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Athyra

Athyra

Titel: Athyra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
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Richtung Vorhang im hinteren Teil, vermutlich, um in sein Gastzimmer zurückzukehren.
    Jeder sah ihm hinterher; niemand sprach. Seine Schritte hallten unnatürlich laut wider, und Savn bildete sich ein, daß er sogar das schwache Rascheln des Stoffes hören konnte, als Vlad den Türvorhang beiseite schob, dazu ein Kratzen von oben, als ein Vogel sich auf dem Dach niederließ.
    Die Unterhaltung im Schankraum wirkte gestelzt. Savns Freunde sagten eine Weile lang überhaupt nichts. Savn schaute sich um und sah Firi mit ein paar ihrer Freundinnen gehen, was ihn enttäuschte. Kurz dachte er darüber nach, aufzustehen und mit ihr zu sprechen, dann fand er aber, es würde aussehen, als verfolge er sie. Eine ältere Frau hinter Savn murmelte, daß der Sprecher doch etwas unternehmen sollte. Eine Stimme, die Savn als die des alten Dymon erkannte, äußerte Savns eigene Gedanken, daß man es vielleicht als Überreaktion auffassen könnte, wenn man Seine Lordschaft darüber in Kenntnis setzte, daß ein Ostländer bei Tem ein Glas Wasser getrunken hatte. Das löste eine hitzige Debatte darüber aus, wen Tem unter seinem Dach wohnen lassen sollte und wen nicht. Der Streit endete, als Dymon vor Lachen losprustete und den Laden verließ.
    Savn bemerkte, daß es allmählich leerer wurde, und er hörte mehrere Leute sagen, daß sie entweder mit Sprecher oder Segner reden wollten, von denen keiner zugegen war, damit »endlich was dagegen unternommen wird«.
    Als er überlegte, wogegen etwas unternommen werden sollte, erhoben sich Mä und Pä, riefen Polyi zu sich und kamen auf ihn zu. Mä sagte: »Komm mit, Savn, es ist Zeit, daß wir nach Hause gehen.«
    »Darf ich nicht noch etwas hierbleiben? Ich möchte ein bißchen mit meinen Freunden reden.«
    Seine Eltern sahen einander an, und vielleicht kamen sie nicht darauf, warum sie es ihm verweigern sollten, also grummelten sie eine Erlaubnis. Polyi mußte irgendeine Zurückweisung von einem Jungen, vielleicht von Ori erhalten haben, denn sie quengelte nicht herum, weil sie gehen mußte, sondern rannte sogar nach draußen zum Wagen, während Savn sich noch von seinen Eltern verabschiedete und die Mahnung erhielt, er solle auch gewiß bis Mitternacht zu Hause sein.
    In weniger als fünf Minuten war der Raum leer, abgesehen von Tem, Savn, Korall, ein paar ihrer Freunde und einiger alter Frauen, die praktisch bei Tem wohnten.
    »Also«, sagte Korall. »Ist das nicht ein unverschämter Kerl?«
    »Wer?«
    »Was denkst du denn? Der Ostländer.«
    »Oh. Unverschämt?« wiederholte Savn.
    »Hast du gesehen, wie er uns angeguckt hat?« fragte Korall.
    »Genau«, sagte Lan, ein großer Junge, der bald offiziell als Lehrbursche zu Pfeifer gegeben werden sollte. »Als wären wir alle nur Gras, und er überlegte, ob er uns niedermähen soll.«
    »Eher als wären wir Unkraut und die Mühe nicht wert«, sagte Tuk, der Lans älterer Bruder war und im zehnten Jahr Lehrbursche von Gerber. Beide waren stolz, daß sie »den Eimer gefüllt« hatten und zu Lehrburschen eines Handwerks ernannt worden waren.
    »Genauso hab ich es auch gesehen«, sagte Korall.
    »Ich weiß nicht«, meinte Savn. »Ich habe bloß gedacht, daß ich ganz bestimmt nicht irgendwo hinkommen möchte, wo mich alle so anstarren. Das würde mir vor Angst das Blut aus den Adern saugen.«
    »Na, ihn hat es jedenfalls nicht sonderlich gestört«, fand Lan.
    »Nein«, sagte Savn, »das stimmt.«
    Tuk sagte: »Wir sollten nicht über ihn reden. Es heißt, daß Ostländer alles hören können, was man über sie sagt.«
    »Glaubst du das?« fragte Savn.
    »Das habe ich gehört.«
    Lan nickte. »Und sie können dein Essen schlecht werden lassen, wenn sie wollen, selbst, wenn du es schon gegessen hast.«
    »Warum sollte er das wollen?«
    »Warum sollte er Zaum töten wollen?« fragte Korall.
    »Ich glaube nicht, daß er es war«, sagte Savn.
    »Wieso nicht?« wollte Tuk wissen.
    »Weil er es nicht gewesen sein kann«, erwiderte Savn. »Es waren keine Wunden an ihm.«
    »Vielleicht ist er ein Zauberer«, sagte Lan.
    »Ostländer sind keine Zauberer.«
    Korall runzelte die Stirn. »Du kannst sagen, was du willst, ich glaube, er hat ihn getötet.«
    »Aber aus welchem Grund denn?« fragte Savn.
    »Woher soll ich –« Korall verstummte und schaute sich um. »Was war das?«
    »Das war auf dem Dach, glaube ich. Wahrscheinlich Vögel.«
    »Ach ja? Dann aber ziemlich große.«
    Wie heimlich abgesprochen rannten sie zum Fenster. Korall war als erster da,

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