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Athyra

Athyra

Titel: Athyra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Brust
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großen Kutsche hier durchgezogen, überall silbern verziert, und ein großer Athyra aufgeprägt auf der –«
    »War eins dieser beiden Male erst kürzlich?«
    Savn wollte antworten, brach ab und überlegte. »Was meinst du mit ›kürzlich‹?«
    Vlad lachte. »Gute Frage. Sagen wir, innerhalb der letzten fünf Jahre?«
    »Oh. Nein.«
    Der Ostländer nahm einen weiteren Schluck Wein, setzte den Becher ab, schloß die Augen und sagte nach einer ganzen Weile: »Es gibt eine hohe Klippe oberhalb von Unterbraunlehm. Das heißt, dort ist ein Tal, das der Fluß wahrscheinlich ins Gestein geschnitten hat.«
    »Ja, das stimmt.«
    »Gibt es dort Höhlen, Savn?«
    Er blinzelte. »Viele, die gesamte Klippe entlang. Woher weißt du das?«
    »Ich kenne das Tal, weil ich es gesehen habe, heute morgen, und den Fluß ebenfalls. Was die Höhlen angeht, das wußte ich nicht; ich habe es geraten. Aber jetzt, wo ich Gewißheit habe, würde ich weiterhin die Vermutung wagen, daß es in jenen Höhlen Wasser gibt.«
    »Zumindest in einer von ihnen; ich habe es dort plätschern hören.«
    Vlad nickte: »Es paßt alles zusammen.«
    »Was paßt zusammen, Vlad?«
    »Loraan war – Entschuldigung – ist ein Zauberer, und zwar einer, der die Totenbeschwörung studiert hat. Es paßt zusammen, daß er in der Nähe eines Ortes wohnte, an dem das Dunkle Wasser fließt.«
    »Das Dunkle Wasser? Was ist das?«
    »Wasser, das nie das Tageslicht erblickt.«
    »Oh. Aber was hat das denn mit – wie hieß er noch?«
    »Loraan. Baron Kleineklippe. Solches Wasser ist hilfreich, wenn man Tote beschwört. Stilles Wasser in Behältern kann benutzt werden, um die Untoten zu schwächen und abzuwehren, doch wenn es frei fließt, können sie es verwenden, um ihre Lebenszeit zu verlängern. Das bittersüße Abbild des Lebens selbst«, fügte er hinzu, und Savn glaubte, einen ironischen Tonfall zu hören.
    »Ich verstehe nicht.«
    »Macht nichts. Würde es dir etwas ausmachen, wenn du herausfändest, daß dein Herr ein Untoter ist?«
    »Was?«
    »Ich denke, das heißt ja. Gut. Das könnte später einmal wichtig sein.«
    »Vlad, ich verstehe nicht –«
    »Das ist nicht so schlimm; es ist nicht das entscheidende.«
    »Anscheinend sprichst du in Rätseln.«
    »Nein, ich denke bloß laut. Das entscheidende ist, wie hat er überlebt; das entscheidende ist, was weiß er? Wahrlich, was er weiß, und was er dagegen unternimmt.«
    Savn mühte sich zu begreifen und fragte schließlich: »Was er worüber weiß?«
    Vlad schüttelte den Kopf. »Es gibt so etwas wie Zufall, aber ich glaube nicht, daß man so weit gehen kann.« Savn wollte etwas sagen, doch Vlad erhob eine Hand. »Denk dir einmal folgendes, mein Freund: Vor vielen Jahren half mir ein Mann, euren Baron böse reinzulegen. Nun taucht dieser Mann am gleichen Tag, als ich durch des Barons Lehen spaziere, auf mysteriöse Weise tot vor mir auf. Und das Opfer meines kleinen Streiches zieht in sein Herrschaftshaus, das, nebenbei bemerkt, gleich außerhalb des Dorfes liegt, durch das ich wandere. Würdest du glauben, daß es sich hierbei um Zufall handelt?«
    Die Andeutungen hinter Vlads Erzählung waren zu vielfältig und weitreichend, aber Savn konnte genug verstehen, um mit »Nein« zu antworten.
    »Würde ich ebensowenig. Und ich tue es auch nicht.«
    »Aber was bedeutet es?«
    »Ich bin mir nicht sicher«, sagte Vlad. »Vielleicht war es närrisch von mir, diesen Weg zu nehmen, aber ich erkannte nicht genau, wo ich mich befand, und ich glaubte ja sowieso, daß Loraan … ich dachte, ich sei in Sicherheit. Apropos in Sicherheit, ich nehme an, das bedeutet, ich bin es nicht so recht.«
    Savn fragte: »Du gehst also?« Zu seiner Überraschung entdeckte er, wie groß seine Enttäuschung darüber wäre.
    »Gehen? Nein. Dafür ist es wahrscheinlich zu spät. Und außerdem war dieser Zaum mir behilflich, und wenn dies irgendwie mit seinem Tod zu tun hatte, bedeutet das, ich habe hier noch etwas zu erledigen.«
    Damit hatte Savn zu kämpfen, dann sagte er schließlich: »Was denn zu erledigen?«
    Doch Vlad war abermals verstummt; er starrte ins Leere, als habe ihn ein plötzlicher Gedanke ergriffen. So saß er beinahe eine Minute lang da, während sich zwischenzeitlich seine Lippen zu bewegen schienen. Am Ende grunzte und nickte er leicht.
    Savn wiederholte seine Frage. »Was wirst du denn noch zu erledigen haben?«
    »Hä?« machte Vlad. »Ach so. Nichts von Bedeutung.«
    Savn wartete. Vlad lehnte sich auf dem Stuhl

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