliche
Hauptrolle spielte, da war mir klar, wie problematisch seine Probleme waren —
denn Amber genoß in Hollywood den Ruf, daß kein Mann vor ihr sicher sei. Und
auf glücklich Verheiratete war sie ganz besonders scharf.
Aber ich war nicht eben
verrückt auf diesen Job. Bei Amber Anstandsdame zu spielen, entsprach etwa dem
Versuch, einem Haufen Klapperschlangen Nächstenliebe beizubringen, nachdem man
gerade in ihr Nest gefallen ist. Aber schließlich mußte man ja von irgend etwas leben, und das
Geschäft in meiner Detektei war in letzter Zeit überaus mäßig gegangen — etwa
so, daß man schon von einem betriebsamen Bürotag sprechen konnte, wenn sich der Hausmeister mal sehen ließ.
Etwa fünf Sekunden, nachdem ich
die Tür von Ambers Wohnwagen hinter mir geschlossen und Kurs auf meinen eigenen
genommen hatte, stieß ich mit Peggy Banning zusammen;
dabei war es ein Glück, daß wenigstens ich gut gepolstert bin, denn Peggy war
zwar auch blond, aber überall so rappeldürr, daß sie aus lauter Ecken statt
Kurven bestand. Lee Banning mußte wohl einen guten
Grund gehabt haben, sie zu heiraten, aber sie verrät ihn einem leider nicht.
Peggy starrte mich jetzt an, wobei ihr gelbliches Gesicht glühte, und ich hätte
wetten mögen, daß sie aus irgendeinem Grund wütend war.
»Wo ist er ?« keuchte sie. »Wo ist dieser verlogene, hinterhältige Schuft? Wenn er bei
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