Aster, Christian von - Die grosse Erdfer
lang sie war und wie groß die Sprengladung. Aber das war nichts, worüber Schicksalszwerge lange nachdachten! Ohne auf den Schmerz in seiner Schulter zu achten, rappelte er sich auf, ergriff seinen Käferstab und hastete zu der Stelle, die der Hohepriester ihm genannt hatte. Tatsächlich deutete auf den ersten Blick nichts darauf hin, dass an dieser Wand etwas ungewöhnlich war. Dann aber bemerkte er es: Hinter einem Abschnitt des Felsens war ein schwaches Glimmen zu sehen. Die Zündschnur!
Er hastete auf den Felsen zu, griff nach dem Felsnesselvorhang und zog ihn beiseite. Ein kleines Fass. Vielleicht drei Sprengkäfer. Etwas Petroleum womöglich. Nicht allzu gefährlich. Und die Zündschnur war lang genug, dass er sie einfach herausreißen konnte, bevor das Fass in die Luft flog. Er atmete auf und streckte die Hand nach der Zündschnur aus.
Da fegte ihn plötzlich ein gewaltiger Schlag von den Füßen. Hastig richtete er sich auf und blickte sich um. Da war nichts. Im trüben Licht seines Käferstabs konnte er sehen, dass der Gang vollkommen leer war. Hier waren nur er und das Fass, ansonsten…
Es brauchte einen weiteren heftigen Schlag ins Gesicht, bis Flammrank begriff, dass sein Gegner ein Wams aus Felsnessel tragen musste. Wahrscheinlich war er komplett vermummt.
Der Drachenjäger sackte wieder zu Boden und ließ seinen Stab los, um sein Gegenüber glauben zu machen, er habe das Bewusststein verloren. Jeder normale Zwerg wäre nach einem solchen Schlag bewusstlos gewesen. Zumindest jeder, der noch nie die Flügel einer flüchtigen Glimmschwinge im Gesicht hatte. Flammrank hielt einiges aus. Er hatte Drachen mit bloßen Händen bezwungen und den Herzsteinräuber mehr als einmal ausgetrickst. Um einen wie ihn niederzuschlagen, brauchte es mehr als das.
Dennoch blieb der Drachenjäger reglos liegen. Er wusste, dass es nur zwei Möglichkeiten gab. Wenn sein Gegner annahm, dass er bewusstlos war, würde er entweder verschwinden und den Sprengstoff den Rest erledigen lassen. Oder er würde, wenn er ganz sichergehen wollte, den vermeintlich Bewusstlosen töten, bevor er den Sprengstoff den Rest erledigen ließ. In jedem Fall würde sein Gegner sich bewegen müssen. Flammrank konzentrierte sich, schob das zischende Geräusch der Lunte in seinem Kopf beiseite und lauschte angestrengt in den Gang. Und dann vernahm er ganz leise eine näher kommende Bewegung.
Der Dämon war also auf Sicherheit bedacht.
Er hörte drei Schritte, ein leises Scharren im Sand, dann nichts mehr. Der Dämon musste jetzt direkt vor ihm stehen. Ein leises Geräusch, als ein Dolch aus seiner Scheide gezogen wurde. Jetzt würde er ihn heben…
Flammrank sprang hoch. In einer fließenden Bewegung kam er auf die Beine, riss die Axt vom Rücken und nutzte den Schwung zu einem Schlag, der die Dunkelheit und die Brust seines Gegners zerriss. Das Felsnesselwams klaffte auf, Blut schien aus dem Felsen zu fließen, und dann landete der Körper seines Gegners mit einem dumpfen Aufprall an der Stelle, wo gerade noch er selbst gelegen hatte.
Sein Gegner bot einen sonderbaren Anblick. Es war der erste Zwerg ohne Bart, den der Drachenjäger jemals gesehen hatte. Und auch wenn er von den Dämonen gehört hatte, musste er beim Anblick des nackten Kinns seines Gegenübers doch schlucken. Statt durchzuatmen, lief Flammrank sogleich zu dem Fass hinüber. Die Lunte war fast heruntergebrannt, und die Glut verschwand bereits im Fass.
»Trollrotz und Felsfurunkel!«, zischte Flammrank zwischen den Zähnen hervor, legte seine mächtigen Arme um das Fass, hob es hoch und wankte rückwärts damit aus dem Gang. Der Gang durfte nicht gesprengt werden. Er war ihre einzige Chance, in das Reich der Dämonen vorzudringen und das Übel aufzuhalten, das sie brachten!
Flammrank brach durch den Vorhang und betrat wieder die Orakelhöhle.
Inzwischen waren auch Blechboldt und Schleuderstein am Boden der Höhle angekommen. Fazzgadt hing noch immer an der Felswand. Er versuchte, den Gierling davon abzubringen, an seinem Ohr zu knabbern, während der Hohepriester mitsamt seinem Gedächtnis ängstlich von der Empore zu ihnen hinabstarrte.
»Zur Seite!«, brüllte Flammrank, spannte seine Muskeln und hob das Fass an. Er warf es so hoch und weit er konnte. Wenn es in der Luft explodierte und die Dämonen die Sprengkäfer nicht mit irgendetwas verdammt Verbotenem gefüttert hatten, standen die Chancen gut, dass sie die ganze Sache nicht nur überleben würden, sondern auch der
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